Introvertiert?

Ja, nein.....das bin ich nicht. Ich lebe nur gerne zurückgezogen - herzzurückgezogen oder etwas 💓❤️ zurückgezogen. Dieses Wort gibt es nicht im großen Buch der Worte.  Jetzt schon(jedenfalls für mich kreiert). Ridiculous für einige bestimmt. Aber es passt haargenau zu meinem derzeitigen Befinden. 

Ich bin nur fest davon überzeugt, dass es für mich wenig oder gar keinen Sinn macht, mich mehr als beruflich nötig mit Leuten zu treffen, die ich nicht zu meinen besonderen Menschen zählen kann.

Ich habe nicht immer die Leichtigkeit im Herzen, so leicht wie  eine Brise Morgentau auf den Blütenblättern, oder wie Tautropfen auf dem Gras. Ich habe auch eine tiefe Traurigkeit darin, die sich manchmal wie ein Schleier über meine Fröhlichkeit legt oder wie ein blickdichter Vorhang an meiner Herztür weht. 

Gestern Abend waren wir nach Dienstschluss in einen Bistro. Nun ja, ab und zu muss das auch sein. Nicht weil es, wie überhaupt auf der Welt üblich ist, sondern weil wir 10 Tage Praxisferien haben und 2 Wochen Urlaub, da auch Schulferien sind. Ja nun, ich saß da und ich schwieg fast den ganzen Abend.

Mag sein, dass es für einige arrogant, gefühlsarm oder sogar schüchtern aussieht, ich hatte keine Worte, als wäre ich irgendwo fremd. Und alles was ich nicht kenne, macht mich erstmals sprachlos. Alle Worte haben sich versteckt.

Das Bistro wurde vor ein paar Wochen erst neu eröffnet. Es ist so richtig gemütlich eingerichtet, als wäre man in einer großen Wohnstube einer Uroma. Und der Tresen war als wäre man auf einer Zeitreise in die Zukunft. Allein die Geräte kosten sicherlich ein Vermögen. Ich liebe diesen Zeitreisenstil. Familienbetrieb von Uroma bis Urenkenkel schienen da zu arbeiten. 

Ich war zuerst sprachlos. Wieso muss man nur mit Worten sprechen, wenn man es mit den Augen kann? Und mit kleinen unbedeutenden Gesten, oder mit Musik. 

Und dann kam die Bedienung - ich fragte mich ob sie sich in dieser mittelalterlichen "Uniform" unwohl fühlen mag. Die Bluse war wunderschön und aufwendig bestickt. Sie stellte eine emaillierte Schüssel mit Salzkipferl auf den Tisch. Leckere Hörnchen aus Hefeteig mit groben Salzblumen und Kümmel bestreut. Saaaalzkipferl......ich liebe dieses knusprig gebackene Gold. 

Und mir fiel ein was die alten Omis oft sagten als ich klein war: "Sie ist schüchtern, aber das verwächst sich schon." Und ich biss die Zähne zusammen bis sie knirschen, damit nicht " und was soll ich mit dir denn reden?" rausrutscht. 

Ich hatte keine Worte. Ich war am Staunen. 

Ich wollte sagen: " lässt mich wie bei Uroma fühlen." Ich schwieg. Denn ich hatte keine Uroma. Oma war über 40 als sie Mama bekam und Uroma war da schon im Himmel - tot ist so rational. Und mein Vater war über 50 als Mama mich und Fabian bekam. Auch diese Uroma war schon weg gegangen. 

Je gemütlicher der Abend, je mehr taut auch das 💓 Herz auf und ich sprach die Sprache der Musik und des Tanzes...

Introvertiert...... die Sprache besteht nicht nur aus Worten....

Der Ausklang war schön.....  und die Nacht noch schöner. 

💓 Herzzurückgezogen.....  Nein!

Hatte ich schon.....lange her.....aber ich hoffe nie wieder.  

50/50 gibt es nicht. Manchmal liebt man mehr und manchmal gibt man weniger. So lange es sich ausgleicht...... 






Ruhelos

Die Zeit fließt natürlich, unempfindlich gegenüber den größeren oder kleineren Dramen dieser vergänglichen Existenzen. Vögel setzen ihren Flug fort, der Wind wiegt Bäume, Blätter, Wolken, Gedanken. Die Menschen sind kleinlich, alle mit den Angelegenheiten beschäftigt, die ihre gesamte Existenz ausmachen.  

Vom Fenster aus ist alles wie ein Ameisenhaufen in ständiger Bewegung. Zu klein für dieses große Universum, zu gebeugt unter den Kreuzen, die sie tragen, ohne zu wissen, dass es manchmal in Ordnung ist, sie ein wenig beiseite zu legen, nur um Luft zu holen, damit sie weitermachen können.

Wir kämpfen darum, Ziellinien zu erreichen, die zufällig durch persönliche oder „geliehene“ Ambitionen bestimmt werden. Wir rennen, manchmal rennen wir zwischen den Momenten, wir vergessen, nein zu sagen, wir vergessen zu lächeln, wir vergessen zu genießen, zu lachen, zu umarmen, in den Himmel zu schauen und der Stille zu lauschen.

Wir gönnen uns keine Pause, um zu fühlen, unseren Kummer zu betrauern, unsere Gedanken und Herzen auszuruhen, zu lieben, zu LIEBEN. Wir sagen trocken: „Wir haben keine Zeit“ und kämpfen jedes Mal mit der gleichen Wildheit gegen das Leben an, das uns nur Mühsal gebracht hat, wie Omi Elke sagte.  Und wir vergessen, dass wir tatsächlich so lange mit gesenktem Kopf umher rannten, dass wir uns nicht erlaubten, unsere Augen zum Licht zu erheben.

Und irgendwann stellen wir überrascht fest, dass „unsere Zeit abgelaufen ist“! Wir suchen verzweifelt nach einem Rückspulknopf und würden alles geben, um das zurückzugewinnen, was wir verloren haben: Jahre, Menschen, Chancen, Freuden.

Für sie ... ist die Zeit heute stehen geblieben, für alle anderen fließt sie jedoch mit der gleichen Schnelligkeit, unmerklich und unnachgiebig vorwärts. Für sie spielte das Schicksal (wenn es so etwas gibt!) seine letzte Karte und überraschte sie. Oder vielleicht erteilte sie das Schicksal, um ihr eine letzte Lektion, wie eine Ohrfeige zu erteilen. Oder vielleicht ist es einfacher zu sagen, dass das Leben seinen Lauf genommen hat, die Dinge so zu nehmen wie sie sich zeigten und wollte nichts daran ändern. 

Ich erinnere mich an Geschichten,  an Ereignisse, Diskussionen, Momente. Ich weiß, was sie möchte und vor allem, was sie jetzt NICHT möchte, und ich fühle mich irgendwie hilflos, dass ich nicht anders kann. Ich denke, dass ich oft nicht ihr Freundin genug war oder sie vielleicht nicht genug verstanden habe. Dass ich nicht wusste, wie man über Worte hinaus zuhört, und vielleicht urteilte ich statt einer Umarmung. Dass ich seinen Schmerz hinter der Maske nicht gesehen habe oder dass ich nicht aufmerksam genug war, um einen ihrer letzten Wünsche zu erfüllen. Aber ja, Omi Elke ist eingeschlafen. Einen Schlaganfall im Schlaf. 

Ich wunderte mich, dass die Rollläden an den Fenstern noch unten waren. Sie sagte uns immer  einen Tag vorher, wenn sie einen Termin hatte, oder zum Einkaufen fuhr. Und sie brachte den Kindern immer eine Kleinigkeit mit. Immer. 

Ich fühle heute mehr denn je, ihre allererste Umarmung, wie mein Vater sie uns als seine Freundin vorgestellt hatte. Sie war mir eine zweite Mutter. Und wie sie sich immer für uns und auch bis zuletzt für meine Kinder eingesetzt hat. 

Am Abend zuvor ging es ihr gut. Sie hatte sich eine neue Jeans gekauft und wir haben so gelacht als sie "reinhüpfen" könnte. Meine Tante hat ihr die Jeans dann passend genäht. Sie aß noch mit uns Kümmel-Salzstangen die mir besonders knusprig und blättrig gelungen sind. Gegen  20:00 Uhr ist sie dann nach Hause.  Sie wollte unbedingt eine  Serie auf Netflix streamen. Renė hat ihr noch alles am TV eingestellt. 

" Manchmal schaue ich die ganze Nacht " schwärmte sie.

Omiii schlief am 25. April,  einen Tag vor ihrem 72 Geburtstag ein.  

Ich und alle meine Lieben werden sie in meinen Gedanken zu tragen und sie in unseren Erinnerungen weiter leben.


Ungeahnte Grenzen

 Ungeahnte Grenzen des Ichs....

Mein bester Freund hat mir ein Foto geschickt. Eines aus dem vorletzten Schuljahr im Lycée. Für mich war die Schulzeit der klarste Lebensabschnitt...

Die Klasse XI - A .....bestand aus vierzehn Mädchen und zwölf Jungen. Mehr oder minder hatten wir genaue Träume und Ziele. Nur ab und zu verdunkelten die anstehenden Extemporale, Thesen, Anhörungen und Examen einige Tage. Und nachts plagten uns Ängste. Jeder von uns hatte so seine Ängste wegen den Noten, wegen den Punkten....auch vor einem Donnerwetter .....Mamon konnte ausrasten wenn Fabian und ich mal 16 Punkte anstatt 20 kassiert haben. Dann waren wir Faulpelze, Idioten, Träumer und hatten nur Stroh im Kopf.

Die meisten Tage waren sonnig. Im übertragenen Sinne. Wir waren Freunde....so richtig befreundet......und wenn einer Schwierigkeiten hatte, standen wir es gemeinsam durch. 

Die Kleinstadt war und ist überschaubar und modest gewebt. Wir kannten jede Ecke und jeden Baum. Es gab zwei Liebespärchen in der Klasse. In der Schule mussten sie es geheim halten. 

Wieviel Sehnsucht spricht aus den Gesichtern....ich sehe mir das Bild an......mit 17 sah ich aus wie 13.....und manche Jungs wie 20.....und die schauten nach Frauen und nicht nach Mädchen. Irgendwie hatten alle unsichtbare Flügel.

René nennt mich immer noch Chleine(Kleine)

Viele sind verheiratet und weggezogen. 3 sind verstorben. Einige haben Kinder, andere wiederum nicht. Wenn ich mir Fabians Tochter, meine Nichte ansehe die um einen ganzen Kopf größer ist als ich und noch mehr Power und Eigenwillen hat.....und trotzdem an mir hängt wie eine Klette. 

Wenn das Herz keine Grenzen hat......und manchmal macht mir das ein wenig Angst. So viel Ungenaues macht mir Angst.....

Klare Lebensabschnitte hatte ich seit meiner Schulzeit nicht. Chaos auf der Uni, Chaos im Liebesleben, Chaos in der Familie. Ich habe anscheinend einen großen Löffel für das Unglück gewählt. Nicht ganz so dramatisch.....ich habe auch viel Glück......das muss ich mir immer vor Augen halten.

Mir fällt auf, dass ich auf dem Foto nicht gelacht habe. Sonst machte ich doch immer irgendwelche Faxen. Aber an dem Tag habe ich mich sogar hinter einem Jungen versteckt. Ich weiß es bei allen Göttern und Göttinnen nicht was war. 

Und Steph hat eine ganze Kiste von Erinnerungen und die muss ich mir ansehen.

Lars meinte, dass man nicht ohne Grund auf dem Dachboden Erinnerungen aufhebt.  Das Leben Schrittweise daraus auszuradieren ist auch nicht emotional sinnvoll.

Weg ist weg war immer  meine Logik. Wenn Menschen mir etwas bedeuten wünschte ich jeden Augenblick sammeln zu können. 

Ja nein, Steph ist wie ein Bruder, da lief nie etwas wie eine Liebesgeschichte oder Flirt.

Mit jemandem Sandburgen zu bauen und sich in ihn verlieben, da sagt das Herz Nein. Das ist die Natur des Lebens.