Der Kern

Oma's rehbraune Augen lächelten lange bevor ihr Mund lächelte und die Grübchen an ihren Wangen tänzelten abwechselnd, als sie einen Teller voll warme, nach Vanille duftende Crêpes oder Pfannkuchen vor mich auf den Küchentisch stellte. Sie wusste, dass ich ihre Crêpes abgöttisch liebte.
Sie stellte noch ein Glas mit Hagebuttenmarmelade und einem Löffelchen neben den Teller. "Ich habe beim Hagebuttenernten  meine ganzen Finger an den Rosendornen zerstochen." erzählte sie. " Habe tagelang meine schmerzenden Finger in Olivenöl mit Zitronensaft gebadet, bis sie verheikt waren."
Auch wenn sie mir nicht erzählt hätte wie mühsam das Pflücken und erst das Einkochen war, ich hätte ihre Arbeit sehr gewürdigt, aber ich stellte mir noch einmal bildlich vor, wie sie in ihrem Alter vor dem Wildrosenstock kniete und die roten süßen, duftenden Beeren pflückte.
Ich lobte ihre Marmeladenkunst, ihre göttlichen Crêpes - ein Götterschmaus für mich.

Als wir, meine Brüder und klein waren, egal wie müde Omi von der Hausarbeit, von der Feldarbeit war, bevor sie das Abendessen für die Familie zubereitete, versorgte sie uns mit leckeren Crêpes, damit wir "erstmals was im Magen haben," wie Omi zu sagen pflegte und bis das Nachtessen fertig war uns "vom Hals" hatte.

Jahre später als wir Kinder schon erwachsen waren - wenn man es so nennen darf - und sie besuchten, tischte sie uns zuerst  Crêpes auf. Oftmals pflückte ich Hagebutten und brachte ihr sie tütenweise mit. 

Heute Morgen öffnete ich ein Glas Hagebuttenmarmelade zum Frühstück und erinnerte mich augenblicklich an Omi, an ihre lächelnden rehbraunen Augen, die lange vor ihrem Mund lächelten.
"Du hast Löcher in den Wangen" sagte ich immer als Kind. Omi lachte laut und sagte: "du aber auch!"  Dann versuchte ich sie mit der Zunge wegzudrücken und sie lachte lauter. "Die kriegt man so nicht weg,"

Ab und zu backe ich auch mal  Crêpes aber die Mädels sind so kreativ mit dem Belag, da kommt Marmelade nicht an. Von Zimt und Zucker bis Quark und Frischkäse und Nüsse, Bananen alles ist drinnen. Ich esse sie sogar ohne Belag.

Omi fehlt - sie war der Kern - der die Familie zusammen hielt.  Ich weiß nicht ob ich Kern sein kann, oder ob wir kernlos trotzdem zusammenhalten.
Lars' s Mam feierte zum ersten Mal mit uns Weihnachten und sie fühlte sich angenommen, angekommen und geborgen wie sie mehrmals sagte. Omi Elke hatte ein paar leichte Beschwerden nach der 3. Impfung. Ich habe ihr ein Bett auf dem Chaiselongue in der Küche gemacht, damit sie unter uns gut aufgehoben ist.









Lass mich sanft werden im Herzen, lass mich besser werden......

Der Tag wird langsam müde und färbt den Himmel sonnenuntergangfarben. Ich bin ebenso müde wie der Tag und mache mich auf den Heimweg. Bevor ich das Licht in meinem Büro ausschalte, ziehe ich den Lamellenvorhang zusammen. Zuerst aber schaue ich durch die Fensterscheiben hinaus in die Weite der Stadt. Ich schaue auf die kahlen Baumkronen der Bäume in denen noch vereinzelt vertrocknete goldfarbene Blätter hängen. Wir Christbaumkugeln hängen sie da an einem vertrockneten Stiel der sich mit all seiner verbliebenen Kraft an einen verschlafenen Zweig klammert. Ich schließe für einen oder sogar mehrere Augenblicke die Augen und genieße den Anblick der sich mir hinter meinen Lidern bietet.

"Der Baum hält all seine Versprechen," denke ich. "Von der Knospe bis zum letzten leblosen Blatt, hält er Wort für Wort."

Ich hingegegen lies schon immer Menschen los. Ich ließ sie fallen. Sei es Freundschaften, sei es Lieben oder sei es die Menschen die in mein Leben getreten sind. Ich sehe mich vorwärts rennen ohne zurückzusehen, die gesagten und ungesagten Worte die zurückbleiben, Menschen die mich zuwinken, mir nachrennen bis ihnen die Liebe ausgeht, die Gedanken an mich wegbleiben. 

Mein allerbester Freund fragte mich nach einem Kuss etwas unbeholfen, weil wir beide noch sehr, sehr jung waren ob wir jetzt ein Paar wären und ich wunderte mich "sagt man das schon nach einem einzigen Kuss wie Liebende sich küssen ob man für immer zusammen bleibt? Dann schüttelte ich den Kopf und sagte: "Nein! Irgendwann kannt du mich nicht einmal mehr sehen und ich bin dann nur noch dein Blindenhund." Alles was wir hatten, alles was wir waren, alle Freundschaftssteine auf der Bank am Wegrand, allen Blödsinn den wir angestllt haben, alles Händchenhalten hatte ich ausgeblendet, vergessen, nur um mein Ego zu fröhnen, ich hätte einen Supermann verdient, den ich herzeigen konnte.

Freundinnen die ich nie mehr angerufen habe, als unsere Wege auseinander führten. Menschen die auf mich zählten und ich sie stehen ließ. Einfach so. Ich ging einfach weiter.

Ich verliebte mich auf den ersten Blick, liebte für einen Augenblick. Im nächsten Augenblick ging ich. Liebe ist das was man daraus macht. Ich machte daraus ein Nichts. 

Und aus dem Nichts heraus spielten mein Herz, meine Sinne, meine Vernunft verrückt.

Ich ließ sie spielen, hielt sie nicht auf. Hätte ich damals lieber ein Buch gelesen oder Musik gehört. Hätte ich dazu gestanden - zu mir selbst und zu ihm. Wo wäre ich heute? Und wie wäre ich heute? Wäre ich zu Hause oder hätte ich kalte Füße weil ich nicht in  meinem Bett schliefe?

Hätte ich das Wunder einer Geburt am eigenen Leib erfahren? Hätte ich geliebt wie ich heute liebe? Bedingungslos.

Lieben die ich sitzen ließ wie ein Blatt am Ast und hoffte dass der Wind sie mitnimmt wo alles so geheinmisvoll schimmert.

Nun habe ich die Melodie eines jeden in meinen Ohren, in jedem Herzwinkel, in allen Sinnen.

Ich habe keine Worte um meine Gefühle zu beschreiben, wie waghalsig, wie verletzend, wie unglauglich egoistisch ich sein konnte.

Wie verletzlich ich bin, ist jeder andere auch. Wie konnte ich das vergessen?

Ich stehe am Fenster und bete, wie ich manchmal bete: "Lass mich gut werden Gott, lass mich sanft werden im Herzen, lass mich besser werden. Lass mich zuhören, lass mich fühlen, lass mich bitte herzlaut denken."

Schlussendlich ziehe ich die Lamellen zusammen bis sie zu einem blickdichten, elfenbeinfarbenen Vorhang werden, drücke auf den Lichtschalter und schliße hinter mir die Tür. 

Das Abendrot am Himmel ist verschwunden und ich fahre nach Hause. Über mir fliegt ein Grauadler Kreise und Achter über das rauhreiffarbene Feld und meine Gedanken fliegen hinterher. Von der Feierlichkeit des Augenblicks bin ich überwältigt. 

Irgendwo

zwischen der Zeit

zwischenzeitlich

verändern sich Menschen

Lieben

Dinge

Schlagartig

mitten aus den Herzhäuten heraus

beim nächsten Mal

muss ich es besser machen

besser lieben

besser sein

und über mir 

die Unendlichkeit 

ist nachtfarben......


©Émilia






Lambs Of God

Manche würden Lambs Of God in das Gothik-Genre stecken, andere würden ihn als Thriller bezeichnen. Ich sage, es ist eine sehr schöne  und gleichzeitig (für mich) etwas beängstigende Geschichte darüber, wie eine Frau zu einer Heiligen wird. Eine Geschichte, die überraschend wenig mit Religion zu tun hat, obwohl die Handlung in einem verlassenen Kloster auf einer einsamen Insel spielt, wo drei Frauen aus drei verschiedenen Generationen wild und mit strengen Regeln überlebt haben. 

In deren scheinbar idyllischen Welt, hätten sie nicht gleich zu Beginn der Serie ein Lamm geopfert, taucht ein Mann auf der das Leben der drei Frauen auf den Kopf stellt, allein durch die einfache Tatsache, dass er ein Mann ist -  und somit in jeder Nonne unschöne Ereignisse weckt, die ihre Isolation auf der Insel verursacht haben. Nebensächlich ist, dass der Mann Priester ist, sondern der Sinn, der ihn auf die Insel geführt hat, ist hauptsächelich.

Der Film ist weder oberflächlich noch im Wesentlichen religiös, sondern einfach eine eigene Geschichte, in der das scheinbar Böse zum Guten wird und das wirklich Böse am Ende besiegt wird.

Die Landschaft, die Atmosphäre sind wunderbar, egal ob etwas Schlechtes oder Gutes passiert. Es gibt auch Umbrüche, manche Charaktere werden vorgegeben, andere werden skizziert und aus dem anfänglichen Feminismus wird die reinste Weiblichkeit. Was das Material und die menschlichen Requisiten in den Negativszenen angeht, die wahrscheinlich zum Framing in der Dark- oder Gothic-Story geführt haben, kann ich nur sagen, dass ich die Serie ideologisch gesehenl neben Lemony Snickets oder Neverending Story stellen würde.


Vermissen

Ich als Weihnachtsmuffel reiße mich zusammen und versuche so gut ich nur kann, den Kindern die Weihnachtszeit zu erklären.

Tout ce que je veux pour Noël, c'est toi - das beinhaltet die Liebe, die Dankbarkeit, die Freude die ich für die Menschen um mich herum empfinde.

Fabienne wird langsam unabhängig, entwickelt ihre eigenen Zeiten und Rhythmus und irgendwann wird sie ihren eigenen Weg gehen. 

Noëlle ist ein äußerst starkes und sensibles Kind. Sie hat einen Weitblick die viele Kinder in ihrem Alter nicht haben, meinte sogar ihr Klassenlehrer. Sie sucht sich sehr sorgfältig aus, mit wem sie befreundet sein möchte und mit wem nicht. 

Zoë und Nils sind viel zu klein um einiges zu verstehen. Wobei Zoë Noëlle als Lehrerin hat, ist sie doch etwas verträumt, verspielt und ruppig.

Nils ist ein ruhiges ausgeglichenes Kind und der Hahn im Korb unter den Mädels. 

Meine Nichten kennen ein anderes Weihnachten. Mein Bruder hat sich für Weihnachten so richtig angagiert. Überhaupt für sein letztes Weihnachten......ob er geahnt hat, dass es sein letztes Weihnachten sein wird?

Manchmal denke ich, dass er die letzten Monate seines Lebens, damit verbracht hatte seine Liebesbeweise nachzuholen die er meinte versäumt oder unterlassen zu haben. Die Zärtlichkeit seiner Kinder gegenüber, das Verständnis, das alles regeln zu wollen. Mich beschützen und in guten Händen wissen zu wollen. Alles was er durch seine Sturheit, seine Aggression, seine Rechthaberei versäumt hatte zu tun und zu sagen. Alles was er versäumt hatte durch Eile durch Egoismus wollte er nachholen. Er hatte dafür keine Zeit mehr.

Manchmal denle ich an das Gewicht meiner schweren Worte, die ich ihm wütend und enttäuscht ins Gesicht geschriehen habe. 

Anstatt mich nur um meine eigene Achse zu drehen, hätte ich aus mir heraus gehen müssen und mit ihm dieses Gefühl "zu spät" zu entgehen. 

Das Gefühlsherz ist zwar nicht das Physiologische. Medizinisch glaube ich nicht an Wunder. Manchmal vermisse ich ihn und wenn ich ihn träume, will ich ihm immer sagen, dass alles gut ist.

Ich habe verlernt, stelle ich fest.......ich habe vielleicht schon vergessen ihn an seinen Schritten zu erkennen. Wenn er nach Hause kam, besuchte er mich auf einen Espresso oder einen Bol Café au lait. Er versuchte den Mädels das  Zuhören beizubringen. Er konnte gut zuhören. Er hatte Augen und Ohren für alles. 
Er sagte immer ich würde nicht zuhören können. Mittlerweile kann ich es .......nur ein bisschen....

Wie außerordentlich zerbrechlich wir doch sind......wie eine Christbaumkugel....

Nun ja, an solchen Tagen vermisse ich alle die weg sind. Es sind Augenblicke und kleine Dinge die mich an sie erinnern.  Ich muss zwischen Herz und Kopf  eine Scheibe legen, um nicht in Melancholie zu verfallen. Eine Art transparentes Diáphragma. Wäre allerdings eine schlechte Lösung, denn dann wäre ich ein zerbrochener Mensch. Also erinnere ich mich an die schönsten Augenblicke mit ihnen. Als Kind, als Erwachsene und ich erinnere mich aber auch an die vielen, vielen Wenns und wie hätte man es vermeiden können.






Advent .....und kein Lichtlein brennt

Willkommen in meiner Weihnachtsmuffelwelt, liebe Leser.

Letzte Woche war gefühlt sehr intensiv. Zwei Krankenhäuser brauchten unsere Hilfe und die neue Coronavariante Omicron oder SARS CoV. 2 erfordert neue Schutzregeln für uns, für unsere Mitarbeiter, sowie für unsere  Patienten. Neue Verhaltensregeln die nur ungern und zögerlich bei Patienten ankommen. Und ich, undiplomatisch direkt. Über das was zur Zeit ist, diskutiere ich ungern mit jemanden der nicht verstehen will und kann. 

Jeder Mensch hat seine Gründe, seine Ängste, seine Erfahrungen, also muss ich niemanden belehren. Und wir hatten 3 Notfälle die wir zuerst stabilisieren mussten, damit sie transportfähig sind und es bis ins Krankenhaus schaffen. Ich verliere nur ungern jemanden. Ich möchte kein Dankeschön oder ein Lob, sondern es beruhigt mich zu wissen, dass er/sie es geschafft haben.

Hinzu kam noch die Monatsabrechnung, die Überweisungen, der Termin beim Steuerberater. Und ich, habe völlig vergessen, dass die Adventszeit beginnt. Erst am Samstag Morgen als ich nach dem Nachtdienst nach Hause kam und Lars mich ausgehfertig erwartete, fiel mir wieder ein, dass die Adventszeit beginnt.

Ich habe schneller eingekauft, als einen Einkaufszettel geschrieben, wenn ich allein einkaufen fahre. Mit Lars einzukaufen ist wie ein Spaziergang. Er ist völlig entspannt, gelassen und lädt mich immer ins Café ein. Er flirtet dann mit mir und ich verliebe mich in ihn neu. Es ist schön ......uns gegenseitig auf andere Gedanken zu bringen, den banalen Alltag in etwas Besonderes zu verwandeln. Es gibt immer etwas was sich unter der Banalität des Alltags entdecken lässt. Mit ihm vergesse ich die Zeit. 

Während wir uns neu ineinander verliebten, vergaßen wir sogar einen Adventskranz zu kaufen. 

Zu Hause angekommen bekommen wir Auspackhilfe. Anschließend bin ich mit Lars Mam zurück gefahren um Adventsschmuck zu kaufen. Tante ist gesundheitlich etwas angeschlagen und bestand nicht darauf  die Adventsdekoration selbst in die Hand zu nehmen. Wenn es ihr nicht gut geht ist sie unausstehlich anstrengend. 

Lars hatte Nachtdienst und musste vorschlafen und am Sonntag haben wir vergessen die erste Kerze am Adventskranz anzuzünden. Kein Fensterschmuck, keine Adventssterne, denn sie sind ungeeignet für Kleinkinder.

Am Sonntag Abend hatte ich Nachtdienst und nach dem Abendessen, als Mam' die Kinder abholte fiel mir das mit der Kerze erst auf.

Wir hatten nur noch uns für ganze zwei Stunden, bevor ich in die Nacht hinaus fahren musste.

Ich fuhr durch den großen Kometen aus blinkenden Girlanden mit bunten Lämpchen. Buntes Geflimmer schmückte auch Häuser und Bäume und Sträuche, Höfe und Stallungen. Alles blinkte wie verrückt gewordene Ampeln, als würden sie unbedingt die Novemberstille in ein Straßenfest verwandeln wollen.

Ich fragte mich während der Fahrt, ob jeder weiß was eigentlich gefeiert wird, oder ob man Angst hat vor der Dunkelkeit der Winternächte ohne Schnee, wenn der Tag am Nachmittag endet und die Dunkelkeit der Nacht unsere Fragilität zur Geltung bringt. Ob das Nebelgrau die Menschen so traugig machen kann, dass sie unbedingt Licht brauchen um sich nicht allein zu fühlen.

Wovor ich Angst habe und ob meine Ängste berechtigt oder utopisch sind?

- ich habe Angst urplötzlich gehen zu müssen und jemanden zurückzulassen.

- ich habe Angst vor diesem Omicron und dessen Folgen

- ich habe Angst um die Kinder, um Lars

- und noch mehr Angst habe ich davor, dass meine 2 Herzklappen irgendwann müde werden, für drei Herzklappen zu arbeiten.

Also genoss ich das Licht. Und ich wäre am liebsten umgedreht und hätte eine Kerze für meine Lieben angezündet. Und für mich. 

Ich fuhr durch das Herz des blinkenden Kometen und verglich unsere menschliche Fragilität mit einer Christbaumkugel. Ein leichter Schubs in die Herzgegend und wir zersplittern und niemand kann uns nicht mehr zusammensetzen. Der ein oder andere Splitter würde fehlen. Auf eine oder andere Art wären wir unvollkommen und vielleicht sogar hilflos und angewiesen, dass jemand uns an der Hand nimmt, oder uns sogar trägt.

Wenn ich mich an Advent aus der Kindheit erinnere, habe ich ein Bild von Maman als arbeitende Frau vor Augen die entweder vom Dienst kam oder zum Dienst aufbrach. Sie machte Sonntags Hausbesuche bei ihren Patienten. Für viele war sie auch Hausärztin. Ich sehe Pá am Schreibtisch oder sogar am Küchentische sitzen und Extemporale und Hausaufgabenhefte seiner Schüler zu korrigieren. Oma und Opa Adventskerzen anzünden und uns beibringen zu wollen, was Weihnachten bedeutet und wurden wütend auf mich, dass ich die geschmückte Tanne in der guten Stube nicht bewundere, dass meine Kinderaugen bei dem ganzen Bling-Bling nicht leuchten und eher wütend bin, dass sie gefällt wurde, in der Stube vertrocknet und dann verbrannt wird.

"Alles hat seinen Zweck" sagte Oma. "Das Holz wärmt dich, du hast warmes Essen und aus der Asche macht man Lauge. Du solltest den Nutzen sehen." Ich sah damals den Nutzen nicht. 




Tränenflüsse und Tränenmeer

Wer mag schon Karstflüsse? Irgendwann verschwinden sie. Man könnte auch Lieben die plötzlich versickern und enden Karstliebe nennen. 

"Du musst doch endlich mal erwachsen werden!" schimpfte Oma als ich ihr von meiner Trennung und von meiner Scheidungsabsicht erzählte. "Du bist eine Rebellin! Wird es dir langweilig, lässt du es liegen. Du warst schon als Kind immer schnell gelangweilt. Kann es sein, dass du dich wieder mal gelangweilt hast. Hast du dich zurückgezogen? Ich habe dir gesagt, der junge Mann ist nicht das was du dir unter einem Mann vorstellst." schrie sie. 

"Was stelle ich mir denn für einen Mann vor?  Bestimmt nicht einer der zu blöd ist, um einen Kaffee zu kochen, aber die Weiber wie Motten anzieht" schrie ich zurück.

Oma hob den Kochlöffel und winkte damit. "Wehe du schreist mich noch einmal an!" sagte sie leise.

Dann fielen wie uns in die Arme und weinten uns gegenseitig leer. Wie Flüsse sich leerweinen, wenn sie ins Meer übergehen, wie die  la Loue in die la Doubs, dann in die Saône und in den le Rhône und in das la mer méditerranée übergeht. Für mich war Oma la mer méditerranée.

"Du bleibst bei mir" flehte sie mich an. "Ich muss jetzt auf dich aufpassen." weinte sie weiter.

"Omi ich muss aber Fabián helfen," versuchte ich ihr zu erklären wieso ich wieder gehen muss.

"Nein! Nein! Nein!" rief sie enttäuscht. "Der hat nicht auf uns gehört. Er hat deine Maman schwer enttäuscht. Sie war bis zuletzt wegen ihm traurig. Dich nimmt er mir nicht!" weinte sie weiter.  Aber wohin weinte sich Oma? Sie hatte keinen Ozean, sie hatte keine Atlantique.

Ich wusste, dass sie mich verstehen konnte. Sie kannte unser Zusammenhalt bis fast zur Selbstaufgabe.

"Dann überrede ihn auch nach Hause zu kommen. Er hat doch uns hier."

Oma verpachtete die Praxis an einen ehemaligen Kollegen von Maman. Es war eine Zwischenlösung. Doch dann erkrankte er und musste aufgeben.

Und Omi war später auch nicht mehr da. 

Und ich war ein Karstfluss, in der Liebe. Ich liebte vorübergehend.

Ist es das was die Trauer, das Vermissen, das Nichtweiterwissen aus einem macht? Man ist tagtäglich nur vorübergehend, man liebt nur vorübergehend?

Nichtwissend wohin man fließen soll, verschwindet man, versickert man. Man will unsichtbar bleiben in der Liebe und ebenso unsichtbar im Leben? Ist es wirklich das was man will?  Ja nein, ich bin nicht eine Frau die wachgeküsst werden will, - ich küsse wach. Ich wollte nie den Prinzen, sondern den Freund. Den der sich nicht scheut mit mir Schritt zu halten und der, den es nichts ausmacht mit mir albern zu sein. Kindisch. Teufelisch. 

Ja nein, das Leben forderte mich heraus. Ich konnte nicht vor mich hin irgendwohin sickern, ich musste fließen, ich musste Fluss werden und Meer werden.

Hatte Maman unbewusst, Marie als meinen ersten Vornamen gesetzt, damit ich weiß dass ich ein Meer werden muss für Zuflüsse die mir am Herzen liegen? 

Mein Vater war ein Pragmatiker und er redete wie er dachte, und er dachte wie er fühlte, ungefiltert. Meine Patentannte hieß Emma und er meinte, dass Emma ein Name für eine Kuh sei. Also nannte er mich Émilia. In  französischer Sprache wird mein Vorname ´´Emilie geschrieben und wird Émiii ausgesprochen. Er bestand auf das a. Es war ja kompromissbereit, wie er immer scherzte.  "Das a am Ende bleibt! Aus die Maus!" 


Puisque tout passe
faisons la mélodie passagère,
celle qui nous désaltère aura de nous raison.
Chantons ce qui nous quitte avec amour et art,
soyons plus vite que le rapide départ.

 


 


Martinsfeuer.

 Wir, mein Bruder Fabián und ich, sangen für eine Weile im Kinderkirchenchor mit. Wir waren keine schüchterne, ängstliche Kinder, aber ich wollte nicht vor vielen Leuten singen. Fabián hatte damit kein Problem, denn er hatte eine wunderschöne Tenorstimme und er konnte singen. Er war eh geselliger als ich. Er wurde gern gehört, wie er stimmlich überragte. Bei mir hingegegen - so hatte ich das Gefühl - wartete man sehnsüchtig darauf, dass ich aus meiner Schüchternheit heraus so blockierte und den Text vergaß. Man war gespannt wann ich patzte.

Die Proben waren für mich schon eine Qual. Wir bekamen jeweils ein Gesangsheft in die Hände gedrückt und für Kinderhände ist ein DIN 5 Heft schon schwer um Seite für Seite umzublättern. Wer sich so viel Mühe machte um die Notenblätter auf die Seiten zu kleben, war etwas ungeschickt. Sie Seiten waren viel zu steif um sie um geräuschlos umzublättern.

"Mach mal bitte den Mund auf, damit auch ein Ton herauskommen kann!" sagte der Chorleiter und fixierte mich mit seinen dunklen Augen streng. "Dein Bruder gibt sich sehr viel mehr Mühe als du."

Ich versteckte mein Gesicht hinter dem Gesangsheft, damit niemand sehen konnte, wie meine Augen sich mit Tränen füllten und meine Wangen sich tomatenrot färbten. "Der Junge singt schön, aber das Mädchen hat eine viel zu leise Stimme, " hörte ich die alten Frauen in der ersten Reihe miteinander laut flüstern.

Nach der Aufführung an Martinsfeuertag musste ich nicht mehr hin. 

Am Martinsfeuertag liefen wir in einer Prozession durch ein kleines Wäldchen bis zu einem Acker.  Da sang ich noch mit und ich gab mir große Mühe meine Stimme zur Geltung zu bringen wie Fabián. Nun ja, immerhin war ich etwas lauter. Ich freute mich für meinen gelungenen Auftritt und rannte und hüpfte den anderen Kindern nach. Ich hüpfte über kleine Äste und zweige die die Waldarbeiter achtlos liegen ließen und verfing mich irgendwie in einem rostigen Draht. Mit einer zerkratzten blutigen Wade kamen mein Bruder und ich zu Hause an. Maman säuberte die Kratzer und da mein Impfstatus eh aktuell war, machte sie sich wegen Tetanus keine Sorgen.

Nach dem Nachtessen mussten wir ins Bad zum Zähneputzen.

"Aaaalleees in Ordnung mit dir" hörte ich Fabian mit der Zahnbürste im Mund sprechen. Ich wollte etwas sagen, aber da war ein Rauschen in meinen Ohren und meine Stimme war weg. Ich hörte nur noch das Rauschen in meinen Ohren und meinen Herzschlag gegen mein Trommelfell.

Als ich die Augen aufschlug lag ich in meinem Bett und mein Bein tat höllisch weh, als meine Maman mir eine neue Strumpfhose anzog,  mein Opa mich hochhob und mich zum Auto schleppte. Maman setzte sich zu mir auf den Rücksitz, hielt mich in ihren Armen und Opa fuhr uns in Krankenhaus.

Dort angekommen ging es mir wieder gut. Ich fühlte mich stark. "Mir geht es gut!" versicherte ich dem Kinderarzt.

Er lachte und meinte, dass wir trotzdem auf  Nummer Sicher gehen müssen. Blutentnahme und EGK und Wundversorgung folgten und ich durfte nach einer gefühlte Ewigkeit nach Hause. Fabián und René hatten Angst um mich und heulten wie Schlosshunde.

Meine Sorge war das Chor. Ich wollte da nicht mehr hin. Und ich musste nicht mehr hin. "Ich mag nicht singen, wenn alle mich ansehen." beschwerte ich mich. Und Opa ordnete bestimmend an: "Das Kind muss nicht in die Kirche, wenn es nicht dahin will. Die sollen ihren Scheiß allein singen." Opa glaubte zwar an Gott, aber mit der Kirche hatte er es nicht so. Seine Gründe waren eher politischer Art und seine Meinung darüber sehr deutlich und seine Wortwahl war nicht kindgerecht. "Die Kirche ist wie eine Hure. Sie läuft jeder Regierung hinterher." 

Zwei Ausnahmen gab es: Kommunion und Firmung. "Danach musst du nicht mehr in die Kirche, wenn du nicht willst." sagte Maman. 

Es gab keine Martinsgans, dafür sorgte Opa. Er war gegen Traditionen. 






Liebefresser

Vor einiger Zeit, habe ich im Fernsehen ein Interview mit einem Poltiker gesehen, der auf Anfrage einem Reporter verraten hat, dass das Geheimnis einer guten Ehe getrennte Schlafzimmer seien und ich musste lachen. Abgesehen davon, dass dieser alte Herr sich zig. Badezimmer leisten kann und seine Gattin nicht gerade vor Begeisterung und Liebe euphorisch wird, ihn nackt zu sehen.....ich muss immer noch darüber lachen....vielleicht meinte er den Alltag und hat ihn bis auf ein Minimum abstrahiert und seine Ehe auf die Hygiene reduziert.

Ich habe den Samstagvormittag in der Küche verbracht. Wir am Abend zu einem Teeabend eingeladen und jeder sollte etwas Leckeres mitbringen. Ich habe einen marmorierten Blechkuchen mit Mascarpone gebacken. Danach habe ich noch meine Haare gewaschen und frisch geduscht. 

Wir haben auch ein Bad neben dem Schlafzimmer und unten neben dem Wohnzimmer eine Dusche. 

Oma wollte im "großen Haus" keinen "Dreck" haben. Also hatte sie darauf bestanden den Keller auszubauen und eine Küche ein Bad und ein Wohnzimmer einzurichten und den Rest als Vorratskeller zu nutzen. Aus dem Wohnzimmer habe ich ein Esszimmer und eine Leseecke/Spielecke gemacht.

Wenn ich jetzt die Ehe auf die Hygiene reduziere, stören  mich offene Klotüren, herumliegende getragene Klamotten, nasse Dusch- oder Handtücher  und eine dreckige Badewanne und Dusche können mich wahnsinnig machen. Im Waschbecken herumliegende Bartstoppeln würden bei mir einen Schreikrampf auslösen. Wäscheberge lassen sich schnell reduzieren und herumliegendes Spielzeug ist ebenso schnell in den Kisten. Dafür würde Nils mich "Sack, Sack" sorgen. Ich muss oft energisch darauf bestehen und "aber Zack, Zack" rufen. Anscheinend liebt er es "Sack, Sack" zu rufen und jedes Spielzeug extra in die Kiste zu bringen, um anschließend "oh alles" zu rufen.

Neulich erzählte mir eine Bekannte, dass ihr Partner sie nicht gerne in der Küche sieht, sie würde dann nach Essen riechen und es wäre unerotisch. Daher gehen sie meistens zum Essen in ein Restaurant. Aber gut, jedem das Seine. Wer Eimerfraß mag und Kochen unerotisch findet, sollte essen gehen.

Es gibt keine bessere Erotik als gemeinsam zu kochen, oder wie Lars es pflegt zu sagen "du schnippelst und ich esse" oder er kostet und kostet vor.

Ich koche mehr weil er sich vorher schon fast satt ißt. Ich liebe es wenn er jede Zutat bewundert und jeden Zubereitungsschritt verfolgt.

Würde er mir reinrdeden, wäre er schnell aus der Küche. Meine Küche, mein Spielzeug.

Ob die Liebe vom Alltagsstress mit der Zeit Häppchenweise gefressen wird? Ich finde, dass Lars geduldiger mit den Kindern ist als ich. Und ich bin schneller und effektiver was Hausarbeit und Garten betrifft. Ich habe ihn, als wir nur miteinander befreundet waren und weder er noch ich uns mit anderen Augen sahen, mit seiner kleinen Tochter erlebt. Er hatte so viel Liebe und so viel Geduld für sie. Die schlaflosen Nächte, ihre Krankheit, die vielen Operationen, sie waren für ihn kein Stressfaktor. Er ist feinfühliger als ich. 

Ich rede in seine Erziehungsmethode nicht rein. Er bringt ihnen auf eine spielerische Art alles bei und ich wie kleinen Erwachsenen viel ernster.

Meine Hektik frisst mich noch irgendwann auf. Ich kann mit Druck und Stress beruflich umgehen, aber privat möchte ich keine Hektik auf Lars oder die Kinder übertragen. Deshalb bevorzuge ich eher im Haushalt meine Ordnung. Ich bin schneller als Lars im Haushalt.

Dann nehme ich die Kinder und wandere. Total begeistert sind die Kinder vom Herbst. Ich könnte stundenlang mit denen durch das Laub wandern, Kastanien sammeln. Ich fühle mich zusammen mit ihnen erneut kindisch und Kind.

Ich finde es erotisch albern zu sein. 

Gestern Abend tat es uns gut wieder zwischen Freunden und Bekannten zu sein. Passiert selten, da wir auch Wochenenddienste haben und nicht dabei sein können und wollen.  Bei Tee, Kuchen, Keksen und Säften zusammen zu sitzen und zu albern war schön. Man erfährt die eine oder andere Neuigkeit. Ein paar haben ihren Tee mit Alkohol verfeinert und waren stockbesoffen. 

Ich bin so Einiges aus dem medizinischen Alltag gewohnt, aber als einer sich eingenässt hat und die Couch und den Teppich volgekotzt hat, hörte bei mir der ganze Spaß auf.

Ohne mich. Ich mache so ein Mist nicht mit. Bei mir kommt keiner bei und verkotzt mir die Hütte. Ich habe dafür kein Verständnis.

Ich überlege mir noch, ob ich einen Teeabend veranstalte. Wenn, dann unten im Alltagszimmer. 

Ich kann es gar nicht genau beschreiben, was in mir vorging, als ich die beiden Besoffenen sah. Ich hatte urplötzlich eine Art Panikatacke als der eine mich und alle anderen umarmte. ich dachte, wenn ich ich einen Schritt zurückmache oder ihn wegschubse wird er aggressiv werden. Er war gar nicht aggressiv. Trotzdem hatte ich Panik. Ich war 5 oder 6 Jahre alt, als mein Vater eine ganze Flasche Wein allein leerte und meiner Mutter hinterherschrie: "ich schlachte dich ab wie ein Vieh!" 

Ich konnte vor Lars das Zittern nicht verbergen. Wir warteten noch eine halbe Stunde ab und dann verabschiedeten wir uns von allen und fuhren nach Hause.

Ich frage mich ob die Frau des Betrunkenen, sich für ihn geschämt hatte. Das wäre für mich ein Liebefresser. 




Nur absurde Gedanken


18:30 zeigen die Uhrzeiger auf die Zeit. Bis 21:30 habe ich noch Bereitschaftsdienst. Ich sitze in meinem Büro in der Praxis und gehe alle benötigten Unterlagen für November durch. Mein Drucker spuckt ein Blatt nach dem anderen aus. Listen....Listen .....neue Regelungen, OP-Pläne, Dienstpläne für diesen Monat.

Ich sammele noch die letzen Freizeitwunschzettel von der Pinnwand und brechne die Stunden neu. Das Planänderung, da Urlaubstage, da Bereitschaft, da Klinik.

Seit ganzen 2 h sitze ich da und versuche meinem Team klarzumachen, dass jeder von uns 8 Tage für das KH zur Verfügung stehen muss. Auch ich bin keine Ausnahme. Viele von uns haben Schulkinder, Kleinkinder und müssen auch ihre Freizeit danach gestalten. Immer 2 Wochen im Voraus kann ich nur planen.

Und dann sitze ich da und bereite mir noch einen  Salted Caramel Chocolate zu. Schmeckt lecker, aber er verklebt. Mehr als eine Tasse könnte ich davon nicht trinken. Plötzlich fielen mir Menschen ein die eine große Rolle in meinem Leben spielten, die teilweise mehr oder minder in meinen Herzen verwurzelt sind.

Tante Lina. Ich sehe mich und Fabian unter ihrer riesigen Federdecke am 10. Januar als Oma's Sommerküche brannte und wir Kinder vor Angst uns draußen auf ihrer Veranda im Schnee versteckten. Es schneite die ganze Nacht und der Schnee glitzerte wunderschön im Hoflicht. irgendwie nahm der Schnee mir die Angst.

Ich bin überrascht wer alles so urplötzlich in meine Gedanken kommt.

Wie Opa zu Tante Lina kam, wurde mir auf eine wunderschöne Art erzählt. Opa arbeitete für sie und ihren Mann(ich kann mich nur noch ganz vage an ihn erinnern wie er zu mir sagte "Du bist ja ein Lockenköpfle!") und mich verstrubbelte.

Da Tante Lina keine Kinder hatte, vererbte sie Opa den Hof, weil er so fleißig war. Darüber wieso Tante Lina Oma nicht mochte, wurde nie geredet. Sie hätte sich angeblich jemand anderen für Opa vorgestellt. Aber Opa war mit Oma verheiratet. Manchmal frage ich mich ob Oma und Opa sich sehr geliebt haben. Jeder hatte so seine Macken die den anderen zur Weißglut brachten. Auf eine individuelle Art waren beide sehr eitel, sehr akkurat. Ob Liebe diesen Perfetionismus auf Dauer mag.....der oft zu Diskussionen oder Streit führt......Ich denke schon, denn als sehr eigenständige Menschen hätten sie ohne ihre Liebe zu einander nicht zusammen leben können.

Oma hatte ihre Macken und ihre Abneigungen. Wen sie nicht ausstehen konnte, dem hat sie es auch ins Gesicht gesagt. Oma hatte sich auch in die Partnerschaften ihrer Töchter eingemischt. Die einzige Tochter bei der sie sich so richtig einmischen und austoben konnte, war Maman. Maman war wegen uns Kindern auf sie angewiesen duldete mehr oder minder widerwillig das Einmischen. Später stellte Oma fest, wie sehr sich Maman mit meinem Stiefvater auch für Oma einsetzten und war voller Lob von den beiden.

Ich kann Abhängigkeit bis auf Blut nicht ausstehen. Ich bin ein eigenständiger Mensch und lasse mir ungern auf eine abhängige Art helfen. Ich helfe denen die mir helfen ebenso wo und wie ich kann mit vollem Herzen, aber ich werde nie jemandem vorhalten wie oft und womit ich geholfen habe.

Dann fiel mir mein bester Freund ein. Und ich frage mich ab und zu wieso er immer noch keine Freundin hat. Ich meine, eine feste Partnerschaft. Er sieht zwar nicht gut, eher sehr schlacht, aber das ist auch alles. Er ist nicht gerade Adonis, aber er sieht gut aus und ist ein sehr intelligenter und gepflegter Mensch. Es gibt nichts worüber man mit ihm nicht sprechen könnte. Seine Mama war immer so nett zu uns Kindern. Ich vermisse Menschen die einfach bedingungslos lieb zu mir waren.

Marie-Claude - eine gute Freundin aus dem Lycée. Sie lebte in der Stadt und hatte 10 Fußweg bis zur Schule. Sie lebte mit ihren 2 kleinen Stiefgeschwister in einer kleinen Wohnung und teilte das Zimmer mit ihren Geschwistern. Sie war Diabetikerin Typ I. Manchmal ging es ihr sehr schlecht und kippte oft um. Ich fragte Maman was ich tun könnte, damit sie nicht mehr umkippt. Dann erzählte mir Marie-Claude dass ihr Stiefvater das Geld versäuft und sie kein Insulin hat. Maman gab ihr immer mal für den einen oder anderen Monat alles mit. Dann trennten sich ich Stiefvater von ihrer Mutter und sie zogen eine andere Wohnung und nach dem Examen sah ich sie nie wieder, da sie irgendwo am Ende der Stadt wohnte und kaum mehr ins Zentrum kam.

Stepháne erzählte, dass sie Pharmazie studierte und geheiratet hätte und sogar nach Strassbourg weggezogen wäre.

Die alten Nachbarn fielen mir ein....und Kurt und Alice und seine wunderschöne Schrift. Meine Götter die war schön. Dass jemand so schön schreiben kann... das ist Gottgabe oder was auch immer für eine Gabe. Nicht einmal wenn ich 100 Jahre  Tag und Nacht üben würde, ich würde niemals so schön schreiben können. Feine Menschen - beide.

Ja.... ich hatte das Glück...... er ist ein wunderbarer Mensch.... ich hoffe er hat seine Erkrankung mit allen Nebenwirkungen im Griff und hat die Liebe seines Lebens gefunden. Er hat jemand Besseren verdient als mich. Oftmals frage ich mich ob er mit mir Wirbelwind überhaupt klar gekommen wäre....und den Mädels....ich wollte ihm diese beiden nicht zumuten.....er hat mehr verdient als jemand die sich um zwei Nichten kümmern muss. Jemanden die hundertprozentig für ihn da sein ist. Das geht nur wenn beide das Gleiche leben wollen und Geduld haben. 

Ich denke an Begegnungen, an einmaligen Begegnungen.....an Menschen die ich im Laufe meines Lebens auf die eine oder andere Art begegnet bin. 

Ich weiß ja nicht was mit mir passiert. Trage ich den Nidus an verknoteten Gefäßen in mir, oder meldet sich eine meiner Niere ab und schrumpft. Maman war in meinem Alter als sie die ersten Anzeichen kamen. Es ist das was mir Angst macht. Ich wollte deswegen nie Kinder bekommen und habe zwei. Ob es unverantwortlich war, nun ja, ich handele immer und lebe dann mit den Konsequenzen. Beide Kinder sind gesund und sehr agil. 

Das macht mir manchmal Angst. Was ist wenn.....

Der ganze Corona-Krieg macht mich fast wahnsinnig. Darf ich sagen weil es so ist. Bin geimpft. Mit der 3 Impfung wäre meine Grundimmunisierung abgeschlossen. Ich habe eine bikuspide Herzlappe mit Aortastenose und keine Trikuspidalklappe wie gesunde Menschen. Und wie ich Angst habe......und ich verlasse mich nicht auf die Forschung.....die Forschungs- und die Pharmakonzerne sind bekanntlich  Mafiakonzerne.......

Die Gedanken stimmen mich traurig. Ich muss mich zusammenreißen. Hoffe ich schaffe es bis ich nach Hause fahren kann.







November

Allerheiligen und die Agonie.

Frühnebel und Nieselregen. Beweglicher Feiertag. Totenmonat. Endlichkeit des Lebens. 

An diesem Tag könnte ich mich verkriechen, bevor Tränen mich auflösen könnten.

Man zieht schwarze Trauerkleidung an und geht in die Kirche zum Requiem für alle Seelen. Wieso ist Trauerkleidung schwarz? In einem kirschroten, sonnenblumengelben oder himmelblauen Kleid kann man mit dem Herzen ebenso trauern oder traurig sein. Wieso tragen Frauen ein Kleid und keinen Hosenanzug? Trauer sollte keinen Trauercodex haben.

Ich finde Nylontrümpfe unausstehlich. Und schwarze erst recht. Und jedes Mal schaffe ich es an einem Rosenstock hängen zu bleiben und eine schöne Laufmasche in den Strumpf zu häkeln.

Ich mag nicht in die Kirche gehen....ist so monoton, so gelangeilt. Das Requiem war irgendwie .....ja distanziert....fad.....es hatte keine Seele....oder der Pfarrer war noch im Mittagschlafmodus.... 

Ich habe die ganze Zeit gefroren....nicht wegen dem Nieselregen..... jedes Jahr ist es so und ich bin danach immer erkältet.....Lars auf einer Seite, René auf der anderen...sie hielten mich fest als die Tränen mich wegschwemmen wollten. Ich wollte mich hinsetzen auf den kalten Boden, wie ein Kleinkind sich hinsetzt, mit angezogenen Knien und den Kopf verstecken.... aber ich bin kein Kind mehr....und es wird mir an solchen Tagen so bewusst. Ich bin keine Tochter, keine Enkelin mehr. Ich bin auch zum Teil keine Schhwester mehr und auch zum Teil keine Nichte. 

Asche zu Asche. Wo Augenblicke davor noch das Gras kniehoch war, geht die Erde auf(wird die Erde aufgebuddelt) und Leben fällt wie ein Herbstblatt nach dem Lebenstanz in ein Loch und ist unwiederbringlich weg. Festhalten was weg ist ......auch wenn die Wurzel noch tief im Herzen verankert ist.......das Lebendige, die Seele ist weg.

Angeblich sollte diese Unsterblichkeit, diese Ewigkeit nur Trost sein.

Ich brauche diesen Trost nicht, denn ich weiß.....ich weiß es sehr genau wie ein Herz aufhört zu schlagen, wie die Haut eiskalt wird....ich weiß......weil ich es mit allen Fasern des Herzens und mit allem angesammelten Wissen gelernt habe......die Endlichkeit gesehen und gefühlt habe.

Das unberührte animalische, die Wildheit in mir fühlt noch jede Berührung, erinnert sich an den Duft der Haut, der Haare, hört noch viele Worte die wichtig wurden und immer noch wichtig sind, hört noch das Lachen, hört noch die Stimme in den Worten.....

Aber ja, die Kerze in meiner Hand.......das Zittern der Flamme, wenn mein Atem oder der Wind ihr zu nahe kommt.......das ist es nicht.......es gibt kein Leben hier in einem Grabvulkan mit weißen Astern bestickt. 

Gebet

Lehre mich die Unachtsamkeit
und wie man blind und taub durch den November wandert,
wie man einem Traum die Flügel bricht
dass er ungeträumt ins Abis fällt.
Wie ich in mir das Sonnenlicht 
nach dem Regen bewundern kann,
ohne den Himmel
für die Regenwolken zu beschuldigen.
Wie ich die Bäume bitten kann
ihre Blätter immergrün zu färben,
damit sie nicht im November
purpurfarben sterben.

Lerne mich weniger zu lieben,
im Morgengrauen nur 
oder nur am späten Abend,
damit kein Augenblick mehr schmerzt
wenn die Lieben gehen.
Lehre mich die Gleichgültigkeit,
nur für einen Augenblick,
wenn die Sehnsucht mich erdrückt.

Lehre mich für den Augenblick zu leben.


©Émilia




Wochenrückblick

Die letzte Oktoberwoche war arbeitsreich und auch emotional intensiv. Traubenlese, Wurzelnernte(Karotten, Pastinaken, Petersilie......), den Weingarten und den Garten hinter dem Haus winterfest zu machen, Monatsabrechnung für die Praxis und alles andere nebenbei und dazwischen.

Ende Oktober - die Agonie der Felder nach der Ernte war und ist für mich immer eine Verwüstung und gefühlte Leere. Eine gefühlte Entwurzelung.

Halloween wird hier auf dem Land gar nicht gefeiert. Es wird herbstlich dekoriert, aber damit wird die Ernte symbolisiert. Wenn man es ganz traditionell machen will, es gibt Herbstessen wie Eintöpfe, Kürbissuppen, Kürbiskuchen, Strudel usw....

Traubenball nicht zu vergessen. Dieses Jahr mit Maske. Ja nein, Ballkleid und Maske beim Tanzen, Abstand halten an den Tischen, keine Umarmungen, kein Schmusen in der hintersten Ecke......kein Türpfostenhalten.....dieses Jahr wollte ich ihn wieder ohne mich vorbeiziehen lassen Mir reicht die Maske schon im Dienst, oder beim Einkaufen. Ich habe einen aktuellen Impfstatus(mehr dazu möchte ich mich gar nicht äußern) Aber wenn ich mich ohne diesen Mundschutz nicht frei bewegen kann, wenn ich mich auf dem Ball nicht tanzend verausgaben kann wie man es eben beim Tanzen tut, dann verzichte ich auf Halbherziges.

Pustekuchen! Tradition ist Tradition und da beißt die Maus keinen Faden ab. Lars wollte so ein Traubenball miterleben. Seine Mam' auch und Tante ist bei so etwas eh nie zu bremsen. Dafür wird die Bandscheibe, das Knie und die Wetterhex' für ein paar Tagen vergessen. 

Für die Mädels war es auch neu und mit Schulkollegen und Freundinnen abzuhängen tat ihnen gut. Beim Traubenball versammeln sich Babies wie Greise. Es ist nachdenklich wie lustig den Kreislauf des Lebens zu beobachten wie kleine Windelpupser die erst laufen gelernt haben mit den uralten Omi und Opi tanzen. Gena dafür sind diese Feiern.

Am Sonntag gab es ein sog. "Halloweenessen." Die Mädels kennen es von ihrem Papa. Fabian liebte den ganzen Kram. Er dekorierte gern üppig. Er hatte für so etwas ein Händchen und er liebte es alles schön dekoriert zu haben. Keinen Kitsch, sondern Porzellan und Holz und Deckchen. Und er stand stundenlang am Herd um irgendwelche Leckereien zu zaubern. Also haben wir es dieses Jahr für die Kinder so schön wie möglich gestaltet und die Erinnerung an ihren Papa feiern lassen. 

Zusammen zu sitzen und gemeinsam zu essen, zu plaudern tat uns allen wieder gut. René hatte seine Freundin eingeladen und für sie war es zu viel "Familie." Sie wollte es etwas locker angehen lassen, eine Art Freundschaft + Extras,  aber er nicht. Er dachte es würde sich zu mehr entwickeln, aber hat es schnell eingesehen, dass Gefühle sich manchmal nicht mitentwickeln. Wer weiß was er wieder an ihr kritisiert hat. Bei René mit seiner verschlossenen Wassermannart, weiß man eh nie woran man ist. er findet immer einen Punkt, über den er etwas auszusetzen hat. Er ist kreativ, er hat eine sensitive kreative Ader und wenn er sich wirklich ins Zeug legt, dann wir es etwas Besonderes. Aber wehe er findet " den Fleck" der ihn stört, dann ist es Schrott für ihn. So viel Laune wie in ihn reinpasst hat er. Diskussionen sind da überflüssig. Er dreht sich weg und lässt einem stehen. Er braucht jemand die ihn führen kann. Wieso wollen Männer Frauen haben, die ihnen sagen wo es lang geht?

Ich würde wahnsinnig werden, wenn ich Lars ständig führen müsste. Er soll sich wagen mich zähmen zu wollen. Pustekuchen! 














Cycle: Briefe an die Liebe X



Die Nacht beginnt und endet mit dir. Deine Arme sind mir Kissen für meine Träume mit dir und von dir. Ich sehe in deine Augen und sie beantworten mir alle Fragen die ich dich noch nicht gefragt habe. Der Himmel hat dein Gutenmorgenlächeln in den Sonnenaufgang gelegt und die Abendsonne hüllte sich in ihr schönstes Abendkleid, wenn du mir zuflüsterst "ich liebe bis zum blauen Mond und zurück." Es hat mehr Bedeutung als nur ein Wortspiel für mich.
Nun endet Oktober und legt seine seine ganze Rostfarbenpracht in die Fasern seines Herbstkleides. Ich bin Sehnsucht und Frucht und Liebe und ich schüttele meine Sehnsucht wie Blätter in deine Hände. 
Eingehüllt in deinem Lächeln, fühle ich wie deine Arme mich halten, deine Hände meine Haut berühren. Ich atme den Duft des späten Abends und höre deine leise und schlafwarme Stimme die mich lehrt dass Liebe schön ist und dass auch die Stille unausgesprochene Worte hat.
Im Schatten der Augenlieder sind wir Leidenschaft und Feuer und Herbstfarben.
Am frühen Morgen  deine Hand auf meiner und zwischen uns zwei Tassen bittersüßen Espresso.
Heute hängt ein dichtgewebter milchfarbener Nebelvorhang vom Himmel der die Farben meines Regenmantels verschluckt und dich und mich und die Symetrie des Tages.
Deine Hände formen mein Gesicht, meine Augenlider, deine Küsse formen meinen Mund. Ich kann dich sehen. Herztief.

©Émilia



Am Ende des Tages

Am Ende des Tages lag ich frisch gebadet, in meinem Bett mit frisch bezogener Bettwäsche. Nach einer langen arbeitsreichen Woche, nach einem langen Tag und nach einen ausgiebigen Bad, sollte man doch besser schlafen als ein Murmeltier.

Pustekuchen! Sobald ich mich in die wohlig weiche Daunenherbstdecke kuschelte, verflog die Müdigkeit aus meinem Körper.

"Als ich so ca 15 Jahre alt war, bekam ich während der Herbsterntezeit auch einige Aufgaben zugeteilt. Oma und Maman konnten alle gut mit der Ernte beschäftigen. Damals wünschte ich mir in der Großstadt zu leben, von der Schule nach Hause zu kommen, Hausaufgaben zu machen und mit Musik und einem guten Buch unbekümmert meine Zeit verbringen zu können. Doch es gab immer etwas zu tun, immer etwas zu ernten, immer etwas winterfest zu machen, Vorräte einzulegen. Manchmal hätte ich solche Tage am liebsten ausradiert." sagte ich während Lars mich mit seinen Armen umwickelte und mich an sich drückte.

"Bist du müde?" fragte er leise. 

"Ja nein, aber 2 Wochen non- stop Dienst und Erntesammeln war schon ganz heftig und anstrengend. Für dich mehr als für mich, denn du bist Feldarbeit ja nicht gewohnt. Und wir hatten ganz wenig Zeit für die Kinder und für uns ganz zu schweigen." Wir sahen die Kinder vielleicht ganze zwei Stunden je Tag. Irgendwann siezen sie uns, wie man hjer zu sagen pflegt, wenn man sich selten sieht.

"Mit nichts wird nichts, " meinte Lars überzeugt. "Wir müssen weder Gemüse noch Obst oder Fleisch und Milch vom Supermarkt kaufen. Es ist jede Menge Arbeit, aber man weiß was man hat. Und die Kinder sind doch gut aufgehoben. Sie verstehen das." redete er sanft und zärtlich auf mich ein.

Zoé und Noelle haben sich richtig ins Zeug gelegt. Sie haben sich richtig ausgetobt.

Lars hat es regelrecht genossen Mais zu ernten, Trauben zu lesen und mit der alten Weinpresse, bei der man Gewichte auflegen und sich im Kreis drehen muss, bis der Most aus den Traubenbeeren fließt. Er war mit Herz und Körper und Verstand dabei.

Am Samstag Abend saßen wir alle zusammen bei einem guten Ernteausklangsessen.  Zoé die mit 3 Jahren und 8 Monaten gerade mal 14 kg wiegt und sehr viel Zuwendung beim Essen braucht und nicht alles isst, hatte einen Riesenappetit. 

Am Ende des Tages weiß man immer wofür man da ist,

wen man liebt und wo man zu Hause ist.

Ab und zu muss man in die Wolkendecke des Himmels beißen

und dann scheint die Sonne.

Es sind oftmals die Gedanken die umherkreisen, die Emotionen aus Erinnerungen die einem nicht loslassen.

Das Landleben ist zwar nicht immer leicht. Es ist mit viel Arbeit verbunden, es ist zeitraubend und ofmals sieht man vieles nur aus dem Augenwinkel, die Arbeit die gemacht werden muss und das nebenher und selbstverständlich, man sieht die Abstriche die man gelegentlich machen muss und man kann nicht für die Lieben so da sein wie man möchte. Ich sehe wie das Landleben Lars fordert und denke er wird davon irgendwann müde werden, sich nach der Stadt sehnen, sich nach mehr Leichtigkeit sehnen.

Und aus dem Augenwinkel sehe ich nicht die Ernte, ich sehe nicht die Kinder die sich bei jedem in der Familie und untereinander geborgen fühlen und ich sehe Lars nicht, der alles sieht was ich nicht sehe.

Als unsere Eltern sich trennten, wollte mein Vater dass wir bei ihm bleiben und er verlangte eine Antwort von uns. Er schrie immer meine Maman an: " Du warst ja immer nur arbeiten, du warst nie richtig zu Hause mit den Kindern." Er sah nicht das Geld mit dem Maman zum Haushalt beigetragen hatte.

Lars meint, dass er das Stadtleben, die Enge und das Laute drumherum nie ausstehen konnte. Er mag es bis heute nicht allein Einkaufen zu fahren. Als Kind mussten sie sich oftmals selbst versorgen, aber er sah ein, dass seine Mam' arbeiten musste um sie zu versorgen.

Am Ende der heftigen ermüdenden Erntezeit so bedingungslos zufrieden zu sein, das kann man nicht lernen. Das ist ein Geschenk. 

Und ja, ich kann ein Stück Himmel abbeissen, damit die Sonne scheint.

Nur ein Gedanke

Ich liebe leise Menschen die sich nicht in den Mittelpunkt stellen, die sich nicht als Nabel des Universums fühlen.
Menschen die mit dem Herzen vorwärts schreiten, mit den Augen nach vorne blicken, die Abends ebenso mutig sind wie am frühen Morgen. Ich liebe Menschen die sich nicht ganz nach oben in der schönsten und filigransten Spitze verflechten, die ohne Hintergedanken sind. Die das sagen was sie denken und fühlen und Menschen die niemals aufgeben.  Heiter, diskret und gelassen sind. Menschen die meinen Weg mit einer éphémèren Herzlichkeit kreuzen und Raum für Magie um sich herum lassen.
Ich liebe leise Menschen.


Cycle: Briefe an die Liebe IX

Du bist urplötzlich in mein Leben getreten wie die Morgensonne nach dem Frühnebel an einem nassgrauen Novembertag.

Du nahmst meine Hand und öffnetest ein vergessenes Herzfenster nach dem anderen, damit die Farben meine Herzwände bemalen konnten. Das zarte Grün des Frühlings, das beruhigende Sommerabendgelb des Sommers, das sengende Rostrot des Herbstes und das stille Weiß der Winterabendstille.

In deinen Armen fühlte ich mich glücklich und geborgen. Ich lernte sogar die Welt mit deinen Augen zu sehen und deine Hände fühlten sich an wie schützende Flügel. Sie waren immer um mich herum. waren sie schon immer da, oder hast du sie besonders für mich aus Liebe gewoben, dachte ich, währen sich so bedingungslos glücklich darin lag. Sie waren wie ein Sicherheitsnetz zwischen mir und der Welt.

Tagtäglich lebte ich für dich und durch dich. Niemals aber ohne dich  nur für mich. 

Ob es meine Schuld, oder deine Schuld war, es ist ohne Bedeutung. Ich sammelte mich aus dem zerrissenen Flügelnetz und meine Sehnsucht galt nur mir selbst.

Nur die von dir geöffneten Herzfenster ließen noch Farben in meine Herzkammern herein. Das sengende Rot der Sehnsucht, das beruhigende Gelb der Träume, das zarte Grün der Hoffnung und ich schlüpfte hindurch und wartete auf dich. Ich hatte vergessen, dass du mit deinen Flügeln schon längst jemand anderen berührtest.

Haben wir zu viel voneinander erwartet? Wir haben Sehnsüchte und Träume und das tägliche Brot miteinander geteilt. Ich war dir nicht genug, ich war dir nicht viel von Bedeutung, ich war dir zu wenig Liebe, ich habe meine Wildheit nicht abgelegt für dich, ich habe immer noch ein Stück für mich gelebt. Dieses Stück wollte ich dir nicht auch noch geben.

Ich schloss die Herztür nach dir. Wie vergänglich Liebe doch ist, wenn Flügel nicht mehr umarmen.

Ich liebte urplötzlich Spaziergänge im Regen, um meine Tränen gegen ein paar erfrischende Regentränen einzutauschen. Ich weiß nicht ob es gut ist, oder sogar nützlich ist nur in einer Farbe zu träumen. 

Aber es tut mir gut auf jemanden zu warten, der seine Arme um mich legt in einer nie enden wollenden Umarmung. Wir sind keine Engel und ich brauche keine beschützende Flügel und keine Farben die nicht voller blauer Sehnsucht, herzfarbener Liebe und aufkeinmder Hoffnung sind. 

Du hast nie verstanden, dass die Sonne immer bei uns war, auch wenn der Regen über unsere blaue Liebe manchmal weinte. 

Irgendwann, sagte ich zu dir, dass ich eine andere Stimme vermissen werde, die mich fragen wird "was machst du gerade?" und nicht "was tust du ohne mich gerade?" Ich werde einen Gutenmorgenkuss und ein Gutenachtkuss von jemand anderen vermissen und ich werde mit jemand anderen lange Spaziergänge machen und die Stille um uns herum wird mir mehr sagen, als du in unzähligen beschützenden und abschirmenden Worten.

Da wir doch zu Ende sind, teilen wir uns den Rest noch auf. Etwas dir, etwas mir. es blieb nur noch die Stille zwischen uns und das Bettzeug das noch deinen Duft in sich trug. In einem Anfall von Großzügigkeit überlasse ich dir dein DU und nehme nur meine Stille und mein ICH mit. Denn damit haben wir uns beworfen wie Kinder die sich mit kaputtem Spielzeug bewerfen.

Wir waren nie eine Doppelsymphonie, denn mein B Moll passte nicht zu deinem Des Dur und wir waren nicht im Einklang.


Cycle: Briefe an die Liebe VIII

Du und ich, zwei parallele Wege und dazwischen ein Gefühlswasser, das manchmal ein Wasserfall, ein Rinnsal, ein rasender Strom mit Strommschnellen oder ein ruhiger sanfter Fluss war.

Wir gingen lange oder kurze Lebensstrecken miteinander, nebeneinander, oder jeder für sich allein, fühlten unsere Herzen im gleichen obsessiven Rhythmus schlagen.

Ich lächelte dich an und deine Finger spielten mit meinen Haaren und unsere Lippen fanden sich zum Kuss, wurden zu einem Kuss. Ich schwebte glücklich durch die Tage.

Auf deinem Weg bautest du Schlösser aus Sand für mich. Und es taten sich Wege auf  für dich, für mich. 

Kreuzungen verlangten Entscheidungen. Herzentscheidungen. Wir standen nebeneinander du und ich, gemeinsam und jeder für sich. Ich konnte noch deinen Duft  nach Erde und Frühling ahnen, aber weder du noch ich fanden Worte.

Ich schlug einen Weg ein, du einen anderen und jeder ging für sich allein. Es gab kein Zurück, weder für dich noch für mich, noch für unsere Erinnerungen.

Manchmal wenn die Traurigkeit mich umarmt möchte ich dich und mich und den Gefühlsfluss dazwischen denken, aber ich finde unsere Parallelen und den Fluss dazwischen nicht mehr.

©Émilia

Alors oui je t’aime, mais des fois ça suffit plus, le manque est plus fort que les sentiments.

Alors oui je t’aime, mais des fois ça suffit plus, le manque est plus fort que les sentiments.

Während unserer Studienzeit haben mein Bruder Fabian und ich uns einen kleinen Bekanntenkreis, überwiegend aus Studienkollegen, Dienstkollegen oder ehemaligen Schulkollegen gebildet. Anfangs trafen wir uns oft, die freien Wochenenden gehörten uns. Wir waren schon einen lustigen Haufen. Und wie es oftmals so kommt, der eine oder andere verliebte sich in jemanden außerhalb des Freundeskreises und löste sich aus dem Kreis.

Auch ich löste mich aus dem Kreis. Mein damaliger Partner wollte jede freie Minute mit mir allein verbringen. Er fühlte sich in meinem Bekanntenkreis nicht wohl, er fühlte sich nicht angenommen, sondern nur wegen mir akzeptiert.

Nach dem wir uns dann getrennt hatten und ich wieder ins Rheinland zog, traf ich mich wieder mit der alten Clique. Mittlerweile hatte sich auch mein Bruder von seiner Frau getrennt und meine Nichten lebten bei ihm.

Im Sommer trafen wir uns zum Barbecue oder zum Grillen meistens bei uns im Garten. Einige kamen mit ihren Partnerinnen und Partnern, andere allein.

Fabian stellte mich seinem befreundeten Kollegen vor. Ich wechselte ein paar Höflichkeitsworte mit ihm und widmete mich wieder meinen Gastgeberinaufgaben. 

Am Abend nachdem alle gegengen waren und Fabian und ich noch die letzten Spuren im Garten verwischten sagte er " ich habe Th.... deine Handynummer gegeben. Er wollte sich bei dir melden.

"Wozu denn?" fragte ich erstaunt und verärgert zugleich. 

"Er scheint dich zu mögen," lachte Fabian, "er hat dir die ganze Zeit hinterher gesehen. Er hat dich regelrecht angehimmelt."

"Egal. Ist mir nicht aufgefallen."  Ich beeilte mich die Spülmaschine zu füllen und die Terasse zu kehren, als mein Handy klingelte.

Th.... hier, meldete sich eine sanft klingende Männerstimme. Ich hatte keine Worte für ihn. Ich hatte nur ein paar Höflichkeitsworte, damit ich nicht stumm da stehe. Jede Faser die mich ausmachte lehnte ihn ab. Grundlos. Er war neu in der Clique und neu als Fabians Kollege.

Er war mittelgroß( nennt man einen Mann von ca180 cm so? hatte mittelblonde Haare und wunderschöne blaue Augen.  Er machte eine tolle Figur in seiner Freizeitjeans. Er machte allgemein einen gepflegten Eindruck.

Wir verabredeten uns in einem Café etwas außerhalb.

Mein Herz und auch meine Gedanken machten keine euphorischen Sprünge.

Wir trafen uns zwei Tage später am späten Nachmittag im besagten Café. Er schien die Bedienung gut zu kennen. Sie begrüßte mich wie einen Stammgast, obwohl ich noch nie im Leben in diesem Café war.

Anfangs saßen wir uns wortlos gegenüber. Ich fühlte seine Blicke auf meinem Gesicht, in meinen Augen. Sie brannten sich regelrecht ein. Wir überraschten uns gegenseitig mit unseren fragenden, neugierigen, bewundernden und lächelnden Blicken. Manchmal spricht das Herz zum Herzen, die Seele zur Seele.  Es gibt Menschen die sich in dein Herz schleichen, sich darin verstecken und bleiben. Oftmals nur für einen Augenblick, oftmals aber für immer. 

Dann redeten wir eine ganze Weile über Vieligkeiten und Nichtigkeiten, aber nicht über uns. Wir klammerten uns mit Worten aneinander wie an eine Rettungsleine. Er hatte schöne, schmale Hände und schmale Finger. 

Die Uhrzeiger drehten sich zwei Stunden und ein paar Minuten länger, als wir aufbrachen. Draußen war es schon dunkel und der Herbstwind ließ vereinzelt ein paar Herbstblätter auf uns fallen.

Eines blieb in meinen Locken hängen. Er lachte auf und entfernte das Blatt aus meinen Haaren. Seine zärtlichen Hände umrahmten mein Gesicht und unsere Lippen wurden zum Kuss, wurden zu Küssen und wir wurden zu Verliebte. Noch einen allerletzten Kuss zum Abschied als er mich bat etwas zu sagen. "Sag irgendetwas!"

"Und was bitte?" fragte ich erstaunt.

"Irgendetwas war ich mitnehmen kann, so als Wegzehrung."

Ich dachte, "bleib noch ein bisschen. Nur ein bisschen!" aber das konnte ich ihm doch nicht sagen. Er könnte mich falsch verstehen. "Dann, bis...irgendwann!`" sagte ich leise.

Er küsste mich innig, heftig, begehrend. 

Als ich losführ blickte er mir lange nach.

Er war es nicht. Er hatte diesen Faden nicht der mich an ihn binden konnte.

Er ist ein attraktiver Mann, keine Frage. Mein Herz sagte mir aber es hätte weder Sinn noch Farbe.

Ich hatte damals und heute habe ich ebenso keine paasende Antwort auf die Frage wieso?

Wir wurden weder Freunde, noch blieben wir in Kontakt.

Mein Bruder war von mir enttäuscht. Ich war nicht bereit für eine Beziehung. Er wollte mich glücklich wissen. 




Cycle: Briefe an die Liebe VII

Ich weiß. ich weiß, dass du wieder einmal eilig von ersten zur dritten und von der dritten zur siebenten oder achten Zeile springst. Ungeduldig, sprunghaft hüpfst du mit den Augen über Passagen, dein Herz sucht das Essentielle aus der Essenz, den Kern aus dem Stein, das Wesentliche. 

Worte verheddern sich in den Zeilen und Zeilen laufen ineinander. Sie laufen vor den Augen und vor dem Herzen davon.

Erinnerst du dich wie wir uns sehnsuchtsvoll und ganz außer Atem lasen? Es war als würden wir jeden Buchstaben und jedes Wort mit den Lippen hungrig verschlingen, durstig trinken und  im Schatten unserer Sehnsucht voneinander zehren?

Lesend wiegten wir gegenseitig unsere Seelen, unsere Herzen in den Worten. Und die Zeilen waren uns Wiege und Lied für unsere Sehnsüchte.

Wir ruhten mit den Augen auf unseren Worten als würden wir es liebkosen, um die Süße aus dem Augenblick zu genießen.

Das verspielte P.S. zögerten wir immer weiter hinaus, weil wir uns noch viel zu sagen hatten.

Und dann legten wir uns zur Seite und lasen uns erneut und erneut um uns ineinander neu zu verlieben, uns erneut zu lieben um uns erneut darin zu wiegen, um erneut im Schatten von uns zehren.

Mit der Zeit......es gibt keine Zeit......schieben wir es weder auf die Zeit, noch auf den Regen und schon gar nicht auf uns selbt. Und auch nicht auf die Last des Spiegels der  bei so viel Sehnsucht oder Tränen nicht beschlägt uns uns Schritt für Schritt durch unser Ich hindurch folgt uns kleinlich ansieht und jede Pore unseres müdes oder sorgloses Ichs aufzeigt. 

Manchmal entfremden wir uns für einen Augenblick, verwildern zwischen den Zeilen. Und dann, als würde unser Herzpostbote das ahnen, eilt er, beilt sich damit die Gefühle unsere Herzen erneut erreichen und Resonanz darin haben.

Un nun springe ich aus den Worten, aus den Zeilen....

bis Morgen 

vielleicht


Die Feinheiten des Ichs - verloren in der Zeit

Meine Maman übernahm die Praxis von einem Arzt für Allgemeinmedizin. Für ein 8jähriges Kind ist ein 79 jähriger Mann ja schon uralt.

Er sprach neben Französisch, ein lupenreines Hochdeutsch und sogar ein schönes Englisch. Was mir als erstes auffiel, war seine kleine wunderschöne und gleichmässige calligraphische Handschrift. Er schrieb die Substantive und Namen mit großen Anfangsminuskeln anstatt a mit a.

Er hieß Kurt und seine Frau hieß Alice. Sie zog die wirtschfaftlichen Fäden im Hintergrund und hielt ihm den Rücken frei.

Während der ganzen Übergabephase nahm mich Maman mit in die Praxis. 

Madame Alice umsorgte mich mit Süssigkeiten und Tee, während Maman mit Monsieur Kurt die Patientenakten durchsahen. An anderen Tagen saßen Madame Alice mit Maman zusammen und wühlten sich durch die Praxisunterlagen.

Und immer wieder kam ein Lob von Alice über mich. Ich freute mich wie ein Floh im Stroh und war artig im Superlativsten

Diese beiden Menschen hatten so viel Feingefühl in ihren Gesten, in ihrem ganzen Wesen und in ihrem Ich.

Es war damals Spätherbst und Madame Alice trug einen Einteiler und einen Hut aus dem gleichen Stoff wie der Einteiler. Ich bewunderte ihren Kleidungstil. Sie trug immer Rock und Jacket und Hut. 

Sie schenkten mir Duden und Sorbonne - Grammatique. medizinische Lexika und jede Menge kleine Gefäße. "Kannst das für deine Puppen haben."

Meine Puppen waren Katzen und unsere Ziegen- und Schafslämmer und unsere Hunde. Die waren lebendig und interessanter als Puppen.

Sie hatten keine eigenen Kinder und sie waren auch nicht mit Kindern gewohnt. Sie behandelten mich wie eine kleine Erwachsene. 

"Du hast doch einen Seelentraum? Aber ja, hast du einen." 

Ich sah ihn an und schämte mich dafür, dass ich ihm sprachlich nicht folgen konnte. "Was ist ein Seelentraum, bitte?

"Seelentraum ist ein Wunsch" sagte er. "Heute sagt man ja Wunsch." belehrte er mich. "Willst du Ärztin werden wie deine Maman?" fragte er.

"Tierärztin. Alle Menschen sind gleich. Die Tiere aber nicht. Da muss man mehr lernen, aber macht nichts."

"Jetzt verstehe ich, wieso du kein Lammgulasch gegessen hast. Du hast es beweint, dein Lamm."

Es dauerte fast drei Wochen bis sie sich von mir und Maman verabschiedeten und uns den Praxisschlüssel übergaben.

Maman lud sie ein paar Male zu uns auf den Hof zum Abendessen ein. Zwei Jahre später starb Madame Alice und Maman kaufte sich einen Hut, zog anstatt einen Hosenanzug ein schwarzes Kleid an, anstatt, damit sie bei der  Beerdigung nicht unweiblich auffiel.

Ein paar Monate später ging er dann auch. Maman ging zur Beerdigung und ich durfte wieder nicht mit.

"Beerdigungen sind nicht für Kinder." sagte sie.

Ich weinte um Kurt und Alice und ich wusste gar nicht ob ich deswegen weinte, weil sie nicht mehr lebten oder weil ich sie und ihr ganzes Ich vermisste.

Seelenwunsch - es kam so viel anders.

Ich wurde keine Tierärztin. Ich wurde Chirurgin, weil mich die Chirurgie mehr interessierte. Ich liebe die Tiere und die Felder, aber nur weil ich das Landleben liebe und mich nicht von Chemie ernähren will. Ich halte keine Ziegen oder Schafe, aber 4 Kühe, 5 Schweine und Hühner, Gänse, Enten und Truthähne und 3 Puten. Eher als Nahrungsquelle. Und wenn ich was weiß ich, Tag und Nacht arbeite, das gebe ich nicht auf.

Ich habe eine innige Verbindung zu meiner Familie. Einige Männer in meinem Leben wollten das nicht akzeptieren, dass sie nicht die erste und einzige Geige in meinem Leben spielen konnten. Und ich spielte nicht die einzige Geige in ihrem Leben. Ich bin teilbar durch......meine Liebe ist teilbar durch....

Für mich ist es selbstverständlich, für viele Menschen ist es das nicht. 

Dann steht man da mit einem leeren Herzen und fragt sich: kehrt man allesn den Rücken und folgt nur einem einzigen Menschen? Ich konnte das nicht. Man hat ja zuerst die Familie, dann den Partner.

Ich hatte von einem Tag auf den anderen zwei Nichten, denen ich Mutterersatz sein musste.

Liebe - so Hals über Kopf mich zu verlieben, konnte ich nicht mehr. Ich war nicht mehr so unbeschwert. 

Wenn man Verantwortung trägt, sollte man sie selbst tragen, man sollte sie niemandem aufhalsen. Etwas mitragen zu müssen, ist für ein anderer auf  Dauer eine Belastung. 

Und jemandem das ins Gesicht zu sagen "Ich möchte das nicht, weil ich denke dass du nicht dafür gewachsen bist." 

Ich erziehe meine Nichten nicht allein. Sie haben noch einen Onkel und sie haben auch einen Opa und vor Tante haben sie imensen Respekt. 

Und manchmal frage ich mich ob es überhaupt Seelenträume gibt? Ich kenne niemanden der seinem Seelentraum gefolgt ist. 

Es hat sich so ergeben ......irgendwelche Götter ziehen die Fäden und wir sind nur ihre Marionetten.

Nun ja, ich bin so wie es ist irgendwie glücklich. Im Hintergrund meiner anderen Gedanken, lauert ein einziger Gedanke: was ist, wenn mir etwas zustößt? Das ist meine Angst, das ist meine Urangst und es gibt niemanden der mir diesen Gedanken wegpusten kann.

Er ist wie ein Lied das man im Radio hört und nebenbei seine Hausarbeit macht. 








Ungeschrieben

Ich konnte nicht einschlafen. Ja nein, ich hatte Montag und Dienstag Bereitschaftsnachtdienst in der Klinik. Obwohl man tatsächlich im Ruhesalon schlafen darf, muss man prompt auf den Piep reagieren und ausgeschlafen sein und agil reagieren können. Hat man das wie ich im Hinterkopf, hat man Angst zu verschlafen und man kann man nicht einschlafen. Immerhin wecken einem die Schwestern sogar, weil sie nett sind, aber trotzdem kann ich nicht einschlafen.

Ich lag da, um die anderen nicht beim Schnarchen und Furzen und in ihrer Somniloquie zu stören. Manchmal muss ich laut lachen, weil einer einen ziehen ließ. Dann kommt aus der anderen Ecke des 4 Bett Zimmers. "Hör auf zu lachen ich will eine Mütze voll Schlaf abbekommen." So verlerne ich es allmählich über einen Furz zu lachen. 

Also lag ich da und dachte an meine angefangenen Bücher und daran wie ich da weiter komme. Ab und zu schreibe ich den einen oder anderen Gedanken auf, aber die besten Gedanken habe ich wenn ich weder Stift noch Papier oder Zeit habe ihn nieder zu schreiben. 

Ich habe Notizhefte voller Gedanken, aber bis ich die alle durchblättere und nach dem speziellen Gedanken suche, dauert es gefühlte Ewigkeiten.

"Wie wäre es wenn ich mir einen Blog zulege und einfach Gedanke für Gedanke aufschreibe, die Zettelchen endlich sortiere und ordnung ins Wortchaos bringe." dachte ich währen ich mit geschlossenen Augen da lag und hoffte nicht angepiept zu werden.

Und nun bastele ich am neuen Ideenblog.

Un livre non écrit

Das Blog ist Privat: Wer trotzdem neugierig ist, kann sich ja anmelden.


Clementinen

 Tante hat mich gebeten mit ihr noch einiges für das Einmachen zu kaufen fahren.

"Ich brauche noch Nelken und Vanille" stellte Tante fest und rannte voraus. " Die haben die ganz süßen Clementinen. Ich kaufe mir gleich zwei Netze davon, Mein Nachtessen für heute." freute sich Tante.

Clementinen......ich liebe sie .....

Mein Bruder Fabian und ich waren sechs Jahre alt und in der ersten Klasse und vier Monate darauf trennten sich unsere Eltern. Es war Anfang Oktober und es regnete seit Tagen ununterbrochen.René der fünf jahre älter war als wir und wir Zwillinge waren  sozusagen Schlüsselkinder. Meine Manam arbeitete Schichtdienst in der Klinik und mein Vater war selbstständig mit Bauarbeiten, wie Parket- und anderen Böden, Türen und Fenster einsetzen, Stuckateurarbeiten, Restaurierungen. Vermessungsingenieur hat er gelernt, aber damit meinte er kann man kein Geld machen und machte sich selbstständig.

Fabian ging es schon den ganzen Morgen nicht gut. Er war blass und fieberte. In der zweiten Schulstunde musste er sich übergeben und die Lehrerin wollte unsere Eltern anrufen. Wir wussten nicht wo wir unseren Vater erreichen konnten, denn Handys gab es damals noch keine. Es gab diesen D1 Funk, aber so einfach durften wir ihn nicht anrufen. Maman wollten wir nicht abrufen, sonst würde Vater wieder einen Wutanfall bekommen und ihr Vorwürfe machen.

Ich versprach Fabian schnell nach Hause zu bringen und Oma anzurufen. Damit gab sich die Lehrerin zufrieden. Die Mutter meines Vaters war damals alt und konnte sich nicht mehr einfach in den Bus setzen und zu uns fahren. Sie konnte nicht mehr so gut laufen. Sie ließ sich von Vater überall hinfahren. Wir riefen sie auch nicht an. Sie hätte die Lage dramatisiert und Maman wäre in ihren Augen die Schuldige, die schlechte Mutter und die unfähigste Frau der Welt gewesen. Und ihr Sohn, mein Vater, hätte einen Grund auszurasten gehabt.

Die frische Luft tat Fabian gut und er fühlte sich etwas gestärkter. Als wir zu Hause ankamen zog er sich um und legte sich ins Bett. Ich brachte seine Kleidung in den Wäschekorb. 

Er rief nach mir und weinte und erbrach sich wieder und wieder. Ich stellte den Stuhl an den Wohnzimmerschrank kletterte auf den Stuhl und griff nach dem Fieberthermometer. Stirn an Stirn starrten wir auf das Display, "Ist 38, 7 ° C hoch?" fragte ich. 

"Weiss ich nicht," weinte Fabian und klagte wegen Kopfschmerzen.

"Essigwasser!" rief ich. Ich nahm zwei Gästehandtücher aus dem Badschrank, mischte sorgfältig Apfelessig mit Wasser. Ich leerte die halbe Flasche, damit es ja schnell wirkt, tunkte die Tücher in die Essigmischung und legte einen Plastiksack auf das Bett. Ich wickelte seine Füße ein, legte noch ein Badetuch auf die Füße und dann die Bettdecke. Er zuckte nur leicht zusammen, als ich die klaten Handtüchel um seine Beine wickelte.

"Halte still!" schrie ich panisch, Ich musste ihm helfen, damit das Fieber nicht weiter steigt. "Er lag da und bewegte sich kaum."  Ich weinte vor mich hin und versuchte mich zu beruhigen, indem ich nachdachte was Fabian noch helfen könnte. Ich konnte zwar die Uhr lesen aber ich hatte das Gefühl die Zeit würde stillstehen. René würde gegen 14:00 von der Schule kommen. ich versuchte zu rechnen. Um 13:00 Unterrichtsende.....der Bus .....wann kommt der Bus.....er hat was gesagt ....20 nach.....4 Haltestellen sind es.......und dann die Straße überqueren.....aber wenn er mit Kumpel herumtrödelt?......

Noch nie im Leben hatte sich so ungeduldig sehnsüchtig auf jemanden gewartet, wie damals auf René. Ich wechselte die Wadenwickel erneut und Fabian zuckte erneut zusammen. Er döste vor sich hin, hustete manchmal heftig und ich hatte solche Angst um ihn...ich zweifelte an meiner Heilungskunst... ich habe doch den Essig ins kalte Wasser geschüttet, die Tücher eingetaucht und nur die Füße damit eingewickelt. Auf dem Fußboden bildete sich eine Lake, weil ich die Tücher nicht richtig auswringen konnte.....ich wischte das Parkett schnell trocken und stellte eine Plastikschüssel neben das Bett, damit der Boden nicht nass wird. Ich habe doch alles richtig gemacht.....oder doch nicht? Ich legte noch ein Kissen unter Fabians Kopf. Er sollte aufrecht sitzenm damit er nicht mehr so stark hustet.....

Ich rannte von einer Ecke in die andere und konnte kaum richtig atmen vor Angst um Fabian.

"Ich habe sooooo Hunger, " er war bis zu den Haarwurzeln durchgeschwitzt als er sich im Bett aufsetzte. 

Ich griff in den Obstkorb der mit Clementinen und Äpfeln befüllt war und schälte ihm eine Clemetine. Er aß als hätte er seit Tagen nichts gegessen. "Die schmeckt lecker!" stellte er schmatzend fest. Ich schälte ihm noch zwei davon. 

"Jetzt ist Schluss damit. ich mache Suppe warm."  Ich mache in der Mikrowelle Hühnereintopf warm, den Maman für uns einen Tag zuvor zubereitet hatte. 

Als Réne nach Hause kam, war das Schlimmste schon überstanden. "Fabian löffelte die Suppentasse leer und ich staunte über seinen Riesenhunger. Ihm muss es ja gut gehen.......Ich kann ihm helfen.....ich bin schon groß.

Damals wussten wir "es waren die Clementinen, die ihn gesund gemacht haben" René lobte mich " du hast das sooo toll gememacht" das war mir so wichtig, weil ich René damals vergötterte. 

"Ich bin so stolz auf meine kleine Puppe!" freute sich mein Vater, dass er vergaß Maman für die Götter und die Welt zu beschuldigen.

Eine Bronchitis und eine Amigdalitis heilte Maman viel besser als ich. Und ich beneidete Fabian um die Genesungsferien. Kaltes Wasser und Eis bescherten mir kein Fieber und keine halsschmerzen und ich trottete jeden Tag zur Schule.

Die kindliche Hoffnung ist noch nicht mit dem Wissen oder Nichtwissen eines Erwachsenen überschattet. Diese pure innocente Hoffnung ist hilfreicher als die erwachsene Hoffnung die man aufgibt weil man meint zu wissen sie wäre sinnlos.

Clementinen .....sie heilen nicht das Vermissen. Sie heilen den Vermissenschmerz. 

Ich kaufte Clementinen für die Obstkörbe und für mein Herz.

Und  nun ja,

was würde ich tun, hätte der Himmel tatsächlich Besuchszeiten? Würde ich tatsächlich für eine Stunde oder zwei da hochklettern, ich stelle mir eine Leiter vor die die Götter oder wer auch immer herunterlässt, damit ich der Reihe nach alle besuche, ihnen von mir und meinem Leben erzähle, sie um Rat frage, oder einfach  nur rede bis die Besuchszeit zu Ende ist.

Die Endlichkeit des Lebens zeigt sich nach diesem Augenblick und ich höre diese Lied noch einmal, um noch einmal zu Träumen.





Nostalgie.

Den Wochenendeinkauf erledige ich am liebsten nach dem Dienst entweder zusammen mit Lars oder am liebsten allein. Ich bummele nicht gerne. Ich weiß auch ohne lange Einkaufszettel oder Handyliste. 
Am Freitag hatte ich einen Termin beim Ophtalmologe. Wegen den pupillenerweiternden Augentropfen für die Opftalmoskopie, hat mich Lars begleitet.
Die Terminvergabe ist hierzulande bei den meisten Fachärzten sehr gut geregelt um Wartezeiten zu vermeiden. Davon träumen wir Durchgangs- und Unfallärzte nur. Tage, an denen die Wartezimmer nicht voll sind(seit Corona dürfen sie nicht voll sein, dafür gibt es Bänke im Hof) sind bei uns selten.

Die Assistentin kam gleich mit den Tropfen angerannt, kaum haben wir uns hingesetzt. Nachdem der Arzt festgestellt hatte, dass sich meine Sehstärke sich minimal verändert hat, schrieb er mir das Rezept für die Brille auf. 
"Lass uns zum Optiker gehen damit," sagte ich zu Lars. Brillengestelle auszusuchen ist auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Es ist genau so blöd wie in der Drogerie das Aufsprühen von Parfüms. Eindrücke vermischen sich und man hat keine klare Vorstellung mehr. 
Die Optikerin war mir behilflich, als ich ratlos da stand und zwei überdimensionale Brillen wie Bullaugen an der Waschmaschine in der Hand hielt und meinte ich hätte ein kleines symetrisches Gesicht. Zu meinem kleinen Gesicht passen große runde Brillen mit einem markanten Gestell nicht. Ich liebe große runde Brillen. 
Ich und Symetrie....immerhin ein Mensch der sagt ich hätte keinen sturen Dickschädel. 
Ich sollte eine Brille mit einem helleren Gestell nehmen wegen den Kontrasten zur Augenfarbe und Haarfarbe. Dunkle Gestelle machen dunkle Augen hart. 
Meine erste Brille war wasserfarbenblau, erinnerte ich mich. Ich fragte nach blauen Gestellen.
Sie lächelte dezent( die hielt mich bestimmt für ein unmoderner Freak) und zeigte mir ein milchkaffeefarbenes und ein altrosatransparenfarbenes Brillengestell. Beide waren farblich nur leicht angehaucht. Ich entschied mich gemeinsam mit Lars für das milchkaffeefarbene. Bis Mittwoch könnte ich die Brille dann abolen, meinte die Optikerin. 
"Nur raus hier!" dachte ich. 
"Wir könnten noch einkaufen fahren," meinte Lars. Super Idee dachte ich. Ich muss am Samstag nicht mehr rausfahren.
Pustekuchen! Aber seine Idee war gut. Als wir das Einkaufszentrum betraten, tränten meine Augen und ich sah alles verschwommen und überdimensional. Ich rannte mit gereizten Augen. 
Wir kauften nur ein paar Sachen die Lars gerne haben wollte und fuhren nach Hause.
Er wollte mich noch zu einem Milchshake einladen, aber ich habe keine Lust mich irgendwohin mit Maske zu setzen  trotz vollständigem Impfstatus. Wir tragen umgerechnet bis 10 h am Tag ununterbrochen Maske. Privat brauche ich das nicht auch noch.  Ich kann zu Hause auch Milchshakes zubereiten. Und außerdem wollte ich mich nicht mit tränenden Augen  exponieren.

Am Samstag fuhren wir dann noch einmal in die Stadt. Da seine Mama noch dabei war und sie gerne in Café's geht, weil ihr hier die Lesecafé's sehr gut gefallen, gingen wir in ein Café. Es war richtig wunderschön da zu sitzen und miteinander zu reden und genießen. So richtig nostalgisch. Für ca zwei Stunden nur Nostalgiker zu sein......davon zehrt man eine Weile. Mit Mam' wie Lars sie nennt kann man gute Gespräche führen. Sie ist ein ruhiger Mensch wie ihr Sohn. Und sie hat das gleiche Lächeln wie er. 
"Baut ihr nächstes Jahr an?" fragte Mam' und ich verschluckte mich fast am Milchshake. 
"Ich weiß nicht ob wir uns das noch einmal antun. Ich bin noch vom Umbau müde. Die Zeit als ich Zoé im Tragetuch um meinen Körper geschlungen habe und in der Handwerkerlatzhose die Pá uns hingelegt hat, die ich bis zu den Knien umschlagen musste um laufen zu können. Und wie ich mit dem elektischen Meißel die Fliesen zusammen mit René entfernt habe. Am nächsten Tag die Umbauarbeiten in der Praxis koordinieren musste, dann wieder auf die Baustelle im Bad und Küche. Noch einmal das ganze Chaos?" sagte ich. 

Manchmal habe ich das Gefühl dass mein ganzes Ich wie ein Vulkangestein ist. Eine ganz dünne fragile Schicht und darunter flüssige Lava. Mein Temperament könnte jeden Moment aufbrechen, eruptieren und ich bin Feuer und Flamme in Taten und Worten. Ich würde heute damit anfangen zu buddeln zu bauen und zu finisieren, aber gleichzeitig würden alle um mich herum mit mir durch meine Launen- Hölle wandern.

Lars erzählte ihr wie wir durch das Chaos gewatet sind. Und als er erzählte wie viel Angst wir wegen Nils und Corona durchgestanden hatten. 
"Das habt ihr jetzt nicht mehr, ich pass auf die Kinder auf. Ihr müsst sie nicht mit auf die Baustelle nehmen." versuchte sie uns zu trösten.
Die Zeit rennt uns davon, denn die Genehmigung ist nur noch bis '22 gültig. Diese zu verlängern kostet gut Geld.Wir sollten, wir müssen  uns dringend entschieden und vielleicht nach der Maisernte mit dem Bauen beginnen.


Il est dans ma vie des moments où je voudrais que l'on m'accorde une pause. Un moment de repis, de retouvaille avec moi même pour que je puisse faire le point de ce qui se passe dans cette vie, voir les choses avec plus de discernement et de recul. Me reposer de tout ce brouhaha extérieur. Un moment pendant lequel je pourrais évacuer tous les mauvais sentiments que je ressens sans que mes humeurs ne fassent du mal à mes proches.




Mode - sonst nichts

Bei Pá entdeckte ich gestern Nachmittag  ein Photo von mir und Fabian. Wir waren da mit der Schulklasse auf einem Ausflug. Ich stand in der vorderen Reihe, weil ich kleiner war als fast alle anderen, Nur zwei Mädchen hatten die gleiche Größe wie ich. Meine Strubbelhaare hatte ich zu einem Zopf geflochten der meine linke Schulter zierte. Das war in 2000, da war ich knapp 17 Jahre alt. Ich trug einen Jeansrock mit Knöpfen und eine karierte Hemdbluse. Das war damals sehr in vogue.  Und damals passte ich mich noch an. Den einen oder anderen Mist machte ich mit, um nicht aus der Reihe zu tanzen. An den Füßen trug ich klobige Sneaker. Schwarze Buffalo Plateau Sneaker waren damals der Hit. Es waren eher geschlossene Schule als Sneaker.  Meine Götter was für massive Klumpen für meine kleinen Füßchen....Größe 36 - 37 je nach Schuhschnitt. Immerhin sahen meine Füße richtig riesig darin aus. Wie ein Stiel in einem Apfel. Ich lächelte verschmitzt  und verträumt vor mich hin. Von wegen in die Kamera, sondern irgendwohin zu Seite. Was oder wen ich da anlächelte, weiß ich heute doch nicht mehr. Ich kann mich namentlich gar nicht mehr an alle Klassenkollegen erinnern. Einige von uns gingen auf die Oberstufe, andere wechselten sogar auf andere Schulen. Es war eine sehr schöne Zeit. Einige waren verliebt, ich "baute noch Schlösser und Burgen im Sand". Ja nein, ich hatte noch keine Augen und Sinne für Jungs. Und sie nicht für mich. Sie wollten ältere, körperlich reifere, weiblichere Mädels aus der Oberstufe. Ich war ihre Kumpelin, Freundin, Kameradin und keine Liebhaberin auf sexueller Art. Nur die gaben sich nicht mit ihnen ab und sahen sich nach Männern  die über 20 um.  

Maman schenkte mir die Buffalo's da ich sie unbedingt haben wollte."Damit kannst du gar nicht richtig gehen, die sind viel zu schwer für deine Füße." Sie warnte mich immer vor unmöglichem Schuhwerk die orthopädisch Einfluss nehmen könne. Hohe Absätze deformieren die Füße, verstellen die Wirbelsäule. Sie war für bequeme Schuhe mit weichen Sohlen. Man sollte damit rennen können, sich damit wie barfuß fühlen. Aber meine Ohren waren für alle Ratschläge von Erwachsenen taub. 

Tatsächlich hatte sie mit den Buffalo's Recht. Sie waren wirklich nicht bequem. Sie sahen aus wie schwarze Hufen. Und zu Kleidern passten sie gar nicht. Ich trug sie eine Weile noch zu Jeans, weil Maman meinte ich hätte sie mir so sehr gewünscht  und dann stellte ich sie in den Schuhschrank und trug sie nie wieder. 

Heute achte ich nicht auf die aktuellste Mode. Ich trage das was mir gefällt und was sich bequem anfühlt. Ich muss mich darin bewegen können, damit rennen können. Ich möchte mir keine Gedanken machen ob die Bluse zu unbestimmter Zeit an bestimmten Orten Einblicke gewährt. 

Es gab eine Zeit, da habe ich meine Haare geglättet, weil glattes Haar angesagt ist. Nur hilft das Glätten herzlich wenig wenn es regnet. Krauses Haar wird bei hoher Luftfeuchtigkeit noch strubbeliger. Heute sind meine Haare nicht mehr ganz so strubbelig und mit ein paar richtigen Griffe habe ich sie gebändigt ohne sie gerade zupfen zu müssen. 

Mode ist sehr individuell. Und sie ist Handarbeit. Alles andere ist Verkleidung.

Gestickte Blusen und Kleider und Spitze ist wieder in, ich liebe sie. 

Oma hatte selbstgestrickte Balerinas. Regelmäßig strickte sie sich welche und brachte sie zum Schuster um sie besohlen zu lassen. Als Kind bin immer wieder reingeschlüpft. 

Die sind heute fast ein Muss. Nur ich kann sie nicht stricken. 






Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen.

 Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen.

Mit der Zeit verändert sich einiges oder vieles. Nicht alles, aber vieles.

"Erzähle mir bitte alles. Ich bin neugierig." sagte Pá an meinem Ohr, als er mich sehr herzlich begrüßte. "Ich freue mich, dass ihr wieder da seid."

"Pá, das war eine ganz normale Fortbildung." lachte ich. "Die gesamte Fortbildung verbrachten wir in OP's und eigneten und wir stellten untereinander neue OP-Methoden vor. Es waren einige Vertreter dabei die uns ihre neuen Technologieen vorstellten, neue Materialien, neue Software."

"Ich bin noch nicht ganz verblödet, Mädchen. Du kannst mit mir im Fachjargon sprechen. " er wirkte etwas enttäuscht. Ich erzählte ihm ausführlich über jeden Fortbildungstag und der Lehrer in ihm hörte aufmerksam zu. Ich fühlte mich wie ein kleines Mädchen, als ich ihm über meinen Alltag in der Schule berichtete. Damals hörte er ebenso ganz genau zu. 

"Weisst du was Pá?" sagte ich schnell. "Solche Gespräche vermisse ich. Ich vermisse es, mit dir zusammenzusitzen und über unsere Erlebnisse zu reden. Du hast dich in letzter Zeit von uns abgewendet." Tränen fielen wie ein Wasserfall über meine Wangen. Meine Stimmbänder waren tränengetränkt.

"Es tut mir so leid, dass du so empfunden hast," sagte er gerührt. Pá weinte noch nie vor uns. Er unterdrückte sein Weinen, aber man merkte es in  seiner Stimme.

"Weisst du, es ist so: ich vermisse immer noch deine Maman. Jetzt sage nicht, dass es lange her sei und man sollte loslassen können. Ich habe den Eindruck, dass Frauen Verlust besser ertragen können als wir Männer. Männer haben davon keine Ahnung. Für uns Männer ist der Verlust eine Niederlage. Ich hätte gerne mehr für sie getan, wenn ich gewusst hätte wie.  Verlieren macht wütend. Als Mann fühlt man sich wie in der Wildnis. Man muss beobachten und beschützen. Und ich konnte das nicht."

"Doch das konntest du immer und du tust es heute noch bei den Mädels und sogar bei Nils. Und bei mir immer noch. Was ist genau los? Wieso hast du dein Geflügel aufgegeben? Dein Obst? Wieso verbringst du deine Freizeit in der Stadt? Nur damit du weißt: ich brauche dich nicht als Babysitter oder dass du mir im Garten hilfst. Ich vermisse dich als mein Vater, die Kinder vermissen dich als Opa. "  Ich kann ihn nicht verstehen, wenn er nicht darüber spricht.

"Ich fühlte mich allein. Du weißt, als Mann fühlte ich mich einsam. Und ich lernte jemanden kennen." er sprach leise, als wollte er es vermeiden mir weh zu tun. Aber ich freue mich sehr für ihn, dass er wieder lebt. Dass es sich wieder lebendig fühlt.

"Bring sie doch mal mit, dass wir sie kennen lernen," sagte ich. 

"Wir haben uns getrennt." stellte er klar. " Vielleicht bin ich zu alt für solche Veränderungen, für ein neues Leben. Es stellt das was ich bis anhin hatte auf den Kopf, es verdrängt es, löscht es aus. Und sie ist ganz anders als Amalie es war. Sie ist bestimmender, dominant und schnell beleidigt. Sie nannte mich ein "Dickkopf" ein "verschlafener Parasit" der sich bei ihr nur eingenistet hat um Sex zu haben. Dann war es für mich höchste Zeit zu gehen. Man sollte  mich nicht als Parasit empfinden."

"Weißt du Pá? Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen. Und sie hat es gefühlt, dass du sie nicht zulässt. Und es gibt für einen Menschen nichts schokierenderes als die Erkenntnis, dass man im Schatten eines anderen steht und von einem erwartet wird so zu werden wie es erwünscht wird." 

"Es gibt ihr noch lange nicht das Recht mich Parasit zu nennen!" rief er aus. Er wurde wütend.

"Ja, nein! Aber sie ist verletzt. Ich würde auch gehen. Ich würde davonrennen ohne nur ein Wort zu sagen. Ich hätte kein einziges Wort darüber verlieren wollen für etwas was keinen nährhaften Boden haben kann, weil jemand noch in seiner Vergangenheit gefangen ist. Sie erfühlte es und forderte von dir Klartext. Die meisten Frauen aber gehen ohne ein Wort und ihre Liebe bleibt trotzdem lange noch."

"Ich wusste doch nicht, dass ich noch sehr stark an deiner Maman hänge." seine Stimme ist gefasst, aber sehr traurig im Unterton. Und leicht aggressiv. Eher genervt. Ich merkte, dass er ungern darüber spricht.

"Ich bin wieder da. Ich bin zurück. Diese Erfahrung musste ich machen. Man muss nicht jemanden lieben um Sex zu haben." sagt er leise.

"Pá, nicht dass du das Gefühl hast, es würde mich verletzen. Ich fühle mich nicht mehr wie ein Trennungskind. ich stehe dir nicht im Weg und René bestimmt auch nicht. Also wenn du jemanden kennenlernst, lass es zu, was immer daraus werden kann." 

Wir saßen noch eine Weile zusammen, Seine Nähe tut mir gut und er fühlt sich sehr wohl bei mir.

"Hast du gesehen, Nils hat in der Zeit wo ihr in Strassbourg wart, einen neuen Zahn bekommen?" er lachte.

"Aber ja, er hat mich damit schon gebissen." Nils Zahnleiste ist wie ein Frühlingsfeld. Die Milchzähnchen(Mäusezähnchen, weil sie nach dem Zahnfleischdurchbruch so zackig sind) durchbrechen das Zahnfleisch. Es ist schmerzhaft. Die meisten Kinder kauen auf allem herum und beißen.