Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen.

 Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen.

Mit der Zeit verändert sich einiges oder vieles. Nicht alles, aber vieles.

"Erzähle mir bitte alles. Ich bin neugierig." sagte Pá an meinem Ohr, als er mich sehr herzlich begrüßte. "Ich freue mich, dass ihr wieder da seid."

"Pá, das war eine ganz normale Fortbildung." lachte ich. "Die gesamte Fortbildung verbrachten wir in OP's und eigneten und wir stellten untereinander neue OP-Methoden vor. Es waren einige Vertreter dabei die uns ihre neuen Technologieen vorstellten, neue Materialien, neue Software."

"Ich bin noch nicht ganz verblödet, Mädchen. Du kannst mit mir im Fachjargon sprechen. " er wirkte etwas enttäuscht. Ich erzählte ihm ausführlich über jeden Fortbildungstag und der Lehrer in ihm hörte aufmerksam zu. Ich fühlte mich wie ein kleines Mädchen, als ich ihm über meinen Alltag in der Schule berichtete. Damals hörte er ebenso ganz genau zu. 

"Weisst du was Pá?" sagte ich schnell. "Solche Gespräche vermisse ich. Ich vermisse es, mit dir zusammenzusitzen und über unsere Erlebnisse zu reden. Du hast dich in letzter Zeit von uns abgewendet." Tränen fielen wie ein Wasserfall über meine Wangen. Meine Stimmbänder waren tränengetränkt.

"Es tut mir so leid, dass du so empfunden hast," sagte er gerührt. Pá weinte noch nie vor uns. Er unterdrückte sein Weinen, aber man merkte es in  seiner Stimme.

"Weisst du, es ist so: ich vermisse immer noch deine Maman. Jetzt sage nicht, dass es lange her sei und man sollte loslassen können. Ich habe den Eindruck, dass Frauen Verlust besser ertragen können als wir Männer. Männer haben davon keine Ahnung. Für uns Männer ist der Verlust eine Niederlage. Ich hätte gerne mehr für sie getan, wenn ich gewusst hätte wie.  Verlieren macht wütend. Als Mann fühlt man sich wie in der Wildnis. Man muss beobachten und beschützen. Und ich konnte das nicht."

"Doch das konntest du immer und du tust es heute noch bei den Mädels und sogar bei Nils. Und bei mir immer noch. Was ist genau los? Wieso hast du dein Geflügel aufgegeben? Dein Obst? Wieso verbringst du deine Freizeit in der Stadt? Nur damit du weißt: ich brauche dich nicht als Babysitter oder dass du mir im Garten hilfst. Ich vermisse dich als mein Vater, die Kinder vermissen dich als Opa. "  Ich kann ihn nicht verstehen, wenn er nicht darüber spricht.

"Ich fühlte mich allein. Du weißt, als Mann fühlte ich mich einsam. Und ich lernte jemanden kennen." er sprach leise, als wollte er es vermeiden mir weh zu tun. Aber ich freue mich sehr für ihn, dass er wieder lebt. Dass es sich wieder lebendig fühlt.

"Bring sie doch mal mit, dass wir sie kennen lernen," sagte ich. 

"Wir haben uns getrennt." stellte er klar. " Vielleicht bin ich zu alt für solche Veränderungen, für ein neues Leben. Es stellt das was ich bis anhin hatte auf den Kopf, es verdrängt es, löscht es aus. Und sie ist ganz anders als Amalie es war. Sie ist bestimmender, dominant und schnell beleidigt. Sie nannte mich ein "Dickkopf" ein "verschlafener Parasit" der sich bei ihr nur eingenistet hat um Sex zu haben. Dann war es für mich höchste Zeit zu gehen. Man sollte  mich nicht als Parasit empfinden."

"Weißt du Pá? Wenn eine Geschichte zu Ende ist, beginnt irgendwann eine neue. Man sollte sie zulassen. Und sie hat es gefühlt, dass du sie nicht zulässt. Und es gibt für einen Menschen nichts schokierenderes als die Erkenntnis, dass man im Schatten eines anderen steht und von einem erwartet wird so zu werden wie es erwünscht wird." 

"Es gibt ihr noch lange nicht das Recht mich Parasit zu nennen!" rief er aus. Er wurde wütend.

"Ja, nein! Aber sie ist verletzt. Ich würde auch gehen. Ich würde davonrennen ohne nur ein Wort zu sagen. Ich hätte kein einziges Wort darüber verlieren wollen für etwas was keinen nährhaften Boden haben kann, weil jemand noch in seiner Vergangenheit gefangen ist. Sie erfühlte es und forderte von dir Klartext. Die meisten Frauen aber gehen ohne ein Wort und ihre Liebe bleibt trotzdem lange noch."

"Ich wusste doch nicht, dass ich noch sehr stark an deiner Maman hänge." seine Stimme ist gefasst, aber sehr traurig im Unterton. Und leicht aggressiv. Eher genervt. Ich merkte, dass er ungern darüber spricht.

"Ich bin wieder da. Ich bin zurück. Diese Erfahrung musste ich machen. Man muss nicht jemanden lieben um Sex zu haben." sagt er leise.

"Pá, nicht dass du das Gefühl hast, es würde mich verletzen. Ich fühle mich nicht mehr wie ein Trennungskind. ich stehe dir nicht im Weg und René bestimmt auch nicht. Also wenn du jemanden kennenlernst, lass es zu, was immer daraus werden kann." 

Wir saßen noch eine Weile zusammen, Seine Nähe tut mir gut und er fühlt sich sehr wohl bei mir.

"Hast du gesehen, Nils hat in der Zeit wo ihr in Strassbourg wart, einen neuen Zahn bekommen?" er lachte.

"Aber ja, er hat mich damit schon gebissen." Nils Zahnleiste ist wie ein Frühlingsfeld. Die Milchzähnchen(Mäusezähnchen, weil sie nach dem Zahnfleischdurchbruch so zackig sind) durchbrechen das Zahnfleisch. Es ist schmerzhaft. Die meisten Kinder kauen auf allem herum und beißen.





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