Wie schön sich im Augenblick ein Herzgedanke anfühlt. So hauchzart wie feinste Seide, so herzsamtig weich. 

Ein besonderes Lied

 

Heute sah ih eine Notiz auf meiner Schlüsselablage. Ich mache mir oft irgendwelche Notizen die ich da ablege, weil ich sie da "im Blick" habe. Anscheinend nicht immer.

Manchmal habe ich zig Notizzettelchen darin abgelegt und erst wenn ich Zeit habe sortiere ich sie. ich notiere mir oft irgendwelche Songstitel, die ich noch einmal oder vielleicht oft hören möchte.

Der lag wer weiß wie lange unter den anderen Notizen.

"Was ist damit?" fragte Noelle, für die meine kreative Katzenschrift noch immer teilweise unerleslich ist.

"Oh, habe das Lied im Radio gehört und habe es notiert, um es noch einmal zu hören."

Wann ich das notiert habe, habe ich mir nicht gemerkt. Irgendwann einmal um 08:25


Man kann es tanzen. So richtig abtanzen.....

Eine Liebe ist wie ein Schiff.


"Eine Liebe ist wie ein Schiff." sagte die Meerjungfrau zu dem Fremden, der nach der großen Liebe suchte. "Eine Liebe ist nicht nur erfrischend wie ein Sonnenaufgang oder voller Farben ein wie schöner Sonnenuntergang am Meer mit fliegenden Möwen, wunderschönen Schwänen Sternschnuppen und Wünschen. Wenn du nur das über die Liebe denkst, wird sie nur ein Traum bleiben.
Manchmal gerät das Schiff mitten in einem Sturm. Manchmal gerät es in unruhige Gewässer. Manchmal trifft es auf Gletscher oder Sandbänken. Manche Liebende werden seekrank. Nur damit du es weißt."
Der Fremde lachte, aber sie fühlte seine Enttäuschung in seinem Lachen, in seinen Worten. 

Viele verlieben sich in die Musik der Meerjungfrauen, weil sie manchmal ihre Tränen trocknen oder sie packen ihre Träume und führen sie zum Leuchtturm führen, der seinen Weg erhellt und zeigt, dass Liebe mehr ist als ein Traum, oder Wunsch.

"Ein Schiff muss gehegt und gepflegt werden. Manchmal, bevor ein Problem schlimmer wird, entscheidet die Crew, dass es am besten ist, wenn das Schiff in einen sicheren Hafen zieht. Nachdem das Schiff repariert wurde, setzen die beiden ihre Reise auf See fort. Eine Liebe überlässt sich nicht selbst dem Schicksal. Sie hält an der gemeinsam Richtung fest. Manchmal sind die Karten, die wir haben, nicht genug. Wir müssen andere erschaffen und uns sie anpassen."

"Liebe ist mehr!" widersprach ihr der Fremde. "Man muss sie gemeinsam leben wollen.

"Soll ich jetzt meine Schwimmflügel ablegen und mit dir auf dem Sand tanzen? Ich würde neben dir austrocknenm würde ich mein Ich an dich mit jeder Schuppe verschenken." sagte sie und schwam weg.
"Das ist Liebe, sich für jemanden verändern zu wollen." 
"Liebe ist, jemanden so zu lieben wie er ist. Mit Schuppen und Flossen, mit Flügeln oder mit Händen und Füßen." schrei sie zurück.
"Das ist keine Liebe, das ist Egoismus!"
"Ja nein, Liebe ist immer noch ein Schiff. Und wenn nur einer in der Crew bestimmt, kentert es irgendwann."


Dans ce monde qui se dessèche, si nous ne voulons pas mourir de soif, il nous faudra devenir Sources. Et aimer, aimer exagérément, c'est la seule bonne mesure.

Was soll ich schreiben?

Zu meinen Füßen liegen die Gedanken in Wellen
wie die Gezeiten im Meer.
Was soll ich über mich schreiben?
Über das Gestern, das Heute? 
Das Gestern - hat sich schon in Erinnerungen gehüllt,
oder in Nebelwänden versteckt 
und zeigt sich manchmal augenblicksweise,
oder aber es ist schon längst in Vergessenheit geraten.
Soll ich über meine Farben schreiben? 
Ich bin voller Nuancen von Pastell bis Intensiv
Alles was ich fühle und denke hat seine Farben
Manchmal trage ich an kalten Abenden einen geblümten Schal
und an warmen Tagen feine weiße Spitze.

Ich war ein lang gehegter Traum.
Soll ich diesen Traum in eine Poésie schreiben?
Soll ich mich singen? 
Mich in Verse und Strofen und Fragmente zersplittern?

Soll ich mich in ein Lied schreiben? 
In Noten?
Ich habe viele Notenschlüssel und Noten schon verloren
Ich würde mich in  Erinnerungs-Akkorden verlieren.
Ich kann weder Troubadur noch Muse sein.
Selbst in gewählten Rhythmen, kann ich mich nicht singen.

Und dann... was soll ich schreiben?
Heute schreibe ich mich
mit all meinen Unstimmigkeiten.
Die Spitze eines Gedanken
formt Salzworte in einer Träne
und mein Herzmeer ist stürmisch und wild und salzig
Ich höre gerne meine Musik,
aber manchmal möchte ich nur ein Lied hören
dass mich nicht an meine Farben, an meinen Träume an meine Gedanken erinnert
und erst recht nicht an Liebe.
Doch heute möchte ein Gedanke sein,
aber einen mit einer Calligraphiefeder an der Spitze
der Worte nur mit viel Liebe darin schreibt,
oder ein Lied aus Herznoten und Hoffnungsnoten.
Abwechselnd leise, fast flüsternd, dann laut wie ein starker Herzschlag
von Leben und Liebe erzählt Augenblick für Augenblick.


Sommer

 


Die Tage werden fühlbar und sichtbar immer größer.  DerTag  beginnt die Abende zu verschlingen. Sommerduft, sengende Hitze, Sommerfarben, Obst- und Gemüsefarben.

Es ist übersonnig, heiß, und es riecht nach Sommerlindenblütenparfüm. Atemberaubend schwer erdrückend.

Kirschen und Aprikosen  und jede Menge Beeren, werden diese letzten Junitage geerntet und ich helfe so gut ich kann mit. Aber ja, kann ich immer noch gut auf Bäume klettern und die Äste ganz oben erreichen. 

Ich liebe diesen Sommerabschnitt, wäre es heute nicht so heiß. In der brütenden Sonne schlägt mein Herz schneller als sonst. Ich muss schneller atmen, viel Mineralwasser trinken, sonst bekomme ich Kopfschmerzen. Meine Tante hat jede Menge Gläser vorbereitet um die Obsternte einzumachen. Wir müssen etwas schneller arbeiten, sonst platzen die Kirschen und die Aprikosen auf und die Beeren fallen von den Sträuchern.

Stachelbeeren zu pflücken ist eine Kunst. Sonst hat man zerkratzte Hände und Arme. Zoé sieht aus, als hätte sie in Obstmus bebadet. Süß und verklebt und sandig. Es macht ihr Spaß mitzuhelfen und ich lasse sie ausgelassen und fröhlich sein.

Die Sommerküche ist Tante's Labor und sie lässt uns nicht über die Schwelle treten, um ihre Einmachkunst nicht zu gefährden.

"Dusch dich und hilf mir hier weiter, damit das hier noch heute unter die Tücher kommt." kommandierte sie. "Aber zuerst schön sauber duschen! ich will keinen Dreck in meinem Eingemachten."

Ich rannte artig und amusiert unter die Dusche und bevor ich über die Küchenschwelle treten konnte, hängte Tante mir eine Gummischürze um und bat mich in Gummistiefel zu schlüpfen.

"Tante ich habe doch nichts Ansteckendes. Du übertreibst es!" beschwerte ich mich lachend.

"Wenn ein Tropfen heiße Marmelade zwischen deine Zähen fällt, hast du eine Verbrennung und kannst in keinen Schuh schlüpfen. Höre uf mich!" sagte Tante forsch.

Sie hatte vollkommen Recht. Die Konfitüre warf irgendwann Blasen und spritzte aus dem Topf an die Fliesen und ab und zu auf die Küchenfliesen. Und ihch rührte kräftig im Marmeladentopf und ab und an schielte ich auf die Wanduhr, denn meine Arme schmerzen schon.

Kurz nach 20:00 Uhr waren wir mit dem Einkochen fertig.


Trotz der ganzen Farben, fühle ich mich "sommermüde". Damit meine ich, dass ich ständig müde und schläfrig bin. Und ich schäme mich nicht, es zuzugeben. Ich schlafe den "Mamischlaf". Das ist in der Natur der Mütter mit kleinen Kindern naturbedingt,  ein oberflächlicher Schlaf. Nils muss nur andeuten, dass er weinen wird und ich bin hellwach.
In letzter Zeit, weint er nur noch ganz selten. Er kann laufen. Ja nein, er läuft nicht er rennt gerade aus wie eine aufgezogene Puppe. Und er zieht an Vorhängen, an Tischtüchern, die Mädels an den Haaren, wenn es heisst, sich festzuhalten, damit er nicht auf den gepamperten Hintern fällt. Und nachts steht er in seinem Kinderbettchen und versucht auf sich aufmerksam zu machen indem er spricht. Er spricht ca 20 Wörter und weiß was er sagen will damit.
L'eau hört sich bei ihm an wie Oh, Oh, und damit will er sagen dass er durstig ist. Und von wegen trinkt er aus seiner Nuckelflasche, sondern aus einem Kinderbecher. Es hört sich so lustig an wenn er dann trinkt und schmatzt und ich die es gar nicht ausstehen kann wenn jemand schmatzt oder schlürft, ihn könnte ich endlos knutschen und drücken für dieses Geräusch.
"Fini" und ich versuche ihn auf den Topf zu bekommen. Es dauert bestimmt nicht lange und ich kriege ihn pampersfrei.
In der Hitze das ganze Gepäck am Hintern ist nicht angenehm. Zoé war auch schnell sauber.
Wir haben uns Lufterfrischer gekauft. Ventilatoren verursachen Conjunktivitis, Otitis und sogar Erkältungen bei Kleinkindern.
Die Geräte sind zwar nicht laut, aber sie brummen monoton vor sich hin und ich brauche länger um einzuschlafen. Zoé  braucht lange, aber nur weil sie den Farbwechsel beobachtet und weiß welche Farbe als nächstes kommt. Und bei Limonengrün jauchst sie auf.
Limonenneongrün scheint ihre Lieblingsfarbe zu werden.

Am Abend musste ich sämtliche Praxismaterialbestellungen erledigen, Überweisungen tätigen.

Lars hat ab 18 Uhr Bereitschaftsdienst in der Klinik. Ich vermisse das. Mit Elternzeit wird es nichts mehr werden.  Oma Elke, Papá und  Tante springen ein.  Sie helfen mir viel, aber ich bin gerne Mami und sie sollten fröhliche und liebevolle Großeltern bleiben und nicht erschöpft sein von den kleinen Kindern.

Ich wäre jetzt am liebsten draußen auf dem Feld und im Garten, anstatt hier, bei aller Liebe. Der große Traum alles allein machen zu können hatte ich nie. Ich kenne das Landleben und es ist nur bedingt romantisch. Ich hätte gerne mehr handwerkliche Kenntnisse. Manches kann ich nicht ohne René. Er ist Handwerker und meistens rufe ich ihn um Hilfe, erst wenn  es gar nicht mehr voran geht. Zuerst muss ich mir einen seiner Vorträge anhören, dass ich eigensinnig wäre, dass ich wem auch immer, immer etwas beweisen muss usw. Dann packt er an, als würde die Welt ihm gehören und er müsste sie neu gestalten. Das ist eine Metapher. 

Lars kennt das Landleben im vollen Ausmaß noch nicht, aber ist voll und ganz in seinem Papaelement. Er lässt sich aber gerne erklären wie Gartenarbeit funktioniert. Er hilft dann auch gerne mit. 
Bei aller Arbeit, bei all dem Chaos, können wir uns auch entspannen, Dank ihm.










Ich liebe dich auf meine Art

 Er machte ihr Liebeserklärungen und seineWorte malten ihre Zukunft in warmen Farben. Doch sie wollte nur, dass er im gegenwärtigen Augenblick hier bei ihr sein sollte. Das wilde Kind in ihr, wenn es über Liebe sprach,  sprach durch seine Augen, mit seinen Farben, mit seinen Worten und mit seiner Musik im Herzen. Doch er sah nur ihr Schweigen.

Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust um seine Herzschläge zu zählen und er legte seine Arme um sie. Er schmeckte nach Baum, nach Holz und Frühlingsblättern, sie schmeckte nach Kirschen.
Er hielt sie fest,  als sie ihre Flügel ausbreitete. Sie wollte nur ihre Arme ausstrecken und ihn umarmen zu können wie  " Zu Hause".
"Du willst fliegen, oder? Wenn du die Unendlichkeit verlässt, werde ich dich aus Eitelkeit ziehen lassen,  nur damit du fühlst, was es bedeutet, ohne mich zu sein." rief er wütend aus.

" Und ich weiß, ich werde nicht wiederkommen, Doch wenn ich wieder komme, möchte ich, dass du leer wirst, dass dich von den Annehmlichkeiten, die sich in deine Haut verliebt haben befreist und jeden Augenblick vergessen, der die Zukunft in deinen Augen gesehen hat. Erzähle mir nichts mehr von Liebe, wenn du mich nicht halten kannst wenn ich die Arme nach dir ausstrecke und du denkst ich würde wegfliegen wollen." schrie sie ihm ins Gesicht.
"Wir sollten vergessen was wir bis anhin über die Liebe gelernt haben. Die Unendlichkeit der Liebe sollte in unseren Händen beginnen.Wir sollten Metaphern über unsere Augen über unsere Haut, über unsere Sinnlichkeit schreiben. Du verstehst nicht, dass ich keine geduldige, verständnisvolle Frau bin. Ich bin verspielt und verträumt und ich wollte dich wild, verträumt und kindisch lieben. Ich wollte dich auf meine Art lieben. Doch du zeigtest mir deine vorgefertigte Art, nach der, und nur nach der ich dich lieben sollte."
"Deine Art zu lieben kenne ich nicht. Liebe ist wie ich sie kenne  Du liebst so anders, wie ich es kenne. Ich weiß wie man liebt, du weißt es nicht." erklärte er seine Liebe. "Ich will geliebt werden wie ich es kenne. Deine Art zu lieben ist verspielt. Liebe ist kein Fang-mich-doch-Spiel, Sie ist ein Festhalten"

"Werde leer für die Zukunft. Wer auch immer deine Lehrmeisterin war, spielt keine Rolle für mich. Nur übertrage sie nicht nahtlos auf mich.  Ich werde immer jemanden auf meine Art lieben und nicht wie er es gelehrt bekam."

©Émilia


Die Zeit

 Wie jeder Mensch, möchte auch ich manchmal die Zeit anhalten wollen. Wenn ich könnte würde ich sie manchmal auch zurückdrehen oder sogar zuj einem bestimmten Augenblick vorantreiben.

Nun ja, man weiß, dass man die Zeit weder zurückdrehen noch vorantreiben, noch anhalten kann. Sie geht im gleichen kontinuierlichen, konstanten Tempo weiter.

Die Vergangenheit bringt die Gegenwart, die Gegenwart bringt die Zukunft. Manchmal mache ich emotional und gedanklich eine Zeitreise, weil noch Fragen habe und nach Antworten suche, weil ich jemanden vermisse, oder weil ich mich ab und an an jemanden oder etwas erinnere.
Es heißt nicht, dass ich mich noch nicht von jemandem oder etwas emotional gelöst habe. das Herz löst sich irgendwann ohne unser Zutun. Erst schmerzt das Loslassen, dann kann man darüber sprechen ohne dass es schmerzt, ohne ein Vermissen und irgendwann erinnert man sich kurz an irgendwelche Augenblicke und geht weiter.

Wenn man sich an die Vergangenheit klammert, blendet man die Gegenwart aus und man lebt nicht, sondern vegetiert nur dahin.

Von allein stellt sich das Gleichgewicht zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht ein.

Ich habe es ein paar mal erlebt, wenn Menschen gegangen sind, stand urplötzlich die Welt still. Die Zeit hielt nicht nur die Zeiger der Uhr, sondern auch die Welt hörte auf sich zu drehen.

Wenn die Welt still steht, fühlt man wie ein Teil von unserem Herzen mitgeht. So fühlt es sich immer bei mir an. Ich bin nicht vorbereitet auf das was kommen könnte. 
Man kann sich nicht darauf vorbereiten. Es gibt keine Hausaufgaben dafür. Das Unglück wartet nicht. Mag sein, dass das eine oder andere Unwetter Zeichen dafür sind, dass ein Sturm kommt. Aber nichts kann man aufhalten und nichts kann man ausweichen.

Und wenn die Welt sich dann weiter dreht, bekommen wir unser Herzteil vernarbt zurück. Heilen müssen wir es selbst. Das ist die Aufgabe der Zeit an uns.

Das Glück aber auch nicht.

Auch wenn es heißt man sollte das Glück wie einen Garten pflegen. Mit Hingabe, mit Absicht und vor allem mit der Bereitschaft, ihn von selbst wachsen zu lassen. Aber Glück ist manchmal teuer, weil es von uns verlangt alles liegen und stehen lassen, alles zurück zu lassen, wenn man ihm folgen will. Wir fühlen wir uns so lebendig ... sind zu allem bereit und dann setzt die Vernunft ein, blitzen die Gedanken und Zweifel auf. Und wir lassen dem Glück keine Chance zu wachsen.

Ich bin kein Kind der Vergangenheit, das von einer besseren Zukunft träumt. Ich will jetzt in dieser Gegenwart etwas ändern. Etwas was in der Vergangenheit liegt, kann in der Gegenwart nicht geändert werden. Und in der Zukunft kann man es nur anders machen. 
What's done is done. What's gone is gone. One of life's lessons is always moving on. It’s okay to look back to see how far you’ve come but keep moving forward.(gelesen in "The light in the heart" - Roy T. Benett)

Der Mangel der Zeit ist, ihre vom Menschen wahrgenommene Relativitätstheorie. Menschen können Sekunden wie Minuten, oder Stunden wie Minuten verbringen. Ich kann die Sekunden verfluchen, die alles verändern, oder ich kann die Tage betrachten, an denen nichts Besonderes passiert. Ich kann ein Leben lang auf einen einzigen Moment warten oder ich kann in einem einzigen Moment mein Leben ganz verändern.

Aber die Zeit ... die Zeit ignoriert die Menschen. Die Zeit wartet nicht. Die Zeit freut sich nicht und bereut es nicht. Die Zeit schweigt. Die Zeit beurteilt oder bestraft nicht. Die Zeit vergeht einfach unaufhaltsam augenblickseise, sekundenweise......



Der Baum und die Geige und das Herz


 E
in kleines Bäumchen stand umgeben von riesigen und alten Bäumen in einem riesengroßen Wald. Die anderen Bäume beachteten es kaum. Sie nahmen ihm sogar das Sonnenlicht weg und schlugen es oft mit ihren Zweigen. Nur der Wind strich ihm ab und zu zärtlich durch die Zweige und wiegte es tröstend in seinen Armen. 

So stand das Bäumchen lange Zeit da und bewunderte den Himmel über seinen Zweigen, dessen Umfang ihm unendlich zu sein schien. Dieser Himmel und diese Wolken schienen, mit ihm in einer ihm unbekannten Sprache zu sprechen. 

Und das Bäumchen bat den Wind ihm die Sprache des Himmels und die der Wolken beizubringen. Es wollte die Sprache der Unendlichkeit lernen. Es nährte sich mit den Mineralien aus der Erde, sammelte Kraft und wuchs auf einmal immer mehr. Es sehnte sich den Himmel mit seinen Ästen zu berühren. Es hatte das Verlangen, nach Wissen, nach Erfahrung, nach Leben. Es wollte sich aus seiner Erde herauszureißen, sich von der Erde befreien um weit, weit, zu reisen. Es wollte reisen und singen und es wollte unendlich werden. 

Eines Tages blieb der Förster vor dem Bäumchen stehen und staunte über seine Größe und Stärke. Da er ein guter Mensch war, fühlte er, dass das Bäumchen nicht glücklich war. Er fragte es: - „Was bedrückt dich denn? Was ist los mit dir, dass du unbedingt groß und stark sein willst?“ 

Der kleine Baum starrte den Förster mit leuchtenden Blättern an und antwortete: „Ich wünsche mir mehr vom Leben, ich wünsche mir für die Ewigkeit zu leben. Ich will reisen und singen, den Wind begleiten und die Wolken umarmen. „Vieles ist möglich wenn man es will,“ antwortete der Förster auf rätselhafter Art. 

Die Zeit verging, und der Baum war jetzt groß und stark. Der Förster staunte über die Willenskraft und Stärke des Baumes. Er fragte ihn zum zweiten Mal: „Und jetzt willst du immer für die Ewigkeit leben?“ „Oh ja,“ antwortete der Baum. „ Ich träume immer noch davon! Nichts wünsche ich mir sehnsüchtiger!“. „ Ich glaube, dass ich dir helfen kann, aber es ist notwendig, dass du mir dein Vertrauen schenkst. Ich werde dich fällen und zerschneiden müssen.“ sagte der Förster leise. 

Der Baum erschrak und schüttelte wild seine Äste. „Ich will ewig leben und nun sagst du dass du mich töten werdest. Wie soll ich dir denn mein ganzes Vertrauen schenken?“ „ Auch wenn es dir unmöglich scheint, aber irgendwann wird dein Stamm morsch werden, deine Äste werden brechen und die Stürme des Lebens werden dich nieder reißen. Ich verspreche dir, wenn ich dich fällen darf, dass du unendlich sein wirst.„ Nachdem er lange darüber nachdachte, akzeptierte der Baum den Vorschlag des Försters. Der Baum litt still vor sich hin als der Förster seine Äste absägte und seinen Stamm in Brettern zersägte. 

Die Bretter verkaufte der Förster und daraus wurden Möbel hergestellt. Ein besonderes Brett aber gelangte in die Hände eines bekannten Geigenbauers. Er baute aus diesem Herzstück des Baumes eine wunderschöne Geige. Er legte die Geige in eine seiner Geigenkiste und bot sie zum Verkauf an. Doch niemand wollte die Geige kaufen. 

Der Baum litt viel und verzweifelte an seinem Schicksal, Er machte sich Selbstvorwürfe, dem Förster sein Vertrauen am geschenkt zu haben. Eines Tages jedoch, kaufte ein junger Musiker die Geige. Als der Geiger die Kiste öffnete, die Geige vorsichtig aus der Kiste hob und sie mit seinen feinen Fingern delikat liebkoste, sagte sich der Baum: „Der Zeitpunkt ist gekommen. Ich gehe in die Ewigkeit ein.“ Als der Musiker mit dem Bogen zärtlich über die Saiten der Geige strich, vibrierten die Saiten und lockten dem Baum einzigartige Töne aus der Seele. Er spielte und spielte und verzauberte die Menschen mit seinen traumhaften Melodien. 

Der Baum sang mit dem Wind, tanzte mit den Wolken in der Unendlichkeit des Himmels nach der Musik für die Ewigkeit. Du wohnst in den Noten in der Geige, in dem Bogen, in den Sinnen, in der Melodie des Windes, im Herzen der Wolken, in der Ewigkeit des Himmels Wenn der Bogen in meiner Hand liegt mein ganzes Fühlen, all' meine Gedanken in den Saiten liegen mal leise mal laut vibrieren meine Finger Gefühle und Gedanken miteinander verknoten die Geige, das Baumherz, mein Herz wiederspiegelt Flügel und Wurzeln sich lösen in meinem Lied wie ein Zauber über meine Liebe.

 ©Émilia

Der Schmetterling


Es war ein kühler Frühlingsmorgen und sie saß auf einem Stein nahe des Teichs und erkundete mit den Augen die Natur.

Urplötzlich landete ein Schmetterling neben ihr auf einer Blume. Seine Farben waren satt, und seine Flügelzeichnung war wunderschön. Die Nuancen mischten sich im Sonnenlicht und vergoldeten ihn.

Sie näherte sich langsam um ihn zu bewundern.

Der Schmetterling aber blieb auf der Blume sitzen. 

"Hast du keine Angst vor mir, dass ich dich einfange?" flüsterte sie

"Fange mich ein, spieße mich auf, ich habe es satt mich immer wieder einer Metamorphose unterziehen zu müssen." flehte er sie an. "Nimm mich für dein Insektarium.

"Ich fange keine Insekten ein und ich habe auch kein Insektarium" erwiderte sie.

"Bitte! Du bist die Stärkere von uns beiden." flehte der Schmetterling.

"Ich verwische deine Farben, wenn ich dich noch so sanft anfasse." Sie wiegte nachdenklich den Kopf. "Du irrst, du irrst gewaltig. Stärke ist etwas anderes. Sieh, es liegt in meiner Natur, robust zu sein. ich bin eine Frau. Aber im Herzen, im Herzen bin ich schwach. Ich habe Ängste. Doch du,Schmetterling, du bist stark. Du bist dir deiner Zerbrechlichkeit bewusst. Und doch wagst du dich Tag um Tag aufs Neue hinaus, obwohl du weißt, dass jeder Regentropfen dich töten, jede Berührung dein Ende sein könnte. Das ist wahre Stärke, und du trägst sie mit unerbitterlicher Würde und Erhabenheit zur Schau. Ich bewundere dich."

Der Schmetterling lächelte.

"Ich bin unendlich stolz auf dich, sagte die Frau "und es kommen Tage, da du höher fliegen wirst als die Sonne selbst."

Amour ou affection

"Amour ou affection?"
Was würde ich wählen, fragte mich Fabienne? Und was ist Affection?
Ich würde beides wählen, antwortete ich spontan. 
"Je dois écrire un essai à ce sujet" erklärte sie ihre Frage
Sie bräuchte Antworten für einen Essay.
Ich hatte einen langen Tag hinter mir und konnte keine Pause zwischendurch machen. Mein Kopf war leergefegt.
Ich machte meine obligatorische 30min-Pause die ich immer mache wenn ich vom Dienst komme. 30 Minuten Couch-Entspannung um abzuschalten und zu mir zu finden. Dann raffe ich mich auf und mache weiter.
Lars aß in der Küche Wassermelone. Ich genoß meine Pause indem ich auf der Couch lag und die Augen schloss.
"Das Essay brauchst du Morgen zum Vortragen?" Als sie bejahte leerte sich mein Kopf fühlbar.
"Affection"....wie Zuneigung.....Und ich suchte in meinem Kopf nach der Übersetzung.
Und warum wähle ich beides?
Weil Affection mit Amour verwechselt wird. Est-ce que je l’aime ou est-ce de l’affection? Diese Frage stelllt man sich oft gar nicht, weil man durch die Zuneigung die man empfindet, durch die sog. Schmetterlinge die in den Sinnen herumflattern schon genug irritiert ist, um eine Bestandsaufnahme seiner Gefühle zu machen. Eine emotionale Inventur.
Wenn ich für jemanden Zuneigung empfinde, finde ich diesen Menschen symphatisch, möchte Zeit mit ihm verbringen, möchte Zärtlichkeiten austauschen, möchte dem Menschen nahe sein. Man wird eifersüchtig. Auch Angst den Menschen zu verlieren ist dabei. Man ist verliebt, aber Liebe ist es nicht.

Liebe hat einen tieferen Sinn. Man fragt sich ob es nur Leidenschaft ist, Erotik, oder Liebe.

Wenn man liebt entsteht das  Sehnen, das Vermissen, das Teilen wollen. Man fragt sich ob man sich vorstellen kann sich für ein "Für immer" zu entscheiden. Und dafür braucht man starke tiefgründiges Fühlen. Akzeptiert man das "Ich" des anderen mit aller Imperfektion? Macht man Kompromisse? Möchte man seine inneren und äußerlichen Freiheiten teilen? Vertraut man diesem Menschen? Würde man sein Leben in dessen Hand legen? Kann ich ihn halten wenn er fällt, kann er mir vertrauen? Kann  ich Alles sein für ihn und ist er Alles für mich?
Hat man Zweifel oder Angst, sollte man gehen.

Deshalb mehme ich beides.

Amour et affection. Ich muss mich immer wieder in den gleichen Menschen verlieben können, mich nach ihm sehnen, verzehren und ihn vermissen können. Ich möchte mich aber gleichzeitig fallen lassen können, wissend ich werde gehalten. 

Lars und ich hegten zuerst eine relation ambiguë. Wir waren Freunde und Kollegen und merkten nicht dass wir ineinander verliebt waren. Ich denke, dass unsere Liebe langsam wachsen konnte. Wir kannten unsere Macken als Kollegen, wir kannten unsere Machen aus der gemeinsamen Zeit der Freundschaft. Er hat nicht gefragt wie es weiter geht mit uns und ich habe ihm nicht gesagt wie sehr ich ihn vermisse, wenn er nicht um mich herum ist. Und ich hatte Angst er könnte sich in jemanden verlieben. Ich sagte es ihm aber nicht.

Wenn ich mich mit einem Kollegen unterhielt fragte er ob da etwas laufen könnte. Als ich verneinte meinte er ich sollte es ihm sagen.

"Aber ja. Ich soll es dir sagen: Ich liebe dich!" und ich hatte Angst dass er nicht bleiben könnte.
Doch er blieb.

Ein schwieriges Thema für eine Pubertierende. Das Leben ist noch eine Kinderspiel für sie indem sie wie eine Erwachsene angesehen werden will. Eine schwierige Zeit, auf die wir sie jetzt vorbereiten müssen. Und wir müssen kindisch und erwachsen sprechen.









Arroganz und Vorurteile

Kurz vor meinem Dienstende bekamen wir einen Notfallpatienten. Ein Schüler vom Lycée.

Anhand seiner Patientendaten ist er schon 16 Jahre alt. Ich schätzte ihn auf  13 höchstens 14. Sein Klassenlehrer saß neben ihm und fiel uns immer wieder ins Wort.

"Wie kann man nur so trottelig sein und die Treppe hochfallen? Das kann nur ein Maladroit. Voilà, er kann das. Deshalb sind wir jetzt hier." keifte er. Der Junge hatte sehr starke Schmerzen und er hatte allen Mut zusammengekratzt seine Schmerzen zu unterdrücken und er musste die Schimpftiraden seines Lehrers noch zusätzlich ertragen. 

" Herr.....Danke, dass sie ihn zu uns gebracht haben. Sie können entweder draußen warten oder gehen. Die Assistentin hat die Eltern erreicht. Sie sind auf dem Weg zu uns." Am liebsten hätte ich dem Waldmenschen in den Arsch getreten.

"So jetzt ist Ruhe hier. Die denken sie wären unfehlbar." sagte ich und der Junge lächelte erleichtert.

Prompt fiel mir ein ehemaliger Kommilitone aus Deutschland ein. Der schimpfte über die Lehrerschaft as  "grüne Ökotanten und Ökofritzen mit dreckigen Füßen vom morgendlichen Waldspaziergang und Jesuslatschen und Stroh im Kopf."

Die Handwurzelknochen beider Hände angebrochen. Unterschiedliche Stellen im Carpi. Er muss operiert werden.

Ich wollte die Stimmung etwas lockern und sagte. "Jetzt bist du von den schriftlichen Hausaufgaben befreit."

Der Junge erklärte, dass er öfters hinfalle, weil sein Bein einschläft und dass er Skoliose hätte. 28% und er war bei verschiedenen Orthopäden und bekäme nur Gymnastik und Spritzen verordnet. Über eine OP wurde nachgedacht, aber man wollte noch abwarten, weil er noch im Wachstun ist.

Die Eltern trafen ein und wir bereiteten ihn für die OP vor.

"Ich soll jetzt meine Freizeit opfern und einen Tolpatsch operieren der es schafft die Treppe hochzufallen?" fragte er genervt.

"Ja, du bist auf Handchirurgie spezialisiert. ich assistiere dir. Dieser Junge hat Skoliose, also ist er nicht tolpatschig. Äußere dich nie abwertend über Patienten."

"Du übernimmst, ich assistiere, damit du beim nächsten Mal das allein machst." wollte er bestimmen.

"Nur kurz auf ein Wort, Meister Handchirurg. Das erste Mal seit 17 Monaten solltest du einspringen. Du bekommst diese 2 - 3 h bezahlt die du länger hier stehst plus 25% Zuschlag von mir. Und ich bestimme hier wer was macht." Ich musste mich zusammenreißen, denn ich kann durch die Decke gehen vor Wut. "Ich kann Lars an seinem freien Tag anrufen, er ist genau so auf Handchirurgie spezialisiert wie du." 

"Ja, tun sie das!" sagte er lässig.

"Willst du gleich aufhören oder möchtest du eine dreimonatige Frist, damit du Zeit hast was zu bekommen, ohne Zusatzschichten und auch ohne Zuschläge."  Ich kochte vor Wut. "Rufen sie meinen Mann an, bitte!" sagte ich zur OP Schwester.

Er nahm seine Sachen und ging. Wenn Freizeit wichtig ist. Lieber habe ich keine, als mich damit herumzuärgern.

Als Lars eintraf, legten wir los. Er assistierte mir und ich fixierte und nähte und die OP-Schwester half mir mit der Schiene. ich bin "nur "Allgemeinchirurgin und habe mich auf Gefäßchirurgie spezialisiert. Aber ich werde mich weiter fortbilden. Ich möchte alles können, damit ich auf niemanden angewiesen sein muss.

Um die Skoliose kümmerten wir uns nicht. Dafür muss er ins Krankenhaus und es ist eine langwierige Phase für den Jungen.

Die Eltern waren so nett. Sie haben sogar angerufen und uns mitgeteilt, dass er keine großen Schmerzen hat. Er wird in guten Händen sein. Morgen kommt er zur Post-OP- Kontrolle. Ich kann es kaum abzuwarten das Ergebnis zu sehen. Und ihn natürlich, weil er soooo unheimlich tapfer lächelte und seine Eltern so einen wundervollen Menschen aus ihm machen.

Und als wir endlich zur Ruhe hätten kommen können, explodierte ich innerlich immer noch wie ein Feuerwerk vor Wut.







Karamell -Apfel

7-8 Äpfel werden geschält, halbiert, das Kernhaus entfernt und geviertelt. In einem Liter Wasser( mit  250g Zucker, Vanillemark)  ca. 5 Min. blanchiert( al dente ja, aber kein Kompott)
150g Zucker (ohne Wasser!!) langsam bei niedriger Temperatur karamellisieren lassen. 50 g Zucker über das Karamell rieseln lassen. 
50g g meergesalzene Butter unterheben und zu einer glänzenden Masse rühren. In eine runde Auflaufform, oder Tortenform füllen.
Die erkalteten Apfelviertel schön darauf verteilen.
Dann den Mürbeteig(1 Ei, 250 g Mehl, 125 g Butter, 50 g Zucker, 1Päckchen Vanillezucker) ausrollen und auf die Äpfel legen und die Ränder etwas andrücken.
Mit einer Gabel ein kleines Muster einstechen und bei 180"C 20-25 Min backen.
Die Tarte in einen tiefen Kuchenteller( da noch Karamell ausläuft) mit dem Mürbeteig nach untern stürzen, Mit Zimt und Zucker bestäuben hnd warm mit etwas Eis (Vanille, Pistazie....) verputzen.
Man kann anstatt Äpfel auch Birnen, Pfirsiche, Aprikosen oder Pflaumen mehmen. Und Quitten....lecker mit karamellisierten Walnüssen.

To do

Nach dem Regen wollte ich das Unkraut aus dem Blumenbeet auf dem Platz der ehemaligen Scheune entfernen. Dann entdeckte ich sie zwischen den anderen Blumen. Bis anhin ist sie mir gar nicht zwischen den anderen Lilien aufgefallen.

To do:

  • darauf zu achten: wenn sie verblüht ist, ihren samen einzusammeln damit ich sie vermehren kann.

Strubbelmohn. 
Ich habe nur 4 Packungen Sommerwiesenblumen gekauft und auf den Scheunenplatz gesät und ließ mich überraschen.
To do: Samen einsammeln

Mein Garten ist ein kleiner grüner Entwicklungserdteil. Wir verbringen viel Zeit im Garten, weil er zu dieser Jahreszeit schön blüht und wir haben viele Nutzpflanzen wie Dill, Staudensellerie, Minze, Zitronengras, Ingwer. Sogar Blumen wachsen zwischen den Nutzplanzen. Super chaotisch. Sogar unter den Bäumen habe ich Blumen gepflanzt.
"Der Garten ist kein Spielplatz" würde Maman kopfschüttelnd sagen. Egal aber alle Blumen und Pflanzen gedeien und sind gepflegt. Maman's Garten war wie eine Pharmazie. Alles hatte seinen Platz, alles war farblich aufgeteilt Blumen zu Blumen, Kräuter zu Kräuter. Und der Rasen war immer getrimmt. In meinem Rasen kann sich sogar Bobby unser Hund verstecken.

Es ist wegen dem Löwenzahn....den Pusteblumen....den Wünschen......Irgendwann wird er getrimmt. 







Perfektion II

 Ich bin behütet und beschützt aufgewachsen. Ich wurde geliebt. Ich wuchs unter verständbissvollen Menschen auf. 
Und doch zog ich los meine eigenen Fehler zu machen. Ich habe einen einen angeborenen Beschützerinstinkt, ein angeborenes Helfersyndrom und ich hatte viel Liebe in mir.
Und ich hatte einen Sturkopf wie zehn Widder. Und ich benutzte alle zwanzig Hörner um durch Wände zu gehen.
Super! Super, oder bravo würden einige "Selbstbewusste" rufen und  Skeptiker würden abwarten was passiert und in die Hände klatschen "wusste ich doch" wenn es in Schieflage gerät oder sogar schief geht.
Alle anderen würden sagen "man muss seine eigenen Fehler machen um das Leben zu begreifen."

Ich mache emotionale Fehler. Jede Menge davon.  Ich gehe irrational mit dem Kopf durch die Wand. Besonders dann, wenn ich glücklicher als glücklich bin, oder trauriger als traurig und besonders dann, wenn ich wütender als wütend bin.
Wie man es oft kennt: es gibt beruflich sehr viele selbstbewusste und rationale Menschen, deren Logik gut funktioniert, aber wenn es emotional wird, wenn ein Riss im Alltagskleid, oder im Gewohnheitskleid entsteht, weil mit der Zeit das Gewebe abnutzt und immer dünner wird und man sieht ein Stück Gefühlsunterkleid hervorblitzen wie ein BH oder Unterhose. Wenn man verunsichert ist, weil eine Veränderung ansteht und das Kleid reisst und reisst und man steht in Gefühls-BH und Gefühlsunterhose da.
Nur eine Ruptur und man tut Unüberlegtes, Irrationales, für sich selbst Unerklärliches und Unkontrollierbares.
Jenseits von aller Logik verliebte ich mich in einen Mann der versuchte mich nicht nur körperlich, sondern auch emotional zu kontrollieren. Ein Mann der so viel Fitness betrieb, kein Fleisch aß und alles inklusive Emotionen versuchte zu kontrollieren. Ich konnte mich von einem Augenblick zum anderen lösen. Verhütung war ein Streitpunkt. Ich wollte damals kein Kind. Im Studium ist der es schwer ein Kind zu haben und lernen zu müssen. Ihm war es egal. Verantwortungslos. 
Er kaufte die Minulet und legte sie mir auf den Frühstückstisch.
"In deinem Vogelfutter dass du da jeden Morgen kaust, hast nie etwas gemerkt." lächelte er. 
Ich liebte Müssli und Quark. Bis heute kann ich es nicht mehr essen.
Ich rastete aus und Pille für Pille landete in seinem dünnen Filterkaffee. 

"Verpiss dich aus meinem Leben du Ratte! Oder du säufst deine braune Dünnschissbrühe." schrie ich.


Ich heiratete einen Mann der überzeugt war, dass eine Frau verantwortlich für seine Stimmung, für sein leibliches Wohl und für seinen beruflichen Alltag ist. 
Und wenn er sich trotzdem nicht wohl fühlte oder sich sogar unverstanden fühlte, der Frau es heimzahlte mit einer anderen Frau, mit Schweigen und mit Zerstören von Tassen und Tellern und mit Eindrecken. Er wollte immer Bestätigung für alles was er tat und Recht für alles was er sagte.

Ich war rational genug um zu gehen. Lange genug versuchte er mich Festzuhalten mich unter Druck zu setzen. Hinzu kam noch mein damaliger Arbeitgeber als Kirchenträger der keiner Scheidung zustimmte, ohne dass ich meinen Arbeitsplatz verliere.  Kurz vor dem Facharztexamen ist es schwer eine Stelle zu finden, denn es sind Kosten die der Klinik entstehen.
Hinzu kam, dass er sich ebenso keine Scheidung leisten konnte, ohne berufliche Konsequenzen einzufahren.
Und so wollten wir warten bis wir unser Facharzt - Examen in der Tasche hatten. Und wenn ihn eine Angebetete verließ, weil etwas nicht passte oder eine Beziehung haben wollte, wollte er sich mit mir versöhnen. Für mich war es vorbei und Aufgewärmtes schmeckt nicht. Und ich wollte nur nach Hause. Und jeden den ich kennen lernte wollte nach dem 2-3 Date eine Beziehung. Ich wollte nur nach Hause. 

Dann rupturierte mein logisches Kleid und zeigte meine Gefühlsunterhose, sie zeigte mich nackt.
Und ich beschloss mich zu wehren. Ich wehrte mich so unlogisch so gefühlsunlogisch, dass ich bis dato nicht nachvollziehen kann, wie unkontrolliert ich gehandelt habe.

Ich verliebte mich. Ich weiß gar nicht mehr ob ich dachte, dass das den Riss schließen würde, mein Kleid wieder herstellen würde, wenn ich allen eins auswische die mich verletzt hatten oder von denen ich glaubte mich verletzt zu haben.
Ich weiß nur ich wollte spielen, den Alltag vergessen, alles drum herum ausblenden. 

Es hat lange gedauert bis ich auf das sogenannte "nur bisschen Flirten" emotional reagierte. Ich konnte mit meiner Ratio anfangs noch viel anfangen und sagen: "Vorsicht! Geh keinen Schritt weiter, lasse keine Gefühle zu. Schließe mit deiner Ehe ganz ab, auch wenn du Verluste einfährst. Schließe ab und du bist frei."
Aber so war es nicht, Ich wollte auswischen....wem auch immer.....und ich zog fremde Menschen in meinen Schlamassel mit rein.

Wie abartig, dass ich mich von Emotionen leiten ließ, wegen einem Idioten der keiner Scheidung einwilligt so zu erkalten, so glaçant zu werden. 
Anfangs habe wir uns nur geschrieben. Wir schrieben anfangs über Belanglosigkeiten, wir witzelten und wenn ich das Gefühl hatte, es würde sich etwas anbahnen zog ich mich innerlich zurück.
Ich versuchte mir lange einzureden, dass es ein harmloser Flirt sei und wer weiß, ob ich nicht auch nur ein harmloser Flirt sei für ihn. Ich war von Anfang an chaotisch, verspielt, frech. Er war ernst. Er hatte einen eher ernsteren melancholischen Humor. Ich versuchte mit Worten ihn von mir fernzuhalten. Ich dachte, dass ein ernster Mensch keine Chaoten, Frechdachse um sich brauchen. Ich war frech und meine Worte waren wie ein Scheuerschwamm, der jedes noch so aufkeimende Gefühl wegscheuert. 
Aber dann wurde es mehr als nur ein harmloser Flirt. Seine Worte die er an mich richtete, die beinhalteten  so viel Intensität, so viel Melancholie und so viel Sehnsucht und so viel Liebe. Und er zeigte mir alles was er ist und was er sein wird. Ungefiltert. Er war Novemberregen und ich liebte ihn. Ich liebte sogar seine Melancholie. Anfangs dachte ich, dass seine Melancholie von den Schmerzen käme, die er wegen seinen Nierenkoliken hatte. Solche Schmerzen kannte ich von Maman. Nur sie war nicht melancholisch. Nicht einmal dann als die eine Niere entfernt wurde und nicht einmal dann als die andere Niere wegen einer neuen Wucherung versagte und 2 mal wöchentlich zur Dialyse musste. 
Die kann man doch abstellen dachte ich und merkte irgendwann, er möchte sie gar nicht abstellen.   Trotzdem  begann ich ihn urplötzlich zu vermissen und gleichzeitig wusste ich, dass es nicht sein darf. Aus vielen rationalen Gründen nicht. Und aus Egoismus: ich bin nicht in der Ehe fremdgegangen, mein Ex war es. Wen zum Teufel wollte ich beeindrucken damit? Die Kirche, mich selbst, mein Arbeitgeber.....wen auch immer. Es war egoistisch und unlogisch. 
Ich aber in meinem Emotionskleid vermisste ihn, sehnte mich nach ihm. Ob das Verliebtheit war? Ich war nie so verliebt. Ich kannte dieses intensive Gefühl der Sehnsucht nicht. Es war kein körperliches Sehnen. Es war ein Herzsehnen. Wenn ich eine Nachricht von ihm bekam, hatte ich Herzrasen. Ich war wie gelähmt vor Sehnsucht und Angst.
Die Angst ist unkontrollierbar und unkontrollierbare Angst treibt zu Unkonrtollierbarem. Es ist wie ein Krieg zwischen dem Herzen und der Vernunft.

Ich hätte logisch sage können; "Jetzt hast du genug ausgewischt, wem auch immer du Idiotin!" aber habe ich nicht, denn logisch war ich damals nicht.
Ich hätte mich hinstellen sollen und Herzensgröße zeigen sollen. Ich tat es aber nicht. 
Ich weiß es bis heute nicht wieso ich Angst vor diesem Begriff  "Geschieden" hatte. Mag sein, dass ich das noch in den Herzfasern, dass meine Maman weder bei meiner Erstkommunion, noch bei der Firmung am Abendmahlfeier nicht teilnehmen durfte. Obwohl ich  nicht so religiös war, war es mir peinlich, dass sie ausgeschlossen wurde. 
Seelenblindheit nenne ich es heute.
Man sieht sich selbst nicht, oder man will sich selbst gar nicht sehen. Weder gut noch schlecht. Weder die Fehler die man macht, noch das Gute dass in uns versteckt ist und raus sollte.
Das Schlechte und auch das Gute kann unheimlich sein. Man zeigt es nicht gern.

Man ist nie nur gut, man ist ebenso schlecht wie gut. Man trägt beide Potentiale gleichermaßen in sich. Und wenn es um Liebe ging, war ich schon immer dumm. Ich habe die schlechten Seiten an mir nicht nur gezeigt sondern viel zu lange gefüttert. Ich provozierte.
Ich habe nicht gezeigt wie ich war bis das Kleid riss, sondern wie ich bin mit einem zerissenen Kleid.
Es gibt weder Richtig noch Falsch, dachte ich. Es gibt das Leben und die Liebe.
Ich habe es nicht einfach versäumt die Wahrheit zu sagen, ich habe bewusst gelogen. Auch dann als ich fühlte und wusste, dass ich ihn liebte. Ich liebte ihn lange danach noch. Ich war nicht mutig genug, ihm die Wahrheit über mich zu sagen. 
Was hätte ich nach so einer infamen großen Lebenslüge sagen sollen? 
"Ich sehe anders aus. Ich bin zwar getrennt, aber nicht geschieden. Lasse ich mich scheiden, muss ich ihm die Hälfte des Hauses, die Hälfte von dem was ich von Maman bekommen habe abgeben, dafür dass er mich betrogen hatte. Der Arbeitgeber würde mir nahe legen zu gehen, da Scheidung bei der Kirche immer noch nicht geduldet ist. Vielleicht hätten wir miteinander mehr reden müssen. Über uns reden müssen. Auge in Auge, Kopf an Kopf, Herz an Herz, Seele an Seele. Ich habe nicht geredet. Ich wollte es nicht. 

"Er würde es bestimmt nicht verstehen können und wollen. Er würde mich schlagen oder sogar in Rage töten. Ich habe ihn ohnehin verloren. Was soll's, Ich breche mit ihm und bin weg." Das war meine (un)logische wie emotionale Lösung.
Ich bin selbst weg. Ich wollte wieder ich sein. Ich wollte das Gute in mir zurück. Und er hätte das Gute in mir nie mehr gesehen.
Er sollte frei sein und Gutes in der Liebe erfahren und das war nicht ich. Und wenn ich auch noch so sehr gehofft hätte, ich wäre es nie geworden. Es hatte keinen Sinn sich an etwas festzuklammern was nie sein kann. 
Ich weiß auch nicht, ob ich ihn so geliebt hätte, dass ich mich auf das Ungewisse, auf die Veränderungen hätte einlassen können.

Es hat lange gedauert bis ich mich wieder vollständig gefangen habe. Ich konnte nicht aufhören ihn zu denken ich konnte nicht aufhören ihn zu lieben. Ich konnte nicht aufhören ihn zu vermissen. Ich konnte nicht ohne ihn.

Und keine 3 Wochen später nahmen die Götter meinen Bruder. In melancholischen Tagen denke ich, dass ich eine ganze Menge dazu beigetragen habe. Er fand meine Lügen heraus. Zufällig, weil ich ihm mein Laptop leihte, da er zu ermattet war sich an seinen PC zu setzen. Ich hatte meinen alten Laptop ihm ausgeliehen, bis er fit genug war sich einen zu kaufen.
Als ich vom Dienst kam und ihn besuchte, schrie er mich an. Er schrie und schimpfte und warf mir mein ganzes Versagen an den Kopf. Er sah mich mit seinen espressofarbenen Augen an, die in seinen Augenhöhlen fast tiefbraun wirkten, verachtend, abwertend.
"Ich hätte dir nie im Leben so etwas zugetraut." schrie er. "Ich war so stolz auf dich. Ich war so froh dich als Schwester zu haben. Du warst die einzige in der Familie die zu mir hält. Und nun, was ist aus dir geworden? Eine Hure!" schrie er. "Nimm dein Laptop hier weg, ich kann den nicht einmal mehr anfassen. Verpiss dich!" 
Mit letzter Kraft schrie er "Raus!"
Nach 5 Tagen wollte er wieder zum Dienst und kam nie wieder. Wir haben uns nicht mehr versöhnt.
Er bat mich, mich um seine Mädels zu kümmern, ihn bisschen zu helfen bis es ihm besser geht. Ich fühlte mich ausgenutzt. Ich kümmerte mich um seine Mädels, kaufte ihnen was sie brauchten, half  wo ich nur konnte.

Und ich wollte nur weg. Ich wollte alles hinter mir lassen und zu Oma zu ziehen. Ich habe ihn enttäuscht und nichts zu seiner Genesung beigetragen. Er machte sich sicherlich Gedanken um mich. Bis zur letzten Minute.  


Es war nicht  Lars, der mich von ihm weg brachte. Damals liebte ich Lars nicht. Wir waren nur Kollegen. Er war für 2 Monate mein Schichtdienstleiter. Dann musste er sich um seine Tochter kümmern die sich von einer OP nicht mehr erholte.  Ich half ihm bei seiner Trauer um sein Kind, er beschützte mich von den Angriffen meines Arbeitgebers indem wir uns versetzen ließen.

Man sollte beide Kleider gleichermaßen pflegen. Das Vernunftkleid und das emotionale Unterkleid. Das tat ich nicht. Ich weiß, dass man jeden Augenblick entscheiden kann, was man tut, was man will. Ob man die Wahrheit sagen will oder ob man lügen will. 

Es hat fast vier Monate gedauert, bis ich in Lars erkannte, dass er mich liebte. Ich lernte langsam ihn zu lieben. Durch ihn und mit ihm wurde ich gut. Als er mich fragte ob ich seine Frau sein möchte sagte ich Ja, denn ich wollte die Frau sein die ich nur sein konnte - unperfekt gut. Ich zögerte nicht, hörte auf niemanden. Alle waren dagegen. Er wirkte für die meisten zurückhaltend, sachlich und viel zu ruhig für mich. Ich liebte ihn. Er nennt mich Wirbelwind. Wenn ich ihn nach dem Wetter benennen sollte, würde ich ihm den Sommerregen zukommen lassen. Erfrischend, belebend und reinigend. Er überrascht mich jeden einzelnen Tag mit seiner wundervollen Art, mit seiner Entschlossenheit und mit seinem Optimismus.














Das Streben nach Perfektion I

 Ich kann es nicht. Perfektion ist ....wie soll ich es sagen?.....ist neutral...

Das ist es: NEUTRAL . Keinen Geschmack, keinen Duft, keine Farbe, keine Musik und irgendwie ....keinen Charme, geschweige denn le charme du charme. Der normale Durchschnitt. Nichts was einem verzaubert, nichts was einem inne halten lässt. Nichts was die Poesie, das besondere Lied, die Musik herauslocken kann. Weder zu klein wie ich, der zu groß, weder zu dünn, noch zu dick, weder zu hell noch zu dunkel. Das perfekte Dazwischen.Weder lebendig noch tot. Leblos.

Und ich bin gar nicht perfekt. Ich sehe mich nicht perfekt und fühle mich nicht perfekt. Und ich bin mir gar nicht sicher ob ich mit meinem Ich oder einfach nur mit meinem Charme, dem Carmen, der Musik jemanden verzaubern kann. Es gab eine Zeit da versuchte ich mich nach Perfektion zu streben, oder ein Teil Perfektion zu erlangen.

Ganz am Anfang meines Studiums. Ich hatte jede Menge medizinische Vorkenntnisse und ich war bestimmend, laut- so gut ich es konnte- ich korrigierte.....ich zeigte, dass ich es besser kann. Nun ja......kam nicht gut an, was soll ich sagen?

Ich stand eines Tages am Fenster im Dienstbesprechungsraum .......zwei schon promovierte Assistenzärzte unterhielten sich laut.....vielleicht sollte ich es hören......"der Wuschelkopf da, wie wäre es mit der?" fragte der eine und der andere lachte auf und sagte: "die sieht aus wie eine 15jährige. Meine Schwester ist 14 und hat viel mehr für die Hände. Ich will Fleisch in der Hand halten und keine Knochen." 

"Du Arschloch" denken und das nicht laut sagen zu dürfen? Sie mussten mich ausbilden, also hätte ich den Ball flach halten sollen.

"Wer bei Frau viel will hat als Mann zu wenig, Arschlöcher" sagte ich laut.

"Wie bitte? fragte einer.

"Ich habe mit der Wasserflasche geredet nicht mit euch." lächelte ich. Einer wurde rot.....

"Und kindisch ist sie auch," sagte der andere. "Dieses Jahr sind keine sexy Frischlinge dabei." 

"Nicht sexy genug für euch alte Böcke mit Mikroskoppimmel!" rief ich hinterher.

Es hat lange gedauert bis ich akzeptieren konntem dass ich weder größer noch weiblicher werde ohne Fitness, Muskelaufbau, Joggen..... Ich hatte das Gefühl, die Männer sehen an mir herunter, begutachten mich und entscheiden sich für Titten, lange Beine und Po, aber nicht für mich als Mensch, als Frau und als angehende Ärztin. Pustekuchen! Ich verausgabe mich nicht für Nichtsnutze, Idioten.....ich kann rennen....ich renne.....ich bin flink, gelenkig....habe Ausdauer aber ich brauche keine Brust wie eine Kuh, damit jemand Lust auf mich hat. Trotzdem belastete es mich. 

Perfektion ist das Gegenteil von Leben. Denn im Leben geht es um das Unerwartete, die Unbeholfenheit, den Fehler. Und zum Glück bin ich unperfekt geblieben.

Das Unperfekte treibt mich an und begeistert mich. Das packt mich. Aber niemals Perfektion...Einen perfekten Mann oder nach Perfektion strebenden Mann um mich herum würde mich schläfrig machen, inert, er würde mich weder im Herzen noch in den Gedanken fordern, we würde mich nicht seelisch herausfordern. Er würdehaben wollen, dass ich mich körperlich vielleicht an seine Wünsche anpasse. Ich wäre neben ihm irgendwann nur noch ein lebloser, gedankenloser, liebeloser Körper.

Bei Lars konnte ich von Anfang an sein wie ich bin. Chaotisch, ängstlich, ordentlich, hektisch.

Lars ist der verlässlichste Mensch den ich kenne. Bei ihm gibt es ein Nein oder ein ja und nichts dazwischen. Er mag kein Vielleicht. Anfangs machte mir das Angst. Er wusste was er wollte und er hatte seine Art alles aus mir herauszuzaubern. Der charme du charme, Carmen und Musik. Und ich bin ausgelassen, so richtig ausgelassen und albern, so richtig ernst und melancholisch. Und während ich bin wie ich bin, verliebe ich mich in ihn, als wäre er die Poesie, die Musik die mein Leben schon immer bestimmte. 

Einmal habe ich alles vermasselt, weil ich perfekt sein wollte. Pfeift der Hund aus Perfektion.

Aber bei ihm kam ich einfach zur Ruhe. Ich sah ihn an und mein rasendes Herz verlangsamte seinen Rhythmus. Ich konnte durchatmen. Ich hegte keine Fluchtgedanken, ich wollte bleiben. Genau wie er bleiben wollte.

Da der Mensch aber nicht nur aus Emotionen besteht, sondern auch aus Logik habe ich zwar einen Vorteil wenn meine Logik sich nicht mit Emotionen verbündet.

Was Organisation betrifft, habe ich einen Perfektionismus, Macke würde ich es nicht nennen, denn dafür werde ich immer gelobt. 

Blind findet man alles. Ich habe vom Küchenschrank bis in die hinterste Ecke meines Büros alles bis zur kleinsten Büroklammer nach Farben und Formen sortiert. Und wehe man hält sich nicht an meine Ordnung. Blindenordnung - man findet alles. 

Mein ganzes Leben denke ich über eine Perfektion nach die es gar nicht gibt. Es gibt Seiten oder Teile des Körpers, wie zum Beispiel den Rücken oder den Hinterkopf, oder sogar den Po, die man ohne Spiegel gar nicht sieht.

Vielleicht gibt es diese nicht zu sehenden Teile auch in seinem Ich. Man sieht weder all seine Schwächen noch all seine Stärken. Oder man will sie nicht sehen. Aus Scham oder aus Verlegenheit oder was auch immer es sein mag.

Immer wenn es um Gefühle geht fühle ich mich imperfekt. 


Zeitreise

Gestern traf ich auf eine frühere Lycéekollegin. Ich hatte sie nicht erkannt, aber sie mich. Ich erkannte sie erst als sie mir ihren Namen nannte und ein paar Details aus der gemeinsamen Zeit.

Sie war eine Anführerin und hatte eine überlaute durchdringende Stimme. Und sie wusste wie sie die Mitschüler und Lehrer miteinander auspielen kann. 

Auch gestern zeigte sie stolz was und wie viel sie mit wenig Zutun erreicht hat und das Kaff, nachdem sie  ihr Elternhaus verkauft hat, nie mehr sehen möchte. Sie ist nur zum den Verkauf abzuwickeln da.

Sie hat mich ausgelacht. mein Leben belächelt. Kein Wunder dass ich stagniere, sagte sie lachend. ich hatte ja schon immer ein Helfersyndrom.

Nach nicht einmal zehn Minuten verabschiedete ich mich ebenso unhöflich und meinte sie sollte sich mit jemand unter ihrer angeheirateten Würde unterhalten und ging.

Während ich durch die Gänge des Supermarktes spazierte um zu sehen was es Neues gibt, machten meine gedanken eine Zeitreise.

An den schmächtigen Fünftklässler, den kleinen Jungen der sie anhimmelte und den sie in den Klassenschrank mit dem Klassenmaterial sperrte. und Klassenbuch nannte. Der kleine blonde Junge den man neben mich setzte und der unter dem Schultisch gegen meine dünnen Beine getreten hatte, wenn ich gegen sie etwas sagte und ich ihm vor Schmerzen das Mathebuch auf den Kopf geschlagen hatte. Einmal, zweimal, mehrmals und Ärger bekam.

An das große Mädchen mit den langen glatten blonden Haaren und dem rötlichen Teint, das uns anderen Mädchen wie eine Giraffe überragte.

Den Fresser, der sein Pausenbrot während der ersten Stunde mampfte und während der Pause am Schulkiosk für Nachschub sorgte.

Das Mädchen das mit Maskara und Make up sein Vertiligo überdecken durfte. Der hagere Junge mit den dicken Gläsern in der übergroßen Brille.

Wir waren alle in einem sogenannten körperlichen und seelischen Entpuppungsstadium. An den strengen Schuldirektor der eine Professur hatte und in den Pausen auf den Toiletten für eine raucherfreie Zone und wenn die Wasserbomben flogen für Ordnung sorgte. 

Im Resumée war unsere Klasse etwas Besonderes. Die meisten von uns waren musikalisch, konnten tanzen, waren naturbewusst. Mit uns konnte man etwas anfangen. Und wenn es darauf ankam hielten wir zusammen. Wir waren gut. Irgendwie machten wir uns gegenseitig gut. 

Unser Klassenlehrer lebte allein und war etwas "ungepflegt", unser Religionslehrer trug auch im Sommer Cordanzug mit Leder an den Ellenbogen. Unser Mathelehrer war cholerisch. Unsere Englischlehrerin konnte Gitarre spielen und liebte Country und Folk. Die Französischlehrerin die uns akzentfreie Sprache übermittelte. Jeder Lehrer und jede Lehrerin waren auf ihre eigene besondere Art sympathisch und ein Idealbild ihrer Zunft.

Schulen sind schon bemerkenswerte Orte an denen man wachsen kann. Ich vermisse manchmal dieses Lernen, diese Zugehörigkeit zu einem besonderen Ort.

Fortbildungen online zu machen ist nicht bestrebenswert. Ich vermisse die Fortbildungsreisen. Welche Sehnsucht trage ich in mir?







Der blaue Faden

Er sitzt da und sieht mich mit schmerzerfüllten großen Augen an. Wir haben die Augenfarbe und die Haarstruktur unserer Maman vererbt bekommen. Meine Haarfarbe ist um einen Ton heller als seine. Ich bin 7 Minuten älter als er und er ist 16 cm größer als ich. 

"Ich kann mit niemanden meinen Dienst tauschen. Du bist doch noch krank geschrieben. Du kannst dich kaum länger auf den Beinen halten. Du ......du siehst aus wie zerkaut und ausgekotzt." schreie ich.

Ich gehe ein paar Schritte weiter  und sehe auf dem Wohnzimmerschrank die Mappe mit den Überweisungen zum Kardiologen, zum Labor und zum Physiotherapeuten liegen.

"Sag jetzt nicht du hattest keine Zeit dahin zu gehen. Ich habe für dich noch einen passenden Termin bekommen."

"Schrei hier nicht herum. Ich habe Kopfschmerzen! Habe nur den zum Kardiologen versäumt. Reg dich ab. Bist nicht Maman."

"Aber ja, ist ja klar. Weißt du was? Du kannst mich mal. Mach in Zukunft deinen Scheiß allein. Du bist auch nie für mich da wenn ich dich brauche. Ich habe genug meinen Scheiß um die Ohren und deinen brauche ich, wissen die Götter, nicht dazu!"

"Ich muss. Du weißt dass ich muss. Ich habe auch Verantwortung. Ich habe Kinder zu ernähren. Du kannst gut reden. Dir geht alles am Arsch vorbei." Seine Stimme, eine sehr schöne Tenorstimme, Vaters Stimme schreit mich an. 

"Ich......" meine leise Stimme versagt....immer noch nach einer heftigen Angina. "Ich habe es satt dir immer zu helfen. Die Mädels haben eine Mutter, du Idiot. Sie hat auch Verantwortung wie du für eure Kinder. Wie Maman immer gesagt hat: du verlässt dich auf andere deinen Dreck wegzuschaufeln."

"Nein! Ich spiele ihr in die Karten. Ich habe mich um die Mädels gekümmert ...und du... sie aber nicht..Nein! Hilfst du mir bitte? Bitte!? Holst die Kleine ab?"

"Ja du Idiot!" schreie ich und knalle mit der Eingangstür. "Mir tun die Mädels leid und du nicht!"

Und wir sehen uns in einem OP wieder. Ich sehe ihn, er sieht mich nicht.

Man erzählt mir von einem Nidus. Ja..ja...denke ich.."Niiiiiduuuus?"

Und wie ich weiß was ein Nidus ist. Es bilden sich Nester um die Blutflüsse.....so poetisch ist es nicht.....Flüsse weden verflochten, verengt, umgeleitet und dann treten sie über die Ufer und überschwemmen alles. Die Gedanken, das Fühlen und das Leben.

Und ich stehe da und sehe auf ein Meer....ein rotes Meer und ich beuge mich über ihn und möchte ihn wecken....sein Herz zum schlagen bringen. Es ist vorgeschädigt....ich weiß es.....aber ich begreife es nicht .....lange nicht dass es keinen Herzschlag mehr hat....für mich....

Es wäre ein Wunder gewesen, hätte man ihn noch retten können.

Was soll ich sagen.....den Mädels sagen......?  Er sieht mich nicht mehr.

Und was ich tun soll kann er mir nicht sagen.

Ich wäre noch geblieben, aber die Kleine wartet auf mich und freut sich noch....dann nicht mehr.

Ich glaube nicht an einen Gott der einen unsichtbaren blauen Faden vom Himmel herunterlässt wie ein Seil, um jemanden zu umschlingen, umknoten und ihn zu sich zu ziehen.

Ich sehe das Nidus. es sieht aus wie ein Schwalbennest um die Aorta gebaut, mit ihr fast verflochten, ich fühle keinen Herzschlag ....ich halte seine kalte Hand und ich sehe sein Blut wie es immer noch aus den roten Flüssen sickert wie Rinnsale.

Um mich herum stehen Kollegen und warten dass ich etwas sage, weine, schreie oder zusammenbreche.

Ich denke aber an meine Patenkinder und was ich ihnen sagen soll. Ich muss die Kleine vom Kindergarten abholen. Ich muss meine Oma anrufen, ich muss René anrufen und ich muss es Oma Elke erzählen. Sie gehört zur Familie. Sie ist irgendwie unser Mutterersatz. Ich muss Freunde anrufen.....ich muss....ich habe keine Zeit zum trauern. Ich muss helfen und nicht geholfen bekommen.

Und alle um mich herum sehen mich verwundert an, erstaunt, erwartend und .....ich weiß es nur nicht....oder ich fühle es nur falsch.....abwertend....kalt.

Was weiß man schon wie jemand fühlt? Wie kann man anmaßend sein, jemandem wortlos nur mit Blicken erklären was er fühlen sollte oder sogar fühlen muss? Und ich muss mich nicht erklären, was in mir abläuft, wie ich versuche nicht zusammenzubrechen, damit man nicht am Kindergartentor auf mich ungeduldig und sehnsüchtig und weinend wartet.

Und Tage später habe ich sogar sein Herz gesehen. Also bitte.....es gibt keine Wolke, keinen Engel und keinen blauen Faden. Keinen Himmelsfaden und wenn es einen Gott gibt, er hätte nichts für ihn tun können. Kein Wunder, oder wie man das nennt, was man von den Göttern erwartet hätte gewirkt.

Nun ja, wir waren Zwillinge. Ich bin nicht allein auf die Welt gekommen und es fühlt sich so an als würde ein Teil meines Herzens fehlen, als würde ich eine Seite neben mir nicht fühlen. Und ja, es gibt keinen Tag an dem ich ihn nicht vermisse. Auch das hat man mich gefragt.....wie man sich als Zwilling fühlt. Nicht so viel Distance steht einem zu, wenn Idioten sich wie Aaßgeier sich auf ihre Beute stürzen.

Nur es gibt keinen blauen Faden an dem er sich als Geist oder als Schutzengel zu mir herunterzieht und mich tröstet, mich begleitet, mich beschützt. Und es gibt auch keinen blauen Faden an dem ich mich hochziehen kann, nur für einen einzigen Augenblick ihm erzählen kann, wie es mir geht und was ich tue.

Ich habe nur eine gefühlte leere Herzseite und ein Vermissen. Mehr habe ich nicht von ihm.

Ja, wie konnte ich sie übersehen.....die Mädels. 

Ich war ein Teil von ihm, der ältere, aber der kleinere Teil. Er war auf eine Art der klügere und liebendere und ich der kindische, lausbubenhafte und ordentlichste Teil von ihm.

Manchmal, kommt nur noch ganz selten vor,  denke ich zu spontan, kommt noch ganz selten, dass ich  ihn anrufen und sagen will, dass die Mädels jetzt im Bett sind und ihm erzählen wie lieb oder unlieb sie waren. Und dann bekomme ich urplötzlich einen schmerzhaften Impuls, als wären meine Knochen gebrochen und ich würde mich bewegen wollen und kann es nicht. Dann denke ich......ach was der blaue Faden gibt es nicht, sei mal logisch.











Augenblicklich

Ich muss es augenblicklich aufschreiben. Nach meiner ersten OP heute Morgen und auch ersten OP dieser neuen Woche habe ich noch einige Augenblicke Zeit bevor ich an einer Besprechung teilnemen muss. Es gibt Änderungen und Änderungen wie Veränderungen machen mich neugierig und ängstlich zugleich.

Ich habe mich etwas herausgeputzt, als ob Herausputzen etwas Gutes beitragen würde. Nicht das kleine Schwarze, Pumps und Make up. Nie im Leben wird man mich so erleben.

Herbstrostbraunweißrotesressoschwarzgraufarben rombusgemustert und extra neu dafür. Italienische Länge und 5cm Absätze schwarz. Kein Make up. Nur Feuchtigkeitscréme von La roche posay. Sonst nur ich und mein rasendes Herz und Lars mit seinem Optimismus und seinem  Humor an meiner Seite.

"Ich hole uns etwas vom Bäcker." sagte Lars als wir unten vor dem Center standen. Wegen der Abstandsregelung dauert alles ein paar Minuten länger.

Ich sehe mich um und entdecke eine kirschfarbene Tür. Die Witterung hat die Tür an einigen Stellen ausgebleicht und die Flecken haben die Farbe von faulen Kirschen.

Es ist so unwarscheinlich, dass das Haus noch bewohnt ist. Es ist auf eine wunderschöne einzige Art verfallen. So als hätte die Zeit daran geknuspert oder ein paar Stücke davon abgebissen. vom Sockel fehlt eine Ecke, das eine oder andere Stück Glasur aus der Mitte. Unter dem Fenster sind die Mauersteine und die Mörtelfüllung zu sehen, als hätte die Zeit aus dem Hauskuchen ein Stück abgeschnitten.

Nur die sonnengebleichten Vorhänge und die Spitzengardinen zieren die staubigen Scheiben.

Solche Spitze wie meine Kindheitsfreundinnen und ich aus alten Gardinen als Brautschleier bastelten. Ich muss lächeln, da ich mich daran erinnere, wie ich als 5-6jährige in den Sommerferien  Oma und Opa besuchte, bevor wir ganz zu Oma zogen. Die Nachbarsmädchen kamen zum spielen vorbei und wir verkleideten uns mal als Braut, mal als spielten wir Tierarzt und untersuchten die Katzen, die Hunde und sogar die Kühe im Stall, oder wir kochten Blumen und Gras und machten Sandkuchen und verzierten sie.

Ich gehe auf die andere Straßenseite und schaue durch die Fenster. Es ist nichts zu sehen. Alles ist dunkel. Nicht einmal eine Lichtlücke zeigt sich. 

Ich stelle mir vor, dass irgendwo im Halbdunkeln jemand auf einer alten Couch, oder an einem alten abgenutzten Küchentisch eine alter Frau oder ein alter Mann, oder aber beide zusammen sitzen, viel zu alt und viel zu schwach um das Haus instandzusetzen sind. Die ganzen Jahre, während ich immer zu Maman in die Praxis kam um sie zu besuchen oder bei ihr auszuhelfen, fiel mir das Haus gar nicht so auf. 

Als Lars und ich in der Praxis ankamen, fragte ich die Assistentin, ob das Haus noch bewohnt sei.

"Ach das steht seit bestimmt 6 oder 7 Jahren leer. Der Sohn lässt es anscheinend verkommen. Ich weiß nichts weiter darüber."  sagte sie etwas verwundert.

"Ich habe mich nur umgesehen als ich auf Lars gewartet habe." Eigenartig für sie. 

Ich stelle immer wieder fest, dass die alten Leute hier immer unruhiger werden. Fast so unruhig wie wir die über 30jährigen die mitten im Berufsstress stehen. Nur dass sie mehr Zeit haben als wir. Viele sind noch mit dem Rad oder sogar noch mit dem Auto unterwegs. Sie sind unachtsamer als früher. Und viele davon sitzen oder liegen bei mir in der Praxis und lassen ihre Wunden versorgen oder sich trösten. 

Oma hatte eine Ruhe trotz dass sie Garten, Feld und Tiere hatte und uns Nervensägen um sich. Und Opa war die Ruhe selbst. Und beide hatten einen Durchblick und Rationalität als würden sie die Welt in den Fugen halten müssen.

Ich verbinde Altwerden mit Ruhe mit Besonnenheit, mit mehr Achtsamkeit und nicht mit Hektik und nervöser Geschäftigkeit wie durch den Berufsverkehr fahren, oder Angst vor dem Altern. Auch nicht mit Verletzungen von denen sie sich kaum mehr richtig erholen oder die sie zum Pflegefall werden lassen.

"Dich kann man keinen Augenblick allein lassen. Gerade mal sieben Minuten war ich weg." lachte Lars.

"Neun." stellte ich fest.

"Noch 10 Minuten Zeit für......"

"10 Minuten verliebt umschlungen bis zur Ecke und zurück zu laufen." schlug ich vor.

Menschen sahen uns an und lächelten....

Ich zehrte davon die ganze 45 Minuten Besprechung.









Einen Schub Hoffnung

Ich hatte gestern um 16:30 eine OP angesetzt oder eingeplant.

Ich lege großen Wert auf Pünktlichkeit in der Terminvergabe. Ich mag keine großen Warteschlangen, vermeide lange Wartezeiten für Patienten. Manchmal und immer öfter haben wir auch Notfälle die schnell versorgt werden müssen, um Komplikationen zu vermeiden.

Aber der OP-Termin stand schon seit zwei Wochen.

Fünfzehn Minuten später waren wir im OP. Schrauben, Drähte, eine Metallplatte müssen nach einer Tibiakopffraktur entfernt werden. Seit über einem Jahr trägt der Patient diese Fixierungmetalle in seinem Knie. Kein riesengroßer Eingriff  und er wird meistens ambulant durchgeführt. Laut MRT ist der Knochen gut verheilt. Also kann es losgehen.

Der Kollege, ein Orthopäde der ebenso wie ich in Unfallchirurge fortgebildet wurden übernahm die OP-Leitung, da er als Orthopäde bei dieser OP eher gefragt ist. Ich assistierte ihm. Der Anästhesist, ein sehr erfahrener Kollege und eine OP Assistentin waren im Team.

Dem Patienten ging es gut. Leichte Benommenheit ist verständlich. Im Wartezimmer warteten seine Schwester mit ihrem Mann auf ihn. Auch die Nachversorgung müssen wir beachten.

Wir wollten ihn bis dahin begleiten, wie wir unsere Patienten immer bis zur Tür begleiten. Es ist keine Vorschrift aber eine unausgesprochene Geste die in jedem Krankenhaus, Praxis oder medizinischer Einrichtung praktiziert wird. Er hängte sich bei bei der Familie ein, wir tauschten ein paar Höflichkeiten und humorvolle Gesten aus. Kurz vor der Tür sackte er zusammen.

Meine Gedanken flogen blitzartig durch meinen Kopf. Die Narkose war einwandfrei, alles aufgezeichnet. Verwendete Medikation zur Dokumentation aufbewahrt, alles verwendete Material, Instrumente ales noch vorhanden. 

Verdacht auf Herzinfarkt. Schnell war mir die Diagnose klar.  RTW geordert. Ab 19 Uhr muss man viel Glück auf seiner seite haben, dass sie sich durch den Verkehrschaos  gut durchschlängeln können. Es gibt immer Witzbolde denen kein Rad unter den Hintern gehört. 

Die OP Schwester betete laut, während sie routiniert mithalf den Patienten zu stabilisieren. "Dein Gott, schläft hoffentlich nicht." sagte ich etwas lauter, weil ich mich konzentrieren wollte. Das Gebet an sich hat mich nicht gestört, aber wer hat nicht Angst wenn jemand vor seinen Augen zusammensackt? Auch wenn man noch so gut ausgebildet ist, Leben retten ist Glücksache und berufliches Können und Wissen gleichzeitig. "Wer kann hat Glück!" sagte mein Ausbilder immer. Nun, so einfach ist es nicht, denn der menschliche Körper muss zu diesem Glück ebenso einen guten Teil beitragen können. Ich rede nicht vom Wollen, denn jeder der sagt "ich will nicht mehr...ich kann nicht mehr....dessen Körper hört nicht auf seine Gedanken, er kämpft mit. Und dieser Mann wollte... er wollte so viel ......so schätze ich ihn ein.

"Dein Gott ist es auch," antwortete die OP Schwester knapp. Mag schon sein, aber wehe Er flüstert mir nicht zu was ich machen muss.....dachte ich. 

Wir konnten den Patienten stabilisieren. Nirgendwo war vermerkt, dass es schon einen Herzinfarkt hatte. Er hat auch nichts in seinem Bogen erwähnt. Das EKG und die Werte zeigten uns etwas anderes. Aber manchmal bemerkt man leichte Infarkte nicht, überlistet den Körper und macht einfach weiter. Das ist der Kampf der menschlichen Natur.

Der Notarzt, ein Kardiologe und die Sanitäter nahmen den stabilen Patienten, der wieder es mit Humor versuchte uns zu beruhigen mit.

Ich zupfte den Kardiologen am Ärmel und gab im eine Visitenkarte mit.

"Und wenn es mitten in der Nacht ist, veranlasse bitte dass ich angerufen werde, damit ich weiß wie es dem Patienten geht."

Er nickte und steckte die Visitenkarte ein.

Ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren. Ich entschuldigte mich bei meiner Assistentin sie beim beten unterbrochen zu haben.

"Manchmal hilft das Beten und manchmal nicht. Aber ein Schub Hoffnung schadet uns nicht. Solltest du mal versuchen. Aber du hast ihn schnell zurückgeholt."

"Gott-sei-gedankt"  und mir fiel ein wie Maman mich daran erinnerte gut zu werden. "Sei nicht zerstreut, wenn du nicht gleich durchblickst. Du darfst nicht aufhören besser zu weden."

"Gott-sei-gedankt," wiederholte sie und bekreuzigte sich.

Ich lag schon im Bett, mit dem Kopf in Lars Armkuhle und wir sahen uns eine Serie im Streaming an.

Ich konnte mich nicht ganz auf die Episode konzentrieren.

Lars und ich gingen alles durch, sahen uns alle Notizen an, als um 23:27 mein Handy klingelte,

"Der Patient bekam noch einen leichten Infarkt hinterher, er wurde operiert, bekam eine Stent-OP und ist außer Lebensgefahr." Ich konnte mich darauf verlassen, angerufen zu werden, lernte ich. Auch so ein ungeschriebenes Gesetz: man kommuniziert miteinander. 

Lars streichelte meine Haare, küsste meine Stirn, seine Finger verhedderten sich in meinen Strubbelhaaren und es ziepte ein wenig.

Ich wurde euphorisch und hätte am liebsten die ganze Welt umarmt. Ich umarmte Lars. Er ist ein Teil meiner Welt. Die Kleinen wollte ich nicht wecken.

Ich war schläfrig, müde und euphorisch. 

"Ich verlasse mich auf keinen Hausarzt mehr, die OP Vorbereitung zu machen. Wir vergrößern unser Labor und machen sie hier."

"Hm..... und du meinst wir sollten investieren ......wenn du die Zahlen siehst......du bist aufgekratzt....wir reden Morgen in Ruhe darüber und mit dem Steuerberater, damit er uns die Abschreibung berechnet."

Nach dem Aufwachen hatte ich den selben Gedanken. Ich verlasse mich nicht auf  Hausärzte die zwischen Tür und Angel behandeln. 

Heute Morgen rief ich zurück und sein Zustand ist immer noch stabil. 

Shania Twain ist nicht gerade meine Superstimme aber mein Superfühlen Wort für Wort


Kaffeetorte und Ameisensäure.

Um zur Schule zu kommen, mussten mein Zwillingsbruder und ich eine Straße überqueren fünf Haltestellen mit dem Schulbus  fahren, noch eine Straße überqueren, durch zwei enge verwinkelte Gassen gehen.

Die ersten Tage nahm uns meine Maman uns bei der Hand, wir lernten nach links und rechts zu schauen, auf Autos, Menschen und Stufen zu achten, pünktlich zum Unterricht zu kommen, aufmerksam dem Unterricht zu folgen, gute Noten zu bekommen und auf dem selben Weg nach Hause zurückzukehren. Auf Autos, auf Menschen, auf Hunde zu achten, Hausaufgaben zu machen.

Danach mussten wir uns allein auf den weg und zurück machen. mein Bruder gingen immer Hand in Hand, damit wir uns nicht  gegenseitig verlieren und damit wir uns nicht verlaufen. Als ob man sich händchenhaltend nicht verlaufen könnte.....Allemal haben wir uns nie verirrt. 

Wir liefen durch enge Gassen. Wir kannten alle Geschäfte auswendig, oder wie man sagt, wir kannten alle Steine auswendig.

Eine Papeterie, ein Lebensmittelladen, ein Obst- und Gemüseladen, eine Bäckerei und ein Laden mit Nähmaschinen, Wolle und Handarbeitsartikel. Manchmal addierten wir unser Taschengeld zusammen und kauften uns mal ein Buch, ein Stift, oder sonstigen Kram. Oftmals duftete es so gut nach ofenfrischem Gebäck und wir kauften uns ein warmes Paté.

Ich kaufte mir immer kleine Baguette oder Bäckerhörnchen. 

"Wieso nimmst du nichts mit Füllung?" fragte die Frau vom Bäcker.

"Mag ich nicht, sonst kann ich nichts mehr zu Mittag essen," antwortete ich höflich.

Eines Tages entdeckte Fabian die Kaffeetorte.

"Ein Stück davon, bitte!" zeigte Fabian auf die wunderschön mit Schokoladengitter und echten schokolierten Kaffeebohnen garnierte milchkaffeefarbene Torte.

"Das ist nichts für Kinder," klärte uns die Bäckersfrau auf. "So viel Kaffee ist auch nicht drinnen. Nur bisschen Nesskaffee."

"Ich trinke zu Hause schon Café au lait!" sagte Fabian stolz.

Er bekam das gewünschte Stück Kaffeetorte.

"Du auch ein Stück?" fragte die Bäckerin.

Ich nickte.

Wir verließen die Bäckerei und Fabian biss sofort in die Torte.

"Sooooo gut!" sagte er mit vollem Tortenmund und verschlang stückweise davon.

Ich biss in die Torte und nach ein paar Bissen war ich satt. Mein Magen fühlte sich an als hätte ich ihn mit Kaugummi verklebt. Zugekleistert.

"Ich kann nichts mehr essen. Schmeckt viel zu süss und bitter." jammerte ich.

Fabian freute sich auf die restliche Torte wie ein Floh im Stroh.

Wir setzten uns in den Schulbus. Ganz vorne in der Nähe des Busfahrers fanden wir noch zwei Plätze. Der Bus holperte über die Straße. Jedes Bremsen jede Beschleunigung, jedes Abbiegen fühlte ich in der Magengegend. "Noch eine Haltestelle," dachte ich, "dann kann ich endlich aussteigen."  Ich brauchte frische Luft. Der Kinderlärm im Bus wurde unerträglich. Und urplötzlich landete die zerkaute Torte aus dem Magen über mein Taschentuch, meine Hände auf meine Schuluniform, auf den Boden, auf meine Schuhe, auf Fabians Schuhe.

Er hüpfte vom Stuhl.

"Hinsetzen!" rief der Fahrer streng.

Obwohl wir eh austeigen mussten, packte mich der Fahrer im Genick und setzte mich wieder ab. ich heulte und übergab mich weiter. Fabian biss den Fahrer in die Hand. Der fluchte nicht gerade kinderfreundlich.

Zu Hause angekommen, stellte mich Oma in die Badewanne, zog meine Kleidung aus, badete mich und gab mir Natron mit Mineralwasser zu trinken.

"Das schmeckt scheußlich, aber nicht so scheusslich wie Kaffee. da ist Ameisenscheiße drinnen, aber der Dreck wird gerne gefressen und gesoffen." brummelte Omi vor sich hin.

Frisch und ganz lethargisch schlüpfte ich aus dem Bad. Maman war nicht begeistert von uns. Der Busfahrer hat sich auch bei ihr entschuldigt, aber wir Kinder meideten ihn aus Angst und weil er kein guter Fahrer war.

"Es war nicht der Kaffee, es war die Buttercrème und die Sahne darin." sagte Maman. "Du verträgst keine Torten. Kaufe dir lieber Stifte und Gobelin." 

"Der mit dem Schwan ist teuer!" stellte ich fest. 

"Du bekommst ihn, aber nächsten Monat gibt es kein Taschengeld."

Ich war einverstanden. Opa bastelte mir einen Rahmen dafür.

"Kuchen und Torten backe ich für euch." ermahnte uns Oma. "Und wehe ihr stopfte euch auf dem Nachhauseweg voll mit so einem Mist."







J

Mein Lieblingsplatz

Auf den Straßen und in den Gärten blüht der Spätfrühling noch abundant und die Wärme des Frühsommers legt sich wie ein Seidenlaken über die Natur. Flieder, Quitten, Jasmin, verbreiten zur Zeit ihren Duft.

Neben dem Wohnzimmer, im ehemaligen Arbeitszimmer von Oma, habe ich mein Büro eingerichtet. Ein Raum mit einem großen Fenster und mit einer Tür zum Garten. 2,5 m bis in den Garten um die Natur um mich herum zu genießen.

Das Administrative aus der Praxis kann ich im Homeoffice erledigen. Einen Tag pro Woche muss ich mich mit Abrechnungen, Überweisungen, Bestellungen, Steuerberater herumschlagen. Nachdem die Mädels aus dem Haus waren Zoé in den Kindergarten gebracht und Nils tagfertig gemacht habe, habe ich mir die Unterlagen parat gelegt. Ich warte nur noch ein paar Daten vom Labor ab, dann werde ich arbeiten.

Wenn ich heute noch dazu komme, werde ich mich dem Schreiben widmen. Ich muss noch einmal die letzten Seiten ergänzen und korrigieren.
Ich schreibe nicht wenn ich Zeit habe, sondern wenn ich dazu innerlich bereit bin. 
Und manchmal wenn ich es hinterher noch einmal durchlese bin ich noch viel zu schreibblind um den einen oder anderen  eingeschlichenen Schreibfehler zu entdecken, den einen oder anderen Satz umzuformulieren, zu ergänzen.

Wenn ich bereit bin zu schreiben, lese ich zuvor noch den einen oder anderen Kapitel durch und entdecke hinter den Worten den einen oder anderen undefinierten Schatten, der beschrieben werden möchte. Schattenseiten gehören zum Leben dazu. Und Schatten sollten definiert werden. Diese Schatten haben ebenso Herz und dieses Herz sollte oder muss sogar mitsprechen, sollte erkundet werden. Dann ergänze ich