Zeitreise

Gestern traf ich auf eine frühere Lycéekollegin. Ich hatte sie nicht erkannt, aber sie mich. Ich erkannte sie erst als sie mir ihren Namen nannte und ein paar Details aus der gemeinsamen Zeit.

Sie war eine Anführerin und hatte eine überlaute durchdringende Stimme. Und sie wusste wie sie die Mitschüler und Lehrer miteinander auspielen kann. 

Auch gestern zeigte sie stolz was und wie viel sie mit wenig Zutun erreicht hat und das Kaff, nachdem sie  ihr Elternhaus verkauft hat, nie mehr sehen möchte. Sie ist nur zum den Verkauf abzuwickeln da.

Sie hat mich ausgelacht. mein Leben belächelt. Kein Wunder dass ich stagniere, sagte sie lachend. ich hatte ja schon immer ein Helfersyndrom.

Nach nicht einmal zehn Minuten verabschiedete ich mich ebenso unhöflich und meinte sie sollte sich mit jemand unter ihrer angeheirateten Würde unterhalten und ging.

Während ich durch die Gänge des Supermarktes spazierte um zu sehen was es Neues gibt, machten meine gedanken eine Zeitreise.

An den schmächtigen Fünftklässler, den kleinen Jungen der sie anhimmelte und den sie in den Klassenschrank mit dem Klassenmaterial sperrte. und Klassenbuch nannte. Der kleine blonde Junge den man neben mich setzte und der unter dem Schultisch gegen meine dünnen Beine getreten hatte, wenn ich gegen sie etwas sagte und ich ihm vor Schmerzen das Mathebuch auf den Kopf geschlagen hatte. Einmal, zweimal, mehrmals und Ärger bekam.

An das große Mädchen mit den langen glatten blonden Haaren und dem rötlichen Teint, das uns anderen Mädchen wie eine Giraffe überragte.

Den Fresser, der sein Pausenbrot während der ersten Stunde mampfte und während der Pause am Schulkiosk für Nachschub sorgte.

Das Mädchen das mit Maskara und Make up sein Vertiligo überdecken durfte. Der hagere Junge mit den dicken Gläsern in der übergroßen Brille.

Wir waren alle in einem sogenannten körperlichen und seelischen Entpuppungsstadium. An den strengen Schuldirektor der eine Professur hatte und in den Pausen auf den Toiletten für eine raucherfreie Zone und wenn die Wasserbomben flogen für Ordnung sorgte. 

Im Resumée war unsere Klasse etwas Besonderes. Die meisten von uns waren musikalisch, konnten tanzen, waren naturbewusst. Mit uns konnte man etwas anfangen. Und wenn es darauf ankam hielten wir zusammen. Wir waren gut. Irgendwie machten wir uns gegenseitig gut. 

Unser Klassenlehrer lebte allein und war etwas "ungepflegt", unser Religionslehrer trug auch im Sommer Cordanzug mit Leder an den Ellenbogen. Unser Mathelehrer war cholerisch. Unsere Englischlehrerin konnte Gitarre spielen und liebte Country und Folk. Die Französischlehrerin die uns akzentfreie Sprache übermittelte. Jeder Lehrer und jede Lehrerin waren auf ihre eigene besondere Art sympathisch und ein Idealbild ihrer Zunft.

Schulen sind schon bemerkenswerte Orte an denen man wachsen kann. Ich vermisse manchmal dieses Lernen, diese Zugehörigkeit zu einem besonderen Ort.

Fortbildungen online zu machen ist nicht bestrebenswert. Ich vermisse die Fortbildungsreisen. Welche Sehnsucht trage ich in mir?







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