Cycle: Briefe an die Liebe IX

Du bist urplötzlich in mein Leben getreten wie die Morgensonne nach dem Frühnebel an einem nassgrauen Novembertag.

Du nahmst meine Hand und öffnetest ein vergessenes Herzfenster nach dem anderen, damit die Farben meine Herzwände bemalen konnten. Das zarte Grün des Frühlings, das beruhigende Sommerabendgelb des Sommers, das sengende Rostrot des Herbstes und das stille Weiß der Winterabendstille.

In deinen Armen fühlte ich mich glücklich und geborgen. Ich lernte sogar die Welt mit deinen Augen zu sehen und deine Hände fühlten sich an wie schützende Flügel. Sie waren immer um mich herum. waren sie schon immer da, oder hast du sie besonders für mich aus Liebe gewoben, dachte ich, währen sich so bedingungslos glücklich darin lag. Sie waren wie ein Sicherheitsnetz zwischen mir und der Welt.

Tagtäglich lebte ich für dich und durch dich. Niemals aber ohne dich  nur für mich. 

Ob es meine Schuld, oder deine Schuld war, es ist ohne Bedeutung. Ich sammelte mich aus dem zerrissenen Flügelnetz und meine Sehnsucht galt nur mir selbst.

Nur die von dir geöffneten Herzfenster ließen noch Farben in meine Herzkammern herein. Das sengende Rot der Sehnsucht, das beruhigende Gelb der Träume, das zarte Grün der Hoffnung und ich schlüpfte hindurch und wartete auf dich. Ich hatte vergessen, dass du mit deinen Flügeln schon längst jemand anderen berührtest.

Haben wir zu viel voneinander erwartet? Wir haben Sehnsüchte und Träume und das tägliche Brot miteinander geteilt. Ich war dir nicht genug, ich war dir nicht viel von Bedeutung, ich war dir zu wenig Liebe, ich habe meine Wildheit nicht abgelegt für dich, ich habe immer noch ein Stück für mich gelebt. Dieses Stück wollte ich dir nicht auch noch geben.

Ich schloss die Herztür nach dir. Wie vergänglich Liebe doch ist, wenn Flügel nicht mehr umarmen.

Ich liebte urplötzlich Spaziergänge im Regen, um meine Tränen gegen ein paar erfrischende Regentränen einzutauschen. Ich weiß nicht ob es gut ist, oder sogar nützlich ist nur in einer Farbe zu träumen. 

Aber es tut mir gut auf jemanden zu warten, der seine Arme um mich legt in einer nie enden wollenden Umarmung. Wir sind keine Engel und ich brauche keine beschützende Flügel und keine Farben die nicht voller blauer Sehnsucht, herzfarbener Liebe und aufkeinmder Hoffnung sind. 

Du hast nie verstanden, dass die Sonne immer bei uns war, auch wenn der Regen über unsere blaue Liebe manchmal weinte. 

Irgendwann, sagte ich zu dir, dass ich eine andere Stimme vermissen werde, die mich fragen wird "was machst du gerade?" und nicht "was tust du ohne mich gerade?" Ich werde einen Gutenmorgenkuss und ein Gutenachtkuss von jemand anderen vermissen und ich werde mit jemand anderen lange Spaziergänge machen und die Stille um uns herum wird mir mehr sagen, als du in unzähligen beschützenden und abschirmenden Worten.

Da wir doch zu Ende sind, teilen wir uns den Rest noch auf. Etwas dir, etwas mir. es blieb nur noch die Stille zwischen uns und das Bettzeug das noch deinen Duft in sich trug. In einem Anfall von Großzügigkeit überlasse ich dir dein DU und nehme nur meine Stille und mein ICH mit. Denn damit haben wir uns beworfen wie Kinder die sich mit kaputtem Spielzeug bewerfen.

Wir waren nie eine Doppelsymphonie, denn mein B Moll passte nicht zu deinem Des Dur und wir waren nicht im Einklang.


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