Wie das Leben so spielt

 Maman war eine wunderbare, aber auch übervorsichtige und übervorsorgliche Mutter. Kontrollfreaks waren Maman und mein Vater. Jeder auf seine eigenartige Art. Maman sorgte sich nicht nur um das äußerliche Erscheinungsbild wie saubere und adrette Kleidung und für sauberen Haushalt wie mein Vater. Sie sorgte sich für jeden einzelnen Furz der uns Kindern quer saß.

Wir Kinder waren immer herausgeputzt wenn wir ausgingen. Unsere Schuluniform sah immer wie neu gekauft aus. Die Waschmaschine lief immer. So viel Dreck produzierten wir gar nicht. 

Maman beachtete die Männer gar nicht, wenn sie sich nach ihr umdrehten. Sie hatte Papá und war glücklich. Den einzigen Streit den Pá und sie führten war, weil Maman darauf achtete, dass sein Hemd immer in der Waschmaschine verschwand bevor er es noch einmal anziehen konnte.

Ich nahm diese Gewohnheit an und machte meine Parter damit wahnsinnig. 

Vor Mamans Ordung habe ich bis heute großen Respekt, aber als Kind wollte ich manchmal auch dreckig sein, mal ungekämmt, mal wild.

Ich war lange Kind. Und als ich 16 Jahre alt war schleppte mich Maman zum Arzt, da ich immer noch nicht meine Periode hatte. Erst als ihr drei Kollegen versicherten, dass alle Werte optimal wären, war sie etwas beruhigt.

Eines Abends hatte ich heftige krampfartige Bauchschmerzen und ich konnte nicht einschlafen. Maman tastete mich ab und meinte der Blinddarm wäre es nicht. Die Schmerzen ließen nach und ich schlief ein. Als ich aufwachte um zur Schule zu gehen, klebte meine Pyjama an meinem Hintern. Ich dachte ich hätte ind Bett gekackt und dann sah ich das Ausmaß und ich fühlte mich hundeelend. Ich zog die Betwäsche ab, und stopfte sogar die Decke in die Waschmaschine. Ich überdosierte das Waschpulver und Pá kam dazu. Ihm war es sofort peinlich, entschuldigte sich ein pardon murmelnd und rannte hoch und rief nach Maman.

Wir setzten und auf den Boden im Waschkeller und Maman weinte und weinte so herzzereißend und ich weinte mit ihr und wusste nicht ob ich vor Bauschmerzen weinte oder vor Scham. Mit Salz bekam sie die Matratze sauber und ich konnte ein paar Tage niemanden ansehen. Es war mir peinlich, weil die Familie wusste was los war. 

Meine Brüder fragten was ich hätte, da ich zu Hause bleiben durfte. "Mädchensache! dafür darf sie faulenzen? Unfair!" rief Fabian und war sauer weil er nicht daheim bleiben durfte. Und er tratschte es sogar dem Klassenlehrer. Ich prügelte auf ihn ein bis Pá uns trennte.

Ein Mann zu Mann Gespräch und Fabian murmelte ein Pardon und verschwand in seinem Zimmer. René war vernüntig und mischte sich gar nicht ein. Fabián und er verstanden sich nie, René ging ihm immer aus dem Weg, damit er keinen Ärger mit Maman bekam, wenn er sich mit Fabian stritt. René hat sich aus der Familie immer etwas rausgehalten. Er verstand sich nur mit Pá gut.

Für Maman war ich das Kontrollobjekt. 

"Wer war der Junge? Mit wem triffst du dich? Der ist drei Jahre älter als du, ich will dass du dich von ihm fern hältst. Lass den sein, sein Vater säuft. Wer war das eben? Der ist nicht auf deiner Schule. Wieso hat der nur mit dir getanzt?" So ging es tagtäglich bis ich 18 wurde.

"Ich habe immer noch das sagen auch wenn du 18 bist. Wollte es nur gesagt haben."

Maman hatte immer eine Art Angst um mich. Sie hatte um meine Brüder auch bisschen Angst. Auf Fabian war sie wütend, aber als seine erste Tochter geboren wurde, war sie ganz vernarrt in sie. Als die zweite Tochter geboren wurde, ging seine Ehe in die Brüche. Maman nahm das Baby zu sich. Erst als sie körperlich immer schwächer und müder wurde, gab sie es wieder Fabian zurück. "Pass gut auf Noelle auf!" sagte sie mit flehendem Blick. 

Ich weiß nicht ob es das unbewusste Bewusste gibt, Psychologie ist eine harte Nuss für mich. Jeder Psychologe würde mich zum Teufel jagen, wegen meinen Ansichten. Ich bleibe bei meiner Meinung, dass animalische Instinktive nicht gezähmt werden kann. Die wilde Natur des Menschen ist unzähmbar trotz Moral oder Knigge oder was auch immer.

Zumindest stand ich lange, sehr lange unter Schock als Maman ging. Ich war noch viel zu viel Kind im Herzen, auch wenn ich äußerlich erwachsen war  und gesetzlich als Erwachsene galt. Ich war äußerlich super konzentriert, ich war wachsam. Ich konnte im Lehrbuch sogar sie Seite sagen und Zeile wo ich was gelesen habe. Aber zu Hause, allein innnerhalb der vier Wänden, wo mir niemand zusah, war ich ein Kind. Ich ahnte dass Maman sich unbewusst verabschiedete. Ich fühlte es. Ich konnte diesem Gefühl keinen Namen geben, es nicht zuordnen.

Und danach rebellierte ich innerlich. Was ich aus ihrer Sicht nicht durfte tat ich. Ich hatte keine Erfahrung mit Männern und ich verliebte mich anfangs viel zu schnell in den einen oder anderen. Ich glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Augenblick, aber ich tat so als wäre sie die tiefste und innigste und unendlichste Liebe für mich. Der Augenblick ist endlich und mit ihm auch die Liebe. 

Aber so schnell ich mich verliebte, entliebte ich mich auch. Ich hegte keine tiefen Gefühle. Für mich war Liebe wie eine Grippe. Drei Tage kommt sie, drei Tage bleibt sie und drei Tage geht sie. dann war ich wieder liebelos nicht lieblos. Von einigen Männern wurde ich geliebt. Ob von ersten Augenblick an oder etwas später, weiß ich nicht. Als ich ging ließ ich meinen und ihren Schmerz zurück.

Ich war wie ein wildes Tier das verletzte und verletzt wurde. Das abwechselnd. Ich fühlte mich nicht geliebt sondern kontrolliert. Ich kontrollierte zurück.

Damals wusste ich nicht das Liebe eine andere Kraft ist als Dominanz. 

Wenn ich mich bildlich im Meer vorstelle, sehe ich nicht einen schwimmenden, sondern einen an der Oberfläche zappelnden Menschen. Und dieser Mensch war ich.

Und als die Trauer sich legte, der Nebel verschwand saß ich da und wusste, dass ich schwimmen und sogar tauchen muss, um wieder Leben zu gewinnen, um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.









0 commentaires:

Enregistrer un commentaire