Zwischen den Büchern - über Weiblichkeit und Männer

Tante bekam gestern ihre zweite Covid19 Impfung von BioNTech verabreicht. Die erste Impfung hat sie gut vertragen und außer Schmerzen um den Einstich hatte sie keine Beschwerden. Auch die zweite Impfung scheint sie ohne Nebenwirkungen zu vertragen. 

Die einzige Sorge - "mein Salon ist staubig - meine Bücher....Kind meine Bücher sind staubig!" 

Tante hat auch eine riesige Bibliothek die fast bis an die Decke reicht und sich um drei Wände ausdehnt. Ich wollte einen Tag meines Urlaubs ab 10 Mai opfern um ihre Bücher vom Staub zu befreien, denn kein einziges wird in der Makulatur landen. So lange sie lebt nicht. Alles ist alphabetisch und nach Genre sortiert. 

"Im Schlafzimmer habe ich auch noch welche," sagte Tante voller Stolz in der Stimme.

Sogar über dem Bett hat sie ein Bücherregal. 

"Die hast du alle gelesen?" fragte ich erstaunt.

"Aber ja. meinst du ich schaue sie nur an? konterte sie etwas verärgert, da ich ihr das Endloslesen nicht zugetraut hatte, da sie gerne draußen in der Natur ist und sehr viel arbeitet. Tante hat vor ihrer Trennung von ihrem langjährigen Partner in der Stadt gewohnt und hatte nur eine kleine Terasse und einen winzigen Vorgarten zu bepflanzen. Sie hatte sehr viel Zeit zum Dauerlesen.

Erst als sie bei René ins Erdgeschoss zusammen mit meiner großen Nichte eingezogen ist, ist sie bei Wind und Wetter draußen in der Natur. 

Als ich sie zusammen mit René heute Morgen besuchte um nach ihrem Zustand zu sehen, fanden Tante auf der Holzleiter mit dem Staubwedel in der Hand. 

"Ich bin zwar schon alt, aber schaut mir nicht unter den Rock" scherzte sie

"Du hast eine Leggins an Tante," lachte ich. René hatte sie höflich überhört.

"Ich konnte nicht herumsitzen und der Staub wächst mir über den Kopf."

Von wegen Staub. Tante ist  akribisch ordentlich und alles ist staubfrei. Sie musste nur herumwuseln. Wenn es regnet und sie draußen nichts tun kann, stellt sie drinnen alles auf den Kopf.

"Wenn ihr mich jetzt kontrollieren wollt, ob meine Nuss unter der Schädeldecke funktioniert, dann könnt ihr Kaffee zubereiten. Rahmküchle habe ich neben dem Brotkasten in einem Teller zugedeckt. Deckt den Küchentisch, brauche hier keinen Dreck."

René kann dieser Perfektionismus nicht ausstehen. Er ist ein Handwerker und eher praktisch.

"Habt ihr euch die Hände gewaschen? Geht euch die Hände waschen!"

Ich schmunzele und renne ins Bad.

"Ich muss euch was erzählen, wenn ihr schon da seid." sagte Tante und ließ uns aufhorchen.

Ich sehe auf die Uhr, da ich zum Mittagdienst musste.

"Dauert nicht lange, " sagte Tante als sich mich auf die Uhr sehen sah.

"Ich habe einen Freund. Bevor ihr auspricht was ihr denkt, ich sei zu alt dafür, es ist ernst mit uns. Wir werden aber nicht zusammenziehen. Ich brauche keinen Mann der Dreck ins Haus bringt, das macht der da" - sie zeigte auf René - schon genug, wenn mit den Arbeitsschuhen über den Treppenteppich rennt und nie den Teppich absaugt. Wir treffen uns ab und zu bei ihm.....ihr wisst schon.....Für euch ändert sich nichts."

"Tante du weißt wie dich die Trennung von Onkel mitgenommen hat." sagte ich vorsichtig.

"Den habe ich geliebt, mit dem hier gehe ich nur ins Bett....oder auf den Tisch."

Tante hatte schon immer ein riesengroßes Mundwerk. 

"Und seit wann hast du den Freund?" fragte René

"Seit fast einen halben Jahr." 

Uuuups! und wir haben nichts gemerkt.

"Na, ich wollte sicher gehen...ihr wisst schon....Euer Onkel hat mir immer vorgeworfen ich wäre nicht elegant genug. Ich wäre nicht geschminkt, nicht weiblich genug. Ich wollte wissen ob der mich mit Jeans und Pulli nimmt."

Als ich mich von Tante verabschiedete, rannte ich schnell nach Hause. Lars hat Elternfreizeit und springt nur ein wenn ich Termine habe.

"Bin ich elegant genug für dich? fragte ich wie aus der Pistole geschossen.

"Bitte was?" fragte er erstaunt.

"Stören dich Jeans und Pulli? Tante hat mir erzählt, das es meinen Onkel gestört hätte."

"Und was soll mich an deinen Jeans stören?" 

"Ach nichts!"

"Du bist eh ein Wirbelwind. In diesen Wirbelwind habe ich nicht verliebt. Auch Latzhosen würden dich kleiden.

Weiblichkeit. Wir sind kleine, schlanke Frauen. "Schneewittchen ohne Po und kleine Tittchen." Damit verletzte mein Vater meine Mutter immer. Auch die Männer in unserer Familie sind und waren schlank und und keiner erreichte 180cm Körpergröße.

Weiblichkeit - ich ziehe auch mal gerne ein Kleidchen an. Praktischer ist er aber in Hosen. Und da ich eher ein praktischer Mensch bin, kleide ich mich von Jeans bis Chino, Cord und Bundfaltenhosen. ich mag keine Skinny-jeans oder Leggins. Ich liebe Hemdblusen und enge Pulli.ich schminke mich nicht, aber ich pflege meine Haut und meine langen Haare. Trotzdem fühle ich mich nicht weiblich genug. Diese weiblichen üppigen Rundungen habe ich nicht. 

Ich weiß nicht was Männer mit Weiblichkeit meinen.....wenn sie dieses Gezicke oder diese langen Plastikkrallen meinen oder einen dicken Po......

Was fasziniert mich bei den Männern? Humor, Natürlichkeit, Naturverbundenheit und er muss eine gepflegte Haut und gepflegte Zähne haben. Empfindlichkeit bei Männern......die können zurück zu ihrer Mama an den Rockzipfel. Ich muss mit dem balgen können, in Pfützen springen können, ohne dass es ihn stört, wenn ich vom Feld komme und das ganze Feld auf der Kleidung heimtrage und Lars mich trotzdem umarmt und küsst.


Ein großes Zimmer mit großen Fenstern,

Holzregale mit Büchern und Porzellanfiguren,

und dazwischen Bilder und Gemälden an den Wänden.

Und in der Mitte des Zimmers,

eine immer noch schönem einsame Frau.

Sie scheint etwas zu lesen.

Keine Unordnung für die man sich entschuldigen sollte,

und keine Kleidung für die man sich schämen sollte.

Auch nicht für das chaotische Herz sollte man sich schämen.

Für das Lächeln, für die melancholischen Augen, 

für die leere Teetasse vom Vorabend.

Nur die muntere Sonne

nach dem Nachtregen

zeigt ein paar Staubkörner tanzend.

Der Fliederbaum blüht mauve

und duftet nach Mai.

Die Frau mitten im Zimmer 

lächelt immer noch frühlingshaft

Um sie herum vo viel Leben 

und so viele Fingerspuren zwischen den Seiten

in den Büchern im Regal.

Eine Porzellanpuppe in einem Barockkleid lächelt leblos vor sich hin.



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