Kochkunst

 Alles was im Garten wächst wird gegessen. Man muss es nur wissen zuzubereiten. Meine Mutter verbrachte den ganzen Tag in der Praxis, also wurden wir Kinder den Großeltern und Papá überlassen. Papá hatte neben dem Lehramt wo er an einer Sekundär II Schule unterrichtete noch einen Nebenerwerbgewerbeschein und züchtete Geflügel aller Art, verkaufte Kücken, Eier, kleine Enten, Gäne, Truthähne, Puten und somit waren wir Kinder voll in alles miteinbezogen.

Opa schreinerte und Oma hatte den Garten, den Haushalt und uns fest im Griff.

Und jeder konnte oder lernte kochen. Nicht die ganz hohe Kochkunst, sondern aus dem Garten, aus dem Stall, einfach und lecker.

Und wie Kinder schon sind, zumindest die Wenigesser unter ihnen, aßen wir nicht alles.

Löwenzahn, der blüht zur Zeit wie kleine gelbe Sonnen.

Aber die Blätter - Oma nannte sie Butterblätter - daraus machte sie Spinat.

Ich war schon sauer, wenn sie nur in die Nähe meiner gelben Sonnen kam. Ich liebte Löwenzahn damals schon abgöttisch. Und seine Blätter abzurupfen war ein Verbrechen und ich stellte mich stumm. 

Wir saßen Abends alle zusammen am Tisch und Oma und tatsächlich schaufelten wir den grünen Löwenzahnspinat mit Spiegeleiern und in feinen Scheiben gebratenem Speck (Kinnbäckle) von den Tellern.

"Schmeckt der Spinat so gut?" fragte Oma erstaunt und erfreut über unser Schaufeln.

Ich nickte, da man mit vollem Mund nicht sprechen sollte.

"Der Spinat ist süss!" rief ich nachdem ich leergegessen hatte.

"Ja, Opa hat Zucker rein," klärte mich mein Bruder auf.

Opa machte eine Prise Zucker in den Spinat. Das mit den Butterblättern, sah ich halt nicht so gut, aber Löwenzahnspinat ist so lecker.

Tomaten- ich vertrage sie bis heute schlecht. Aber ich esse Tomatensauce wie sie Opa zauberte und habe davon kein Sodbrennen. Da wir eh den Tomatenmark selbst einkochten war er eh ohne Konservierungsmittel und ohne irgendwelche Salze.

Er schwitzte einfach Mehl mit Butter an, fügte das Tomatenmark, Salz und was sonst wenn nicht Zucker und fertig war die rote Zauberspeise. Ohne Kräuter, ohne Furzzwiebeln. Und die Krönung war der Vanillezucker. Man kann es sich dieses außergewöhnliches Amalgam aus Tomate und Vanille nicht vorstellen, wie ich mir nichts mit stinkendem Bärlauch nicht vorstellen kann. 

Zitronenpfeffer machte Opa selbst. 

Oma kandierte Veilchen und Kornblumen, Rosenblätter und wenn Oma Kräuter und Knoblauch hackte, sah es so aus als hätte sie einen Motor in den Händen eingebaut. Unser alltägliches Essen wäre für Feinschmecker nicht einmal etwas Besonderes, aber allein beim Zusehen, wurde man zum Mitkochen beflügelt. Oma und Maman legten so viel Liebe mit in den Kochtopf und auch als Wenigesser aß man mit Appetit. Auch ich koche schnell und gut und jeder Handgriff sitzt beim Kochen. Ich brauche auch keine Uhr am Backofen zu stellen, ich habe es im Gefühl, wann etwas gar ist. Aber ob man diese Liebe ansieht oder fühlt, weiß ich nicht. Lars ist eh alles was auf den Tisch kommt. Und die Mädels ebenso, außer Zoé ißt keine Ananas. Hawaiitoast habe ich auch noch nie gegessen. Er war als ich Kind war sehr beliebt, aber weder Oma noch Maman hat ihn zubereitet. 

Lars hat ihn für die Mädels zubereitet.

Er aß den als Kind oft. Er und sein Bruder waren Schlüsselkinder in der Großstadt. Seine Mama arbeitete Vollzeit und hatte sogar einen Nebenjob und als sich seine Eltern trennten und sein Vater zurück nach Irland zog, waren die Jungs Selbstverpfleger. Dann gab es oft Tiefkühl-Pizza, Toast, oder was halt für 7- und 10jähjrige Jungs schnell und leicht zuzubereiten ging. Daher auch die innige Bindung zwischen den Brüdern die auch jetzt noch anhält.

Pizza - Lars wollte die Mädels und mich mit Pizza überraschen, aber er konnte bis anhin keinen Teig kneten. Er bat mich abends für den nächsten Tag Pizzateig zu machen. Ich hatte keinen Gramm Hefe und wollte nicht zu Tante rennen. Ich machte den Pizzaboden aus Ziehteig, aus Strudelteig und der war so blättrig und so krokant, dass die Mädels Pizza nur noch mit diesem Teig mögen.


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