Die andere Freundschaft


Ich war nicht in ihn verliebt. Wir arbeiteten zusammen. Man kam auf die Idee mich in sein Team zu stecken. Ich war die Neue. 
Er stellte mich dem Team vor. Alle musterten mich von oben bis unten. Nach ein paar Hürden, habe ich mich eingelebt.
Er und ich  konnten sehr gut zusammenarbeiten.
Wir freundeten uns an, verbrachten fast  unsere ganze Freizeit zusammen. Er half mir durch die letzten Hürden, durch die Dissertation und auch privat stand er mir zur Seite.
Er half mir einen Käufer für das Haus zu finden. Es mussten noch ein paar Bauschäden korrigiert werden. Obwohl er davon wenig Ahnung hatte, ging er meinem großen Bruder zur Hand und legte sich richtig ins Zeug, damit ich die Termine einhalten kann.
Als meine Albträume stärker wurden, erzählte ich ihm davon. Wir begleiteten uns durch die Trauer.

Als der Verkaufstermin feststand,  suchte ich mir mit den Mädels eine gemeinsame Wohnung. Er half mir beim Suchen, beim Umzug und bei allen anstehenden Formalitäten. Als die Scheidung endlich rechtskräftig wurde, war ich erleichtert.
Mein Ex versuchte noch etwas Geld einzuklagen, da wir keinen Gütertrennungsvertrag hatten. Lars verhandelte mit ihm und einem befreundeten Anwalt und es kostete mich 5000,-€ für 7 Monate Ehe.

Meine große Nichte, verarbeitete die Trauerphase auf ihre Art. Sie schwänzte die Schule, zog zu ihrer Mutter, stritt sich mit deren Partner, wollte mich ncht sehen.
Die Kleine klammerte sich an mich und hatte immer Angst ich würde nach dem Dienst nicht mehr nach Hause kommen.

Auch in dieser Phase war Lars bei mir. 

Als mein großer Bruder fragte "Was seid ihr? Ist er dein Neuer?"
Ich habe mir diese Frage nie gestellt. Ich konnte sie nicht beantworten.

Das freie Wochenende nahte und als er mich zu einer Wanderung einlud, nahm ich die Einladung an. Ich wollte diesen wunderschönen Ausflug nicht mit irgendwelchen Fragen verderben. Also schwieg ich.
Wir machten ein Picknick und anschließend lagen wir nebeneinander im Gras.
" Wie geht es mit uns weiter?" fragte er in die Stille.
Auch wenn es eine zu erwartende Frage war, erschrak ich. Ich setze mich auf und sah ihn an. "Sag du es mir!" antwortete ich, aber meine Gedanken rasten durch meinen Kopf, mein Herz raste, so dass ich meinen Herzschlag sogar in den Stimmbändern fühlen konnte. "Was wenn er beenden wollte? Was wenn er mich zwar als Freundin mag, aber mich als Frau nicht sah? Würde er mich begehren, hätte er mich anders geküsst, als nur freundschaftlich." rannten meine Gedanken.
Er sah mich an. Dann näherte er sich mir und küsste mich sehr sanft, fast hauchzart. Er sah mich an. Er schloss  die Augen nicht während des Kusses. Er ließ mich nicht allein mit dem Kuss und er ließ mich nicht allein nach dem Kuss. Er sah mich an. Er sah mir in die Augen.
"Du hast goldfarbene Pünktchen in den Augen." stellte er fest und wir küssten uns immer wieder.
"Ich schlage vor...." seine Stimme klang rau. "...wir machen so weiter.....ich meine .....wir hatten lange Zeit uns kennenzulernen.....ich weiß nicht du...aber ich liebe dich."
Ich liebte ihn. Ich fühlte es.Es zeigte sich oft im Vermissen, ich fühlte mich geborgen wenn er da war.
"Du weißt was du dir hier aufhalst. Ich bin geschieden. Und dein Gott den du im Morgen-und Abendgebet fröhnst duldet keine Scheidung. Ich weiß gar nicht ob ich überhaupt beziehungstauglich bin. Wir sind grundverschieden. Es sind alles Dinge die zum Streitpunkt werden könnten."
"Ja bestimmt......!" lachte er.
Wir küssten uns immer wieder und jeder Kuss war besonders und anders liebevoll.
Wir fuhren nach Hause. "Tee oder Kaffee?" fragte ich.
Und er lachte los.
"Was?" fragte ich.
Er lachte weiter. "Nichts!"
"Danke fürs Heimbringen. Tschüss! Sagt man das hier so?" ich wat total verunsichert. "Was denkt jetzt er über mich? "
"Aber ja, ich meinte natürlich Kaffee oder Tee," rechtfertigte ich mich.
"Aber ja." er lächelte.
Das Eigentliche.... ich habe es gefunden.....eine unbeschreibliche Innigkeit, ein inneres Kennen, ein Herzkennen, ein gegenseitiges Fallenlassen können...wir waren nicht nur Körper, wir waren Seele, obwohl unsere Körper sich gar nicht kannten, harmonierten sie. Wir waren mehr als was wir sein wollten. 
Für einen Moment fühlte ich mich unwohl, beschämt. Meine Haut brannte. Ich schloss für einen Moment die Augen.
"Ich eine firsch geschiedene Frau, er immer noch mein Vorgesetzter. Was ist wenn er, nachdem er erreicht hatte was er wollte, nichts mehr mit mir zu tun haben möchte." dachte ich. 
Als ich gerade in die Umrandungen meines Alltags zurückkehren wollte, zog  er mich fest an sich. Ich versteckte mein Gesicht in seine Armkuhle. Seine Berührungen waren zärtlich, verständig und kühlten meine Haut. Er schmeckte nach Milchkaffee und Lust und nach Duschgel mit Zitrone oder Limone.

"Ich bleibe hier bei dir!" stellte er fest. "Es fühlt sich hier an wie ein Nest." 

Ich befreite meinen Strubbelkopf  aus dem Achselnest und hätte ihn am liebsten weggeküsst. Wenn ich mich irgendwo wohl fühle bin ich witzig, euphorisch, unkontrolliert. Das war für ihn nichts Neues. 
"Aber ja, kein Schnarchen, kein Furzen und kein Schmatzen. Und kein nasses Handtuch egal wo!" 
Er lachte schallend auf, wie ich immer lachte, wenn jemand im OP laut furzte. 
Ich erzählte ihm wie ich im OP einen Lachanfall hatte, weil ein Kollege so richtig laut geknallt hatte und der OP-Leiter mich aus dem OP geschmissen hatte, weil ich mich kaum sammeln konnte vor Lachen.
Wir lachten und drückten einander. Seine Arme waren die Verkörperung von Geborgenheit.
Wir waren urplötzlich Liebende.
Weil er sich bei mir wohl fühlte, war er mehr bei mir als bei sich zu Hause. nach drei Monaten kündigte er seine Wohnung und zog bei mir ein.
Nachdem er seine Post und seine Gehaltsabrechnung auf c/o bekam, meinte er wir könnte da was ändern.
"Nach drei Monaten?" fragte ich. "Was wenn wir feststellen, dass wir uns nicht verstehen?" 
Ich bekam Panik
"Wir verstehen uns aber. Sieh mal, wir verstanden uns vom ersten Tag an im OP, wir verbrachten so viel Zeit miteinander, deine Nichten mögen mich, dein Teufelchen mag mich, dein Kater Maurice schläft bei mir und du magst mich. Und ich bin gut erzogen und bin reinlich. Alle Voraussetzungen sind vorhanden."
Er kramte in seiner Schublade und fand einen Schnürsenkel und legte ihn um unsere Handgelenke.







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