Der Schlaf


Schlaf ist eine Kunst der Götter und ich beherrsche sie nicht.

Es ist still um mich herum. Nur das leise regelmäßige Atmen unterstreicht diese Stille wie ein leises Flüstern.

Ich höre das Vergehen der Sekunden, das Vergehen der Zeit, das leise Ticken der Zeiger auf dem Ziffernblatt der Uhr. Ich fühle meinen Herzschlag. Er ist immer laut und viel zu schnell. Mein Herz rennt und ich bleibe meilenweit zurück.

"Schlag nicht so schnell und nicht so laut, blödes Teil!" ermahne ich mein Herz. 

"Soll ich eine Pause machen?"

"Neiiiiin!" schreie ich lautlos.

Es ist doch alles in Ordnung. Alle schlafen, allen geht es gut. 

Ich fühle, wie mein Kopf der auf dem Kissen ruht ein kleines Tal in das Kissen gräbt. Die Haut des Kissenbezugs berührt meine Haut im Dunkeln.  Meine Augenlider flattern vor Müdigkeit und meine Wimpern erzeugen ein extrem schwaches, unhörbares Geräusch gegen das unempfindliche Weiß des erhabenen Kissens. Ich atme, während ich seufze, und meine Atmung ist vom Herzrasen müde. 

Die Hausuhr, ein fester Ort im Herzen der Unendlichkeit, schlägt  nach und nach die Stunden. Alle und alles sind im Tiefschlaf, alles ist so dunkel und so kalt! Ich gehe an der Zeit vorbei, ich gehe an der Stille vorbei, formlose Welten ziehen in meiner Nähe vorbei. Plötzlich kräht ein Hahn wie ein Kind des Mysteriums und ignoriert die Nacht. Ich könnte endlich schlafen, weil es Nacht und nicht Morgen tief in mir ist.


Und ich fühle, wie mein Mund lächelt und sanft die Lichtfalten des Kissenbezugs bewegt, der mein Gesicht umrahmt. Ich muss mich dem Leben ergeben, ich kann nicht mehr schlafen, ich muss aufstehen... Gegen den brandneuen Schlaf, der mich noch etwas festhält und mich zurück ins Laken drückt, kämpfe ich noch etwas an, während der Hahn, erneut kräht.

Alle um mich herum sind auch wach.



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