Wenn die Schwalben tiefer fliegen wird es gleich regnen.....



Gestern am späten frühspäten Abend, während ich dem Lied des Regens lauschte, das leise wie eine leise Klavieretuede, jenseits der Fensterscheiben mich durch den Abend begleitete wie eine Hintergrundmelodie, haben meine Gedanken, die letzten Tage und längst vergessene Zeiten aufgerufen.

Der kupferfarbene Teekessel, noch aus Oma's Küchenarchiv, durchbrach die Stille, unterbrach die Gedanken, unterbrach das Regenlied für kurze Zeit mit seinem immer schriller werdendem Pfeifen. Ich goss das noch kochende Wasser in das Teesieb über die getrockneten Lindenblüten(aus dem Vorjahr) und atmete den blumigen Blütenduft ein. Ich holte das Honigglas mit Akazienhonig, den ich günstig beim Imker auf dem Wochenmarkt gekauft habe, aus dem Küchenschrank und tauchte die Honigspirale in den sonnengoldfarbenen Honig. Verspielt ließ ich das duftenende Akaziengold tropfenweise sich mit dem Duft des Lindenblütentees vermischen.
Graue Wolken wie riesengroße Tränen zeichneten sich am Himmel ab.
Es duftete nach Regen und Erde. Nach aufgewühlter Erde. Und während ich über Erwartungen und Verpflichtungen nachdenke, fliegen die Schwalben hin und her und bauen und reparieren fleißig an ihrem Nest.
Sie machen es winterfest, bevor sie sich in ihr Winterquartier zurückziehen. Ich könnte stundenlang da sitzen und zusehen. Ob sie auch Erwartungen an ihren Nachwuchs haben? Eigentlich nicht. Der wird flügge und ist für immer weg von seinen Eltern. Wenn das Herz mit den Flügeln schlägt, wie die Schwalben kurz vor dem Regen.......

"Wenn die Schwalben tiefer fliegen wird es gleich regnen....." hat Oma immer wieder gesagt.
Ich wunderte mich immer woher Oma das wusste und wie Schwalben den Regen ahnen können.

Irgendeinem Instinkt müssen sie ja folgen....

Und irgendwann wird ihr Nest für eine ganze halbe Zeit, für ganze zwei Jahreszeiten verlassen bleiben,.

Es stimmt mich etwas melancholisch ....denn die Frage ob sie wieder zurückkommen werden bleibt jedes mal offen.
Wie sie im Traubenlaub sitzen und um die Wette zwitschern.....ob jede einzelne zu "Wort" kommt?
Und der Nachwuchs? Wohin zieht es ihn?

Wieso hat es mich zurückgezogen? Wieso habe ich die Verantwortung auf mich genommen zu bauen, zu kleben, zu reparieren, wenn ich alles hätte verkaufen können?

Ich habe die Antwort: ich habe hier keine kalten Füße mehr. Lieber Brot und Trauben, als den großen Stress des modernen Alltags.

Ich muss gerade an ein Gespräch mit einer guten Freundin denken. Sie sagte sinngemäß, dass sie nichts vom Leben hat, außer aufstehen, sich schön zurecht machen, arbeiten, mit Kollegen blödeln, die Mittagspause mit öberflächlichen Fastfoodverschlinger verbringen, nach Hause kommen, über den Stress nachdenken und schlafen. Sie könne sich meinen Stress mit Selbstständigkeit, Haushalt und Kinder und Partner gar nicht vorstellen. Und ich dachte noch, ich könnte ihr alles sagen, wie Freunde sich alles sagen können und sagte: "das ist eine Art Depression, wenn man sich nur im Kreis dreht, wenn man nur noch Angst um Job und Alltag hat. Auf Dauer würde mich das innerlich auffressen das Spiel Wolf jagt Lamm, in dem mir die Rolle als Lamm zugeteilt wird, mitzuspielen." Danach haben wir uns noch herzlich verabschiedet und seitdem bin ich für sie Nichts. Ich war zu persönlich, nicht weil ich sie verletzen wollte, sondern weil für mich sie als Mensch eine Bedeutung hat. Depression ist immer noch ein Tabuthema in der heutigen Stressgesellschaft.
Ich erinnere mich noch sehr stark an mein Studium. Die Elitestudenten schauten auf mich herab, als hätte ich Läuse. In deren Augen war ich ein freches, unkontrolliertes und unerzogenes Kind. Der Unterschied war, sie wurden für ihr emotionskontroliertes Benehmen Kohle von den Eltern als Bestechungsgeschenk. Also mussten sie sich artig zeigen. Aber wehe das Rampenlicht war aus und es war dunkel um sie herum, hatten sie Panik, die sie im Licht die ganze Zeit unterdrückt haben.

Ich musste mich beweisen. Ich musste aufzeigen was ich kann und steckte immer wieder Arschkarten ein, anstatt Asse.
Ich kenne die Angst um den Job, die Vorsicht mit der ich arbeitete um keine Fehler zu machen, die mir das Genick brechen konnten.
Und ja, ich hatte diese Depression die mich unfähig machte zu denken und zu fühlen.
Und der große Stein fiel mit vom Herzen, als ich zur Leitung ging und sagte:
"Ich habe lange darüber nachgedacht, ich ziehe um. Ich übernehme eine Praxis in einer Poliklinik. Ich brauche trotzdem eine Beurteilung."
Ich hätte nicht gedacht, dass ich geschätzt wurde. Ich habe nichts davon. Ich hätte davon etwas gehabt, wenn man mich gefördert hätte alles zu geben. Ich hatte damals viel zu geben.

Das ist es: die Elite bekommt künstliche Flügel, dem Fußvolk werden die Flugfedern gestutzt, damit sie gehorchsam bleiben und nicht über den Zaun springen können.

Aber man darf niemanden sagen:"pass auf dich auf, dass du nicht aufgefressen wirst. Fürsorge wird missverstanden.


Diese innere Unruhe vor dem Regen......den Instinkten und dem Herzen zu folgen,,,,,,,ist irgendwie naturgewollt.

Es sind die warmen Füße.....die sich hier zu Hause fühlen und mein Herz.

Ich habe kein gemachtes Nest, ich muss es immer wieder kleben und umbauen und winterfest machen. Es kostet Geld, Geduld, Zeit, viel Herzblut und mich mit Haut und Haar.

Das Flügelschlagen ist mein Überleben.
Das Flügelschlagen der Schwalben, im übertragenen Sinne, ist auch eine Art zum Überleben.
Bevor es regnet, steigt die Luftfeuchtigkeit an und die Insekten begeben sich nach unten. Also fliegen die Schwalben tiefer, damit sie Nahrung finden. 

Auch ich muss oft den regen ahnen, muss mich jetzt oft klein machen, mich anstrengen, um zu überleben.







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